Eine Geschichte, die ich immer wieder gern erzähle, aber bisher nie verschriftlicht habe: In den 80er-Jahren arbeitete ich als freiberuflicher Lektor für Western und Krimis, die als Heftromane veröffentlicht wurden. Jede Woche redigierte ich einen Heftroman. Das war zeitweise sehr anstrengend, weil ich flott sein musste.
Ein Autor liebte es, bei seinen Western den Figuren lange Namen zu geben. Damit konnte man gut Zeilen schinden und ohne viel Arbeit einen Roman länger machen. Vor allem auch deshalb, weil man so schnell einen Absatz füllen konnte.
Er nahm Figuren, die Jonathan Waterman oder Joseph O’Mohannan hießen. Und die ließ er gern nicken und blicken, nachdenklich schauen durften sie auch ständig.
»Jonathan Waterman nickte bedächtig und blickte Joseph O’Mohannan an.« Mit so einem Satz füllte man zwei bis drei Zeilen, damit war ein Absatz gefüllt.
Klammheimlich bewunderte ich die effektive Arbeitsweise des Schriftstellers. Gleichzeitig ging er mir damit auf die Nerven: Engagiert wie ich war, versuchte ich solche Formulierungen wegzuredigieren – ohne dass der Roman dadurch zu kurz wurde … Es war eine harte Schule, und ich denke erstaunlich oft und gern an sie zurück.
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