Wie fühlen sich die 80er-Jahre für eine junge Frau an, die 1993 geboren worden ist? Lena Hofhansl ist die Autorin des Romans »B 14 revisited«, der in Stuttgart spielt und alle Bestandteile eines Pop-Romans enthält: Junge Leute konsumieren Drogen, hören viel Musik und verlieben sich. Das Interessante dabei ist, dass die Handlung auf zwei Ebenen spielt – einerseits im Jahr 1986, einerseits im Hier und Jetzt. Aus dieser Parallele zieht das Buch einen Teil seiner Spannung.
Kritisch fand ich vor allem zu Beginn, dass der Roman offenbar nur höchst oberflächlich redigiert worden ist. Unsaubere Perspektiven, durch den Raum wandernde Augen und völlig willkürliche Absätze machten’s für mich ein wenig schwierig.
Aber seien wir fair: Wer bei solchen Dingen nicht so pingelig ist, wird das nicht merken. Ich brauchte halt einige Zeit, bis ich in das Buch reinkam, fand es dann immer besser. Denn eigentlich bekommt der Leser des Romans zwei Beziehungsgeschichten geboten – auf jeder Zeitebene eine –, die durch ein altes Haus miteinander verbunden sind.
Dieses Haus wird 1986 besetzt; ganz in der Nähe der Schwabstraße in Stuttgart. Und in der aktuellen Zeit bekommt es eine junge Frau vererbt. Sie erfährt, dass ihr Vater, den sie nie kennengelernt hat, in diesem Haus einen Plattenladen betrieb – und in einem spontanen Entschluss versucht sie, diesen in der Gegenwart fortzuführen. Der im Keller lebende Typ, der sich selbst nur Rotze nennt, hat dabei keinen geringen Anteil.
Wie die Hausbesetzung in den 80er-Jahren und eine junge Frau von heute zusammenhängen, das wird im Verlauf des Romans immer klarer. Lena Hofhansl lässt viele Begriffe aus beiden Zeiten in den Roman einfließen.
Das Café Soho, in dem ich in den 80er-Jahren gelegentlich frühstückte, das besetzte Haus in der Schwabstraße, das ich gelegentlich besuchte, und das LKA, in dem auch heute noch Konzerte veranstaltet werden – das alles verbindet sich zu einem schönen Reigen, der alternde Konzertbesucher wie mich auf der nostalgischen Ebene abholt und jüngere Leser hoffentlich ebenso packt.
Klar: Der Blick der Autorin auf die Kämpfe in Wackersdorf, auf das Festival in Burglengenfeld, auf Punks und Hausbesetzer – dies alles wirkt auf jemanden, der »damals« dabei war, manchmal ein wenig bemüht. Man spürt, dass sie noch nie auf einer Demonstration war, bei der es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Autonomen gekommen ist.
Was sie gut hinbekommt, ist die persönliche Sicht ihrer Figuren. Ob das der ziellos wirkende Emilio in den 80er-Jahren ist, der eigentlich nur zeichnen möchte und mehr aus Zufall in die Hausbesetzer-Szene gerät, oder die junge Isa, die in der aktuellen Zeit versucht, mehr über ihren Vater herauszufinden und deshalb sogar auf eine gut bezahlte Stelle verzichtet – das hat mir immer gut gefallen.
Der Roman entfacht einen gewissen Sog, und »B 14 revisited« macht nach einiger Zeit richtig Spaß. Mir hat er gefallen, ich würde ihn eingeschränkt empfehlen. Wer über die eine oder andere Schwäche hinwegsehen kann, sollte auf seine Kosten kommen.
Erschienen ist der Roman im Schmetterling-Verlag als Taschenbuch mit Klappcover. Die 196 Seiten kosten 12,80 Euro, und zu beziehen ist »B 14 revisited« überall im Buchhandel. (Eine stark gekürzte Version dieser Rezension hab ich vor einer halben Ewigkeit im OX veröffentlicht.)
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