Einen ungewöhnlichen Comic präsentieren der Autor Zep und der Zeichner Vince. Ihr »Esmera« ist ein grafischer Roman, wie man ihn sich nur wünschen kann: die Geschichte einer Frau, die den Zeitraum von 1965 bis 2015 überdauert, wobei zeitgeschichtliche Aspekte wie die Studentenunruhen der 60er-Jahre eine Rolle spielen.
Was das heißt? In den 60er-Jahren geht das Mädchen Esmera auf ein katholisches Internat, entdeckt dabei seine Sexualität und eine Besonderheit, die ins Phantastische spielt und die ich an dieser Stelle nicht verraten will. Esmera experimentiert, findet allerlei heraus, und sie entwickelt sich.
An der Person eines Mädchens, das mit sich und seiner Rolle immer wieder hadert – vor allem angesichts mancher »Wechsel« – wird die Entwicklung von Sexualität und Moral seit den 60er-Jahren gezeichnet. Das klingt ein wenig theoretisch, aber seien wir ehrlich: Der Comic lässt es nicht an ausgiebigen und extrem realistischen Sex-Darstellungen mangeln, ohne allerdings ins Pornografische zu rutschen.
Ausgerechnet der Comic-Autor Zep, sonst eher bekannt durch alberne bis witzige Comics, vor allem durch seine Serie »Titeuf«, schuf die Geschichte der jungen Esmera. Er fängt den Zeitgeist der jeweiligen Jahrzehnte ein, er legt gleichzeitig eine Geschichte vor, in der Sex die Handlung voranbringt.
Stilistisch bleibt Vince im klassischen Comic-Stil. Die Sex-Szenen sind nicht übertrieben erotisch, meist rückt der Künstler große Penisse und schwere Brüste ins Zentrum. Die Bilder sind in Grautönen gehalten, es gibt keine Farbe. Damit verleiht er auch ausschweifenderen Sex-Szenen einen künstlerischen Charakter.
»Esmera« ist ein Comic, der mich überraschte. Blättert man ihn nur durch, sieht man vor allem viel nackte Haut und große Brüste. Schaut man ihn sich genauer an und lässt sich auf die Geschichte ein, macht sie Spaß. Sie ist witzig, sie ist unterhaltsam, sie macht Laune.
Klar, das ist keine Geschichte, die man unbedingt haben muss. Aber ein Comic, der unterhält und ganz nebenbei ein schönes Sittenbild zeichnet. Was will ich eigentlich mehr?
»Esmera« ist – wie von Splitter gewohnt – sehr schön gestaltet; ein Schmuckstück im Comic-Regal. Er umfasst 80 Seiten im Hardcover-Format, die 19,80 Euro kosten. Wer mir übrigens nicht glaubt, sollte die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages anschauen.
2 Kommentare:
Der steht schon länger auf meinem Amazon-Wunschzettel. :-)
Okay! Nachdem ich »Esmera« gelesen habe, weiß ich, wer die Idee zur Schreibaufgabe beim letzten Seminar in Wolfenbüttel hatte. Ts, ts, ts!
:-)
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