Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«
Es gibt von meiner Familie nur wenige fotografische Dokumente. Einen privaten Apparat besaßen einfache Handwerker und Kleinbauern vor dem Krieg nicht, also gingen sie zu einem Fachgeschäft. So auch meine Vater mit meinen Großeltern: Irgendwann in der ersten Hälfte des Jahres 1943 wurde er von einem professionellen Fotografen abgelichtet – in einer einfachen Wehrmachts-Uniform.
Sonderlich glücklich sieht mein Vater auf diesem Bild nicht aus. Ob er schon ahnte, in welches Gemetzel er ziehen würde? Er hatte sich nicht freiwillig zur Wehrmacht gemeldet, sondern war verpflichtet worden. Als Angehöriger des Jahrgangs 1925 war er 1943 noch beim bewaffneten Reichsarbeitsdienst in Frankreich. Er erzählte mir, er sei in Besancon eingesetzt gewesen.
Er musste nach Russland, kam an die Rollbahn und zur 78. Sturmdivision. Weihnachten 1943 verbrachte er in einem Schützenloch irgendwo zwischen Smolensk und Orscha. Davon kann dieses Foto natürlich nicht erzählen.
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