Irgendwie cool, in einem echten Jugendheft interviewt zu werden – finde zumindest ich. Das geschah mir auf der Leipziger Buchmesse im März diesen Jahres. Bis ich den Beleg erhielt, vergingen Monate, aber jetzt ist das Ding da: die zweite Ausgabe der Zeitschrift »LebensFieber«.
Zwischen allerlei Artikeln über »kunst und kultur« oder »Schule und Ausbildung«, ganz zu schweigen von »Prosa und Lyrik«, gibt es auch ein Interview mit mir, das Herausgeber Dave Tijok (eigener Spitzname: Running Dave) geführt hat. War gar nicht so einfach für ihn, fürchte ich – aber er hat es gut gemeistert.
Im Anhang zu diesem Text könnt Ihr das Interview jetzt einfach nachlesen.
2 Kommentare:
"Im Science Fiction Bereich greifen wir viele zeitkritische Themen auf"
Im Gespräch mit Klaus N. Frick, Chefredakteur der Science Fiction-Serie PERRY RHODAN über Punk Rock, Heftromane und Science Fiction
LF:Wie kamst du überhaupt auf die PERRY RHODAN-Serie?
Frick: Das war im Jahr 1977, ich war 13, und für mich war das ein folgenschweres Jahr: Ich war zum ersten Mal verliebt, woraus allerdings nix wurde, ich hörte zum ersten Mal Punk Rock, und ich las zum ersten Mal PERRY RHODAN.
LF: Wie und wann wurdest du dann vom Leser zum Science-Fiction-Redakteur?
Frick: Das war zwei Jahre später über, als ich anfing, Geschichten für Amateurzeitschriften zu schreiben, sogenannte Fanzines. 1980 brachte ich dann ein eigenes Heft heraus namens „Sagittarius“. Über das Heft bekam ich Kontakt zur örtlichen Tageszeitung, der Südwestpresse, in Freudenstadt. Im dortigen Jugendzentrum organisierte ich Konzerte, Science-Fiction-Conventions und Rollenspielabende.
LF: Also begleitete dich Science Fiction seit deiner Jugend?
Frick: Klaro, ich weiß noch, wie ich 1980 mit dem Fahrrad zu meinem ersten Fan-Treffen nach Nagold fuhr.
LF: Und dann wurdest du gleich fester freier Journalist?
Frick: Nein. Damit fing ich erst 1983 an. Während der Schulzeit.
LF: Wieso das denn?
Frick: Tja, 1980 hab' ich die Schule geschmissen, ich wollte lieber Punk-Rocker werden. Später ging ich wieder auf die Schule und baute 1984 mein Abitur
LF: Für wen hast du damals geschrieben?
Frick: Ich schrieb anfangs als freier Mitarbeiter für die Südwestpresse, später als pauschalierter Mitarbeiter für diese Tageszeitung, sprich, ich bekam ein Grundhonorar plus Zeilen- und Bildhonorare. Ende der 80er Jahre war ich Redakteur bei einem Wochenblatt, später war ich als Redakteur in einer Agentur für Öffentlichkeitsarbeit.
Als freiberuflicher Redakteur habe ich jahrelang nebenher Western- und Kriminalromane redigiert – damals schon für den Pabel-Moewig-Verlag, bei dem ich heute angestellt bin.
LF: Wie bist du dann in die PERRY RHODAN-Redaktion gekommen?
Frick: Der Verlag kannte mich schon als freiberuflichen Redakteur von Krimis und Western, zudem wusste man, dass ich die Serie gut kenne. 1992 wurde ich als Redakteur in der PERRY RHODAN-Redaktion angestellt; seit 1999 bin ich Chefredakteur.
LF: Früher gab es eine Menge Heftromanserien, von denen es viele heute nicht mehr existieren. Wie beurteilst du die Heftromanszene?
Frick: Das stimmt, Mitte bis Ende der 80er Jahre wurden viele Heftromane eingestellt. Die Heftroman-Branche hat ohnehin viele Schocks durchlebt.
