Ich könnte ja jetzt großkotzig behaupten, dass ich auf der Leipziger Buchmesse in diesem Jahr den amerikanischen Schriftsteller Joe R. Lansdale kennengelernt habe. Das wäre aber gelogen. Der Mann war da, und ich war auch am Stand des Golkonda-Verlages, als er dort Autogramme gab – aber dann ließ ich es sein, dort anzustehen, und ging zu meiner eigentlichen Arbeit zurück.
Eigentlich bin ich ja glücklich damit, seine Romane zu lesen. So schnappte ich mir dieser Tage endlich »Wilder Winter«, der hierzulande schon 2006 im Shayol-Verlag erschienen ist, bei mir bisher aber im Lesestapel vergammelte. Es handelt sich um den ersten Band einer Reihe um die Helden Hap und Leonard – und der Band hat es echt in sich.
Hauptfiguren sind Hap Collins, ein heterosexueller Weißer, der den Krieg verweigert hat, und Leonard Pine, ein schwarzer und schwuler Veteran des Vietnamkrieges. Die beiden schlagen sich als mies bezahlte Saisonarbeiter in Texas durch, streiten sich immer wieder, sind aber die besten Freunde.
Als Trudy auftaucht, eine gutaussehende Blondine und zugleich die Ex-Frau Haps, verändert sich das arbeitsreiche, aber eigentlich gemütliche Leben der beiden. Auf einmal geht es um eine Million Dollar, die auf dem Grund eines Flusses liegen, und um ehemalige Revolutionäre, die auf das »große Geld« scharf sind.
»Wilder Winter« ist lakonisch erzählt und richtig spannend. Knappe Dialoge und ebenso knappe Beschreibungen treiben die Handlung voran; sowohl Hap als auch Leonard sind überzeugende und sehr coole Figuren, die mit Waffen ebensogut umzugehen wissen wie mit dem Mundwerk.
Dabei bleibt Lansdale den Tugenden treu, die ich als Lansdale-Fan schon seit zwei Jahrzehnten kenne: Der Humor ist extrem trocken, und notfalls spritzt das Blut auch quer über die Seiten eines Buches. Er schildert realitätsnah und drastisch und spart nicht an Seitenhieben aller Art; wer gerne »politisch korrekt« liest, kommt bei dieser Ansammlung von wüsten Sprüchen NICHT auf seine Kosten.
Der Roman ist ebenso klasse wie alle anderen Lansdale-Krimis; als klassischer Kriminalroman kann man ihn nicht bezeichnen. Aber er ist raffiniert geschriebenes und mitreißendes Lesefutter auf hohem Niveau – super!
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