16 Januar 2018

Stolz und Heimat

Gehe oder fahre ich durch Karlsruhe, fühle ich mich in dieser Stadt daheim. Zwar wohne ich erst seit 1994 hier, aber ich empfinde die Fächerstadt als meine Heimat. Stolz auf Karlsruhe bin ich nicht – ich wüsste nicht, woher dieses Gefühl kommen sollte.

Stolz war ich, als ich im Oktober 2017 auf der Frankfurter Buchmesse meinen Roman am Messestand von Droemer-Knaur sah. Da glaubte ich es selbst, dass es »Das blutende Land« gab. Ich war so stolz, dass ich fast geplatzt wäre.

Fahre ich eines der Schwarzwaldtäler hoch, fühle ich mich dort immer noch heimelig. Ich sehe die Berge, den dunklen Wald, die schmalen Wege, und ich atme anders. Irgendwie ist der Schwarzwald immer noch meine Heimat – neben Karlsruhe –, obwoh ich vor einem Vierteljahrhundert dort weggezogen bin. Aber stolz auf den Schwarzwald bin ich nicht; ich wüsste nicht, warum ich auf eine Ansammlung von Wald und Berg stolz sein könnte.

Würde ich dieses Jahr in einem Anfall von Wahn beschließen, einen Marathon zu laufen, würde ich fleißig trainieren und es am Ende dann schaffen – dann hätte ich allen Grund, auf diese Leistung stolz zu sein. Ähnliches gilt für andere Leistungen, die man durch Training erreichen kann ...

Aber stolz darauf zu sein, dass man aus einer bestimmten Straße, einem bestimmten Dorf, einem Viertel, einer Stadt, einer Region oder einem Land kommt? Das verstehe ich tatsächlich gar nicht. Ich bin sehr froh darüber, dass ich in einer historisch einmaligen Situation (lange Friedensperiode, wirtschaftlicher Aufschwung und so) aufgewachsen bin und lebe, und ich bin sehr froh darum, dass ich in einer Region lebe, die wirtschaftlich stabil, kulturell reichhaltig (ich gehe in der gleichen Stadt auf Punk-Konzerte, in der ich mich in die Oper schleppen lasse) und landschaftlich schön gelegen ist, zwischen Kraichgau und Pfalz, zwischen Elsass und Rebland, zwischen Vogesen und Schwarzwald.

Ich bin froh, aber nicht stolz. Stolz bin ich auf Dinge, die ich selbst hinbekommen habe. Das sind nicht so viele, aber dafür sind sie eindeutig von mir ...

3 Kommentare:

GruftiHH hat gesagt…

Klaus. Da muss ich Dir etwas wiedersprechen. Ich kann Deine Argumente nachvollziehen und auch teilen. Aber man darf doch auch Stolz sein, was Deutschland hervor gebracht hat... Ich denke da an so manchen Autoren und Entwickler. Aber leider wird - auch von Dir - das Thema STOLZ zu sehr in die rechte Ecke gedrängt. So lese ich es zumindest heraus.

Viele sind ja auch Stolz darauf, wenn "wir" Weltmeister im Fußball z.B. werden.

Natürlich sollte man auf die eigene Leistung Stolz sein. Keine Frage. Ich war es auch, als ich in Wolfenbüttel von Uwe, Olaf und Dir viel gelernt habe - und sogar ein kleines Lob bekommen hatte. In der Kurzgeschichte hatte ich nämlich alles eingebaut, was ihr uns beigebracht hattet. Ok. Der Stil war noch ausbaufähig.

Ich möchte Dir damit nur sagen, dass man einfach mal überdenken sollte, WER das Wort Stolz benutzt.

Enpunkt hat gesagt…

Hm. Ich dränge das Wort nicht in die rechte Enge. Das wäre falsch. Mir ging's um meine persönliche Sicht der Dinge.

Ich freue mich auch, wenn die deutsche Fußballmannschaft gewinnt. Da bin ich offenbar auch Patriot. Aber ich kann nicht stolz auf die Leistungen von Fußballern sein, mit deren Arbeit ich nichts zu tun habe. Das ist eine subjektive Geschichte, denke ich.

RoM hat gesagt…

Latha math, Klaus.
Ich denke "Stolz" gerät immer dann in Gefahr selbstgefällig zu sein, wenn man/frau sich mit fremden Federn zu schmücken beginnt.
Und "Stolz" ist nicht von ungefähr ein ambivalenter Begriff, kann er doch ebenso hin zur Überheblichkeit kippen.

bonté