LF: Was für Schocks?
Frick: Ab Mitte der 80er Jahre gab es mit dem aufkommenden Kabelfernsehen und den Videofilmen plötzlich viele Unterhaltungsmöglichkeiten – das hat schlicht Leser gekostet.
Davor gab es ja nur die öffentlich-rechtlichen Programme; viele Jugendliche und Erwachsene lasen auch deshalb Heftromane.
Anfang der 90er Jahre kamen die Computerspiele auf, die immer billiger wurden. Ab Mitte der 90er Jahre fand das Internet mit samt seinen Möglichkeiten Verbreitung. All das hielt die Leute praktisch vom Lesen ab.
Die Auflagen gingen zurück, auch bei Büchern sind seitdem die Auflagen rückläufig. Das traf die Heftroman- und Buchbranche sehr.
Es gab in den 80er Jahren also zu viele Serien bei einer gleichzeitig abnehmenden Leserschaft. Die Folge war ein Kollaps. 1986 fing der Heftromanmarkt an, zusammenzubrechen, die „Über- und Ramschproduktion“ wurde zurückgefahren, und der Heftromanmarkt reduzierte sich auf etwa ein Drittel.
Ich denke, dass das übrigens auch demnächst bei den Mangas passiert. Früher gab es um die 20 regelmäßig erscheinende Titel. Heute erscheinen etwa 60 monatliche Titel. Es gibt keinen Marktüberblick mehr, der Absatz verteilt sich auf viele Titel.
LF: Warum haben PERRY RHODAN und andere Serien die Krise überstanden?
Frick: PERRY RHODAN überlebte aufgrund der Komplexität der Handlung und der Charaktere. Die Leser verzeihen uns dadurch schon mal einen „schwachen“ Roman, weil sie wissen, dass in der nächsten Woche ein neuer Roman erscheint. Kopien unseres Konzepts haben nicht überlebt.
"Lassiter" und "Jerry Cotton" überlebten für ihre Genres, viele andere Genre-Serien gingen ein. Es hängt vor allem mit der Leserschaft und deren Lesegewohnheiten zusammen.
LF: Wie setzt sich die Leserschaft der Romanserien denn zusammen?
Frick: Die Leserschaft im Science-Fiction-Bereich und einigen anderen Genres wie Krimi und Western besteht vor allem aus Männern; Frauenromane kommen ja oft auch im Taschenheft heraus. 80 Prozent unserer Leser sind Männer. Sie sind vor allem an der technischen Art von Science Fiction interessiert.
Deswegen ist die „Cosplay“-Jugendkultur da sehr abwechslungsreich.
LF: In wie fern?
Frick: Die „Cosplay“-Kultur wird zu etwa 80 Prozent von Mädchen getragen, das ist absolut neu – denn bisher wurden alle Jugendkulturen von Jungs und Männern getragen. Das „Cosplay“, also das Costume Play, bei denen sich die Fans wie Manga-Charaktere kostümieren, ist stark an Japan und dortigen Gewohnheiten orientiert. Daher passt eine Band wie Tokio Hotel vom Aussehen genau in die Trendwelle.
Das ist wie bei der Musik: Bei der „Neuen Deutschen Welle“ anfangs der 80er Jahre wurde der Markt zu rasch überreizt, weil man jede schlechte Band auf Platte herausbrachte. Passiert das bei den Mangas auch, dann wird der Markt zusammenbrechen.
LF: In den letzten Jahren hat sich bei PERRY RHODAN viel getan. Es gibt Hörspiele, Buchreihen, Merchandising. Wie kam es dazu?
Frick: Ab 1995 wurde mehr PERRY RHODAN investiert, als ein neuer Verlagsleiter für uns zuständig war. Das war quasi ein Umschwung, denn nun hatten wir Mittel für Prospekte, die Einrichtung einer Fan-Zentrale, neue Zeichner und verschiedene Buchprojekte.
