»Überdachte Haltestelle / einer steht im Weg / trägt dick auf // telefoniert sich auf / die andere Seite.« Das ist ein kurzes Gedicht von Matthias Kehle, und es entstammt dem schmalen aber sehr schicken Hardcover-Band »Drahtamseln«, der im Rimbaud-Verlag erschienen ist und den ich unlängst endlich mal gelesen habe.
Kehle, den ich persönlich kenne, wohnt in Karlsruhe, wo er als Journalist und Autor tätig ist. In seinen Gedichten ist er sparsam, was die Worte angeht, und großzügig, was die Einladungen an die Leser betrifft, sich auf seine Zeilen einzulassen, auf seine Sicht der Dinge und der Welt.
In knappen Zeilen wirft er einen Blick auf Karlsruhe, auf den Zoo oder ein Einkaufszentrum; er verbindet Landschaftsbeschreibungen oder die Betrachtung von Graffiti mit kurzen Wortspielen. Das ist manchmal sehr lapidar, sehr trocken, dann wieder augenzwinkernd und ausgesprochen geschickt.
Manchmal hatte ich als Leser das Gefühl, den Autor vor mir zu sehen: Den Stift in der Hand, quasi vor den Mund gehalten, angespannt auf die Welt und ihre Wunder schauend.
Das Buch ist richtig schön, und man wird nicht dümmer davon, wenn man über einen längeren Zeitraum immer mal wieder ein Gedicht aus den »Drahtamseln« liest. So machte ich es zumindest: immer morgens, bevor es an die Trivialdeutsch-Front ging.
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