09 April 2020

Das sechste »Slapstick«

Ich mag es sehr, Berichte über die frühen Jahre der deutschsprachigen Science-Fiction-Szene zu lesen, und dabei ist es mir gleichgültig, wie stark diese eingefärbt und durch persönliche Betroffenheit gekennzeichnet sind. Eine schöne Lektüre ist deshalb für mich das »Slapstick«; in der sechsten Ausgabe seines Egozines, die im August veröffentlicht wurde, berichtet Hans Joachim Alpers über das Science-Fiction-Treffen in Düsseldorf.

 Es war die Jahresversammlung des Science-Fiction-Clubs Deutschland e.V., sie lief am 2. Und 3. August 1969 in Düsseldorf und wurde auch als DüCon bezeichnet. Die Mitgliederversammlung des Vereins dauerte tatsächlich zwei Tage, vor allem wegen der Querelen um den neuen Vorstand und vor allem wegen der Gegensätze zwischen den konservativen und den linken Fans.

Die konservativen Fans werden in diesem Mini-Fanzine – es umfasst sechs Seiten – immer nur als das »Establishment« bezeichnet, während sich die Linken als »Opposition« verstehen. Auch Alpers, den ich in den 80er-Jahren kennenlernte und mit dem ich in den Nullerjahren auch zusammenarbeitete, teilt in seinem Fanzine ordentlich aus.

Die PERRY RHODAN-Autoren Karl-Herbert Scheer und Wilfried Scholz wurden bei der Versammlung als Ehrenmitglieder des Clubs abgewählt; Scheer wird im Fanzine als »die zu sehr diskreditierte Symbolfigur eines SF-Faschismus« bezeichnet«, eine gewisse Heftromanserie sowieso ständig als »faschistisch« beschimpft. Man war 1969 mit solchen Begriffen schnell zur Hand, scheint es heute.

Es gibt in diesem Egozine erfreulicherweise auch einige nette Bemerkungen; man erfährt einiges über neue Autos und Übernachtungen. Erwähnt werden nur Männer, Frauen finden in diesem Zusammenhang nicht statt. (Das wäre mir früher nicht aufgefallen.) Und von Science Fiction handelt dieses Fanzine eigentlich auch nicht.

Es geht um Strukturen in einem Verein, der 1969 schon deutlich in die Jahre gekommen war. Und es geht um politische Auseinandersetzungen. Man streitet nicht über die Science Fiction und ihre Inhalte, sondern darüber, wer welchen Vorstandsposten und weshalb besetzen möchte. Das liest sich heute sehr skurril.

Für mich auch sehr skurril: Viele der Protagonisten, die in diesem Fanzine erwähnt werden, habe ich irgendwann kennengelernt. Es waren durch die Bank sympathische und gebildete Menschen; einige von ihnen – auch der Autor dieses Fanzines – sind ja leider schon gestorben. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sie sich zwei Tage lang in Düsseldorf wegen eines Vereins so gestritten haben ...

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