Wichtig war jedoch, dass wir Experimente unternehmen konnten, es wurden Computerspiele und Hörspiele entwickelt. Einer der Höhepunkte sind die Taschenbuchreihen in Zusammenarbeit mit dem Heyne-Verlag.
LF: Wie ist es deiner Meinung nach zu erklären, dass nach etwa vier Jahrzehnten Star Trek die Paramount Studios genau das Gegenteil machen und die laufenden Serien eingestellt haben?
Frick: Paramount ist ein Unternehmen, das vor allem an den Quartalsberichten gemessen wird, das heisst ob und wieviel Gewinn sie erwirtschaften. Es geht quasi immer ums Geld und im TV-Business eben auch um Millionenbeträge. Wenn also eine Serie wie „Enterprise“ nicht so viele Zuschauer bringt, dann wird da schon eher kurz- als langfristiger gedacht. Das ist natürlich schade, weil das „Star Trek“-Universum mit seiner Geschichte und Komplexität alle Generationen anspricht, auch viele weibliche Zuschauer, aufgrund der Charaktere und der Erzählstruktur.
Zielgruppengerechtes Merchandising kann auch daneben gehen; das hat man gesehen, als man bei Harry-Potter-Fanartikeln vor allem auf die Kiddies setzte.
LF: Kannst du näher auf die Erzählstruktur eingehen?
Frick: Meiner Meinung nach gibt es häufig den Drei-Ebenen-Aufbau. Nehmen wir mal als Beispiel die Serie Ally McBeal. Es gibt den „inneren Konflikt“, im Falle von Ally McBeal bedeutet es, sie verliebt sich in jemanden in einer Episode. Der „äußere Konflikt“ wäre dann der für sie zu lösende Fall als Rechtsanwältin. Die „Meta-Ebene“ ist dann der Erzählstrang, der sich durch die ganze Staffel zieht, bei Ally McBeal wäre das zum Beispiel, ob sie ihre große Liebe findet.
LF: Nehmt Ihr in der Serie PERRY RHODAN eigentlich auch zeitlich aktuelle Themen als Vorlage für die Handlung?
Frick: Sicher, Mitte der 90er Jahre war das der Bürgerkrieg im früheren Joguslawien, Möglichkeiten und Gefahren der Biotechnologie. Ab dem Band 1800 haben wir als großes Thema „Krieg und Frieden“ gehabt, also die Kontroverse aufgeworfen, um welchen Preis man Frieden schafft. Beispielsweise gibt es auch eine Zivilisation der Nonggo, bei denen quasi „das Internet zu Ende gedacht wurde“, die in einer totalen Vernetzung leben. Mit allen Möglichkeiten und Risiken.
LF: Was würdest du jemandem raten, der Schriftsteller werden möchte oder mit dem Gedanken spielt, in das Genre Science Fiction einzusteigen?
Frick: Also er oder sie muss sehr gut schreiben können. Er muss beständig am Schreiben sein, wenn er meint, er habe dazu keine Zeit, dann stimmt irgendwas nicht. Er oder sie muss genug Phantasie besitzen, um sich eine ganze Welt ausdenken und -füllen zu können. Gleichzeitig muss ein Autor aber auch sehr viel Disziplin haben, um das alles so niederzuschreiben, dass es der Leser versteht. Es geht ja darum, alles aus deinem Kopf deinem Leser rüberzubringen. Du als Autor weisst Bescheid, aber es muss dir gelingen, diese Faszination auch herüber zu transportieren.
Zur Person
Klaus N. Frick
1963 in Freudenstadt im Schwarzwald geboren, schrieb er seine ersten Erzählungen im Alter von sechs Jahren, brachte seine erste Zeitschrift in der zweiten Klasse heraus und las mit 13 Jahren zum ersten Mal PERRY RHODAN.
Hat mir gut gefallen und fand ich interessant!
Grüße
Andi!
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