27 März 2009

Ein großer Clint Eastwood

Wer noch einmal sehen will, wie ein großer alter Mann den jungen Leuten zeigt, wo der Hammer hängt, der gehe in »Gran Torino«, dem aktuellen Clint-Eastwood-Streifen. Wir haben ihn gestern gesehen: Eastwood führt Regie und spielt die Hauptrolle, ein mies gelaunter Witwer namens Walt Kowalski, der früher bei Ford gearbeitet hat und der mit Argwohn zuschaut, wie das ehemalige Autobauer-Viertel zu einem Viertel für Einwanderer des südostasiatischen Volkes der Hmong geworden ist. Er trinkt haufenweise Bier, sitzt auf seiner Veranda, streichelt seinen Hund und hasst die Welt.

Ich fand ihn sympathisch.

Klar, der Kerl ist ein Rassist, ein mies gelaunter alter Sack, der alle Welt ablehnt, und wahrscheinlich würde man ihn im wirklichen Leben auch hassen. Aber in seiner Konsequenz ist er einem dann doch lieber als die weich gespülten Söhne und Schwiegertöchter, der unschuldig guckende Pfarrer und die stumpfsinnigen und gierigen Enkel; Kowalski hat sein Leben hinter sich, er schleppt Traumata aus Korea mit sich herum, und das einzige, was er wirklich noch liebt, ist sein »Gran Torino«, ein 1972 gebauter Ford-Oldtimer, den er hingebungsvoll pflegt.

Die erste Hälfte des Films, vielleicht sogar die ersten zwei Drittel, sind eher lustig; grobe Sprüche wechseln sich ab mit harten Aktionen. Der alte Mann setzt sich mit seinem alten Sturmgewehr gegen die blöde Gang durch, die die Nachbarschaft terrorisiert, freundet sich mit den jungen Hmong in der Nachbarschaft an und fängt sogar mit Selbstjustiz an.

Dann aber entgleist die Geschichte, es kommt zu heftiger Gewalt - und dann erwartet eigentlich jeder einen typischen Clint-Eastwood-Rachefeldzug, wie man ihn seit den Zeiten von »Django« und »Dirty Harry« kennt. Daß dann alles ganz anders kommt, überrascht; das hat dann was von Überhöhung und Übertreibung und wurde von einigen Kritikern schwerst kritisiert, paßte meiner Ansicht nach aber auch gut.

Der Film ist extrem unterhaltsam, bringt einen zum Nachdenken und liefert ganz nebenbei einen Abgesang auf die zusammenbrechende amerikanische Auto-Industrie und den amerikanischen Traum. Großartiger Film eines großartigen Schauspielers.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein wirklich guter Film. Ich kann mich dem Urteil vorbehaltlos anschließen.

Der Schluss war für mich übrigens absolut schlüssig und konsequent. Jedes andere Ende hätte mich enttäuscht (der Clint ist schließlich kein 70-jähriger Draufgänger mehr - aber trotzdem noch lange kein Johannes Heesters).


Schönen Gruß und Danke für das interessante Tagebuch.
Stephan

Enpunkt hat gesagt…

Der Schluss ist in der Tat konsequent; ein Kritiker monierte, das hätte dann was von christlichem Pathos gehabt (aus der Erinnerung zitiert, nicht wörtlich jetzt ...). Mag sein, war aber trotzdem konsequent.