03 Januar 2019

Im guten alten Amt

Die Arbeitsberaterin blätterte durch meine Unterlagen, dann sah sie mich an. Hinter ihrer Brille wirkten die Augen wie vergrößert. »Sie sind also arbeitslos«, sagte sie.

Ich nickte. »Ich melde mich als Arbeitssuchender bei Ihnen zurück.«

Erneut blätterte sie in ihren Akten. »Sie waren arbeitslos gemeldet, dann haben Sie sich abgemeldet, jetzt melden Sie sich wieder. Warum?«

»Ich war drei Monate in Westafrika.«

»Ohne Versicherungsschutz?«

Ich nickte. »Ja, ich habe mich ordnungsgemäß vom Amt abgemeldet, jetzt bin ich wieder da.«

»Aber da waren Sie nicht versichert!« Sie schien verwirrt zu sein.

»Na ja, das hat mich in den drei Monaten nicht so interessiert«, gab ich zurück. »Ich hatte eine Krankenversicherung für die Reise, keine Sorge.«

»Und jetzt sind Sie arbeitslos.«

»Na ja. Ich suche Arbeit, und ich bin sicher, bald eine Stelle zu finden.« Ich gab alles, um sie optimistisch anzulächeln. Wir schrieben den März 1988, und das Arbeitsamt war eine Behörde, in der eisenharte Regeln galten. »Das wird alles klappen.«

Sie tippte auf meine Unterlagen. »Hier steht, dass Sie nach der Schule keine Ausbildung gemacht haben. Sie haben keine Lehre gemacht und auch nicht studiert.«

»Genau. Und jetzt suche ich Arbeit als Redakteur.«

Sie wirkte ratlos. »Aber das haben Sie nicht studiert.«

»Das muss man nicht. Das ist ja ein Beruf, dessen Bezeichnung nicht geschützt ist.« Ich lächelte erneut. »Derzeit versuche ich, mir als freier Mitarbeiter ein Zubrot zu verschaffen.«

»Das können Sie nicht machen, wenn Sie arbeitslos sind.«

»Doch, doch.« Ich gab mir Mühe, freundlich zu bleiben. Man hatte mir gesagt, dass es nicht einfach werden würde. »Ich muss diese Nebeneinkünfte bei Ihnen anmelden, und sie werden dann mit dem Geld verrechnet, das ich vom Amt erhalte.«

»So so«, schnaubte sie und blätterte in den Unterlagen. Kritisch musterte sie mich. »Es wäre meiner Ansicht nach sinnvoller, wenn Sie erst einmal eine Ausbildung machen würden. Irgendeine.«

»Aber warum? Ich habe ja in einem Beruf gearbeitet, ich werde das auch wieder tun. Ich will mich ja nur für die Übergangszeit arbeitssuchend melden.«

»Das geht so nicht.« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Sie können nicht einfach hier hereinschneien und meinen, für Sie müsste man Sonderregeln einführen. Wir schauen mal, was wir für Sie tun können.« Sie blätterte wieder. »Erst einmal eine Quaifizierungsmaßnahme, dann sehen wir weiter.«

Es war nicht einfach mit dem Arbeitsamt. In jenem Frühjahr 1988 hatten die Dame vom Amt und ich einige Kommunikationsprobleme. (Zwei Monate nach diesem Gespräch hatte ich eine feste Arbeitsstelle als Redakteur.) Nach allem, was man so hört, ist es heute mit der Agentur für Arbeit nicht viel einfacher …

2 Kommentare:

Christina hat gesagt…

Ha! Nein, es hat sich überhaupt nichts geändert.
Auszug aus einem Gespräch mit meiner Betreuerin: (Ist etwa drei Jahre her.)

»Ah, Sie haben ja einen Ingenieurtitel.«
»Ja!«
»Und da haben Sie freiberuflich gearbeitet?«
»Ja! Ich hatte nach dem Studium keine andere Wahl.«
»Hm! Das ist schlecht. Sie sind Ingenieurin und haben freiberuflich gearbeitet ... so kann ich Sie unmöglich vermitteln. Versuchen Sie es doch mal mit einer Umschulung.«


Ich habe mir dann selbst was gesucht. Arbeitslosengeld hätte ich ja ohnehin nicht bekommen.

RoM hat gesagt…

Servus, Klaus.
In den 3 Malen (hintereinander), die ich (vor länger) den Laden von Innen sehen durfte, habe ich 3 unterschiedlichen Mitarbeitern das jeweils Gleiche beantworten dürfen. Die "Angebote" konnten zwischen "Frondienst" & "falscher Job" oszillieren. Gefunden habe ich nur selber was.
Wenn ungekündigt kann ich eh nur empfehlen gleich selber zu suchen.

Kaffee holen klappt aber ganz gut!

bonté