»Wir gingen langsam spazieren, sahen uns die Galerien an, amüsierten uns über auffallende Passanten und spielten Versteck und Fangen auf der Fahrbahn, alberten rum, als seien wir Kinder. In einem kleinen Bistro lud sie mich zu einem Bier ein, und in einem billigen Restaurant opferte ich einige meiner wenigen Francs für zwei weitere Bier, und am Eingang einer Metro-Station hielt ich sie in den Armen und wollte sie nicht mehr loslassen. Passanten gingen gleichgültig vorbei; in Paris achtet niemand darauf, wenn sich zwei junge Menschen auf offener Straße umarmen und küssen.«
Das ist ein Auszug aus der Kurzgeschichte »Die letzte Nacht«, mit der ich mich dieser Tage beschäftigte. Wann sie genau von mir geschrieben wurde, lässt sich nicht mehr genau herausfinden. 1983 war ich in Paris, also dürfte die Geschichte im Sommer oder Herbst 1983 entstanden sein, auf jeden Fall noch während meiner Schulzeit. Warum ich in einer Zeit, in der ich mich vor allem für Science-Fiction-Romane aller Couleur begeisterte, ausgerechnet eine traurige Liebesgeschichte schreiben wollte, weiß ich nicht mehr.
Ich versuchte damals offensichtlich, den Stil von Charles Bukowski zu imitieren. Von ihm hatte ich zuvor alle Kurzgeschichtenbände gelesen, die als Taschenbücher bei Fischer erschienen waren, dazu die Gedichte, die Maro veröffentlichte. Das merkt man an gewissen Formulierungen immer noch deutlich, die bemüht »lakonisch« sind oder die am Anfang darauf anspielen, dass der Ich-Erzähler offensichtlich darüber zumindest nachdenkt, Prostituierte anzusprechen. Heute kommt mir das extrem peinlich vor.
Das »Pop-Inn«, in dem die Geschichte ihren Anfang nimmt, gab es wirklich, alles andere war natürlich frei erfunden. Was auch stimmt, ist der damals bei mir übliche Mangel an Geld. Da musste man sich an einem Bier dann schon mal einen Abend lang festklammern …
Die Geschichte zeigte ich damals meinem Deutschlehrer, der nicht so viel mit ihr anfangen konnte. 1984 wurde sie in dem Fanzine »Sonnenwind 1« veröffentlicht, das von Science-Fiction-Fans aus dem Raum Göppingen herausgegeben wurde. Es war der einzige Text in dem Heft, der in der Realität spielte. Wobei diese Realität allerdings genauso erfunden war wie jede Science-Fiction-Geschichte im redaktionellen Umfeld …
Als ich sie dieser Tage endlich mal auf neue Rechtschreibung umstellte, fand ich sie noch weitestgehend lesbar. Das kann man nicht über jeden meiner Texte aus dieser Zeit sagen.
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