Samstags auf dem Vrijdag Markt in Gent: Der Himmel über der flämischen Stadt ist grau, und immer wieder fällt ein grieseliger feiner Regen auf das Kopfsteinpflaster herunter. Kein August-Wetter, beim besten Willen nicht, und wir können uns nicht vorstellen, vor wenigen Wochen noch über das kochend heiße Wetter gestöhnt zu haben. So ändern sich die Zeiten.
Wir lassen uns in ein Antiquariatsgeschäft hineintreiben, eine wackelige Treppe hindurch und durch eine Garageneinfahrt. Alte Möbel modern vor sich hin, Schallplatten in verstaubten Hüllen beugen sich unter der Last der Jahrzehnte. Es riecht alt und verbraucht, ein Staub, der mich zum Husten reizt.
Im Eingangsbereich steht ein Tisch, auf dem allerlei Heiligenfiguren aufgereiht sind, alle um die vierzig Zentimeter groß. Kitschig wirken sie, die Farben sind verblaßt und blättern an manchen Stellen ab.
Ein pummeliger Mann in verwaschener Jeans und dunkelbrauner Regenjacke, eine Mütze auf dem Kopf, beugt sich über die Figuren, schaut sie interessiert und kritisch gleichzeitig an. Dann blickt er auf und richtet seinen Blick auf den graubärtigen schlanken Verkäufer, der schräg vor ihm steht.
»Where is your Jesus?«, fragt er in dem Englisch, das man im flämischen Belgien spricht: ein bißchen unsauber, aber gut verständlich.
Der Verkäufer sieht verunsichert aus und beugt sich über den Tisch. Sein suchender Blick scheint die Figuren abzutasten. Dann richtet er sich auf und schaut den pummeligen Mann an.
»Jesus must have been stolen«, sagt er in völlig ernsthaftem Tonfall. »Jesus ist wohl gestohlen worden.«
Und ich falle vor Lachen fast von der schmalen Holzleiter, über die ich gerade aus dem Laden heraus balanciere ...
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