18 Mai 2012

Ich war in der SBZ

Zu den amüsanten Ideen der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschland (APPD) gehörte anno dunnemals die Einteilung von Deutschland in drei Zonen: Eine davon war die SBZ, die »Spießer-Besetzte Zone«, wo sich eben alle Spießer ansiedeln sollten. Die würden dann nicht von den »Asozialen Parasiten« gestört, die in ihrer Zone nach Herzenslust Krachmusik hören und Dosenbier trinken könnten.

Es gab genug Leute, die das blutig ernst genommen haben. Und als ich gestern mit dem Fahrrad unterwegs war, kam ich in ein Viertel, das genauso aussah, wie ich es mir vor 15 Jahren mit der APPD zusammengesponnen hatte.

Es war ein Neubaugebiet: weiße Häuser, meist in Reihen angeordnet, mal hübsche Wohnblocks mit Flachdach, manchmal ebenso hübsche Häuslein mit Giebeldächern. Bewohnt waren sie von jungen Paaren mit Kindern, die ihre Autos ordnungsgemäß vor dem Haus geparkt hatten, ihre Gärtlein sauber pflegten und auch sonst so aussahen, wie in den 70er-Jahren die Leute in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen war.

Ich kam mir vor wie in einer Zeitmaschine, zurück in meine Jugend. Okay, einige sahen subkulturell aus, die Autos trugen »Böhse Onkelz«-Aufkleber oder auch Aufkleber von »coolen« Urlaubsgebieten wie Sylt oder Korsika. Aber ansonsten kam ich mir vor wie in einem Mitteklasse-Alptraum: brave Bürger überall, alles sauber und geordnet, der Zukunft zugewandt.

Als ich wieder aus dem Wohngebiet herauswar, steuerte ich den Ortskern an. Da gab es wenigstens einige ältere Häuser, einige nicht so schicke Menschen auf den Straßen und auch ein wenig Geschmuddel. War das lebendig! Und ich sehnte mich zurück nach »meinem« Wohnblock.

1 Kommentar:

Frank Böhmert hat gesagt…

Solche Viertel müssen immer wieder gebaut und "vorgewohnt" werden, damit es irgendwann neue lebendige alte Viertel gibt!