Es war einer der ungewöhnlicheren Tage meiner eher kurzen »Karriere« als Lokalreporter: An einem feucht-regnerischen Tag im Jahr 1984 kletterten mein Kollege Ulrich, allgemein nur »Fool« genannt, und ich über einen Zaun, der die größte Baustelle von Freudenstadt gegenüber der Außenwelt abschirmte.
Wir wollten Fotos von dieser Baustelle machen, und die Idee war, dies einfach von oben zu tun: Warum sollten wir nicht einfach einen Kran erklettern und von oben herunter fotografieren. Wir waren jung, wir hatten das Abitur hinter uns, wir hatten den Kopf voller Flausen, und wir hatten viel zu wenig Gefahrensinn, um Angst zu entwickeln.
Einer der Arbeiter, der uns aufhielt, gab uns achselzuckend den Weg frei. »Auf euer Risiko«, meinte er nur, »ich übernehme keine Verantwortung.« Dann standen wir vor dem riesengroßen Kran und kletterten die Leiter hoch. Es nieselte, die Metallsprossen waren feucht, aber irgendwann waren wir oben.
Vom Führerhaus konnte man nicht viel sehen, also gingen wir vorsichtig auf einen der Ausleger hinaus. Tapfer hielten wir uns an der mittleren Führungsschiene fest, guckten ebenso tapfer in die Tiefe. Ich hielt Fools Kameratasche, er fotografierte, und dann ging es wieder nach unten.
Als wir am weitesten außerhalb standen, kam meine Mutter aus dem Kaufhaus Peters, das auf der anderen Straßenseite lag. Sie sah uns von unten, ich hatte ihr vorher gesagt, was wir vorhatten – und sie fiel fast um vor Schreck. Von unten sah das ganze supergefährlich aus, von oben empfanden wir es nicht als so.
Die Fotos wurden nett, der Bericht auch. Ob es das Risiko wert war, bezweifle ich. Heute ginge so etwas nicht mehr, heute würde ich mir in die Hosen machen vor Angst. Damals interessierte mich so was nicht ...
(Der Text ist in den Kommentaren zu lesen ... Veröffentlicht wurde der Text am 20. August 1984.)
1 Kommentar:
Wie Spielzeug ...
... wirken die großen Bagger und Planierraupen an »Freudenstadts größter Baugrube« vom Führerhaus des großen Krans aus. Nichts erinnert mehr daran, daß an der Gabel aus Stuttgarter Straße (rechts) und Ringstraße (links) einmal das alte Kepler-Gymnasium stand. Nicht einmal Fundamente sind geblieben, stattdessen werden derzeit die Fundamente für die Tiefgaragen des geplanten Neubaus einer Kreissparkasse gegossen.
Zu erkennen sind die Fundamente bereits am linken Bildrand, weitere Ausschalungen wurden auch schon vorgenommen, wie man in der Mitte des Bildes erkennen kann. Umgeben ist die größte Baugrube der Kurstadt mittlerweile von einem hohen Zaun aus großen Sperrholzplatten, die jedoch – oh Wunder! – noch von keinen Sprühparolen geziert werden. An der Ringstraße hingegen ist die Absicherung gegen unbefugtes Eindringen auf das Gelände der zukünftigen Kreissparkasse noch bei weitem nicht so perfekt, die Begrenzung besteht hier nur aus einer Art Geländer.
Eine Frage stellt sich im übrigen jedem Betrachter des großen Baugeländes, vor allem, wenn dieser Betrachter über den günstigen Überblick vom Kran aus verfügt: Wenn bereits die Tiefgaragen für die Kreissparkasse so tief angesetzt werden, in welche Tiefe muß dann gegangen werden, wenn das geplante Tunnelkonzept für Freudenstadt wirklich einmal verwirklicht werden soll. Und wo soll der geplante Tunnel denn nun beginnen? Auf die Beantwortung dieser Fragen in den nächsten Jahren darf man jetzt schon gespannt sein.
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