02 Oktober 2012

Slime und ich mögen nicht mehr


Zu Recht gehört Slime zu den prägenden Bands der Deutschpunk-Geschichte: Vor allem in der ersten Hälfte der 80er-Jahre setzten die Hamburger echte Maßstäbe. Die Musik war knallig und melodisch, die Texte politisch und klar, die Auftritte stets voller Energie.

Das ist dreißig Jahre her. Im Sommer 2012 kam die neue Platte raus, die den schönen Titel »sich fügen heißt lügen« trägt. Texte des anarchistischen Dichters Erich Mühsam werden dabei zu Musikstücken verarbeitet.

Ich kenne die neue Platte nicht, aber ich erhielt die CD »Rebellen 1979 – 2012« geschenkt, die es wohl als Gratis-Beilage zu irgendwelchen Musikzeitschriften gab. Ich hörte sie an, und ich wusste hinterher, warum ich mir die neue Platte nicht kaufen werde.

Es sind Stücke von früheren Platten enthalten: Höre ich heute »Deutschland« von der ersten Langspielplatte, erschienen 1981, läuft es mir heute noch kalt den Rücken hinunter. Diese Mischung aus knalligem Punk und Dub-Sounds, dieser Text, der für manchen plump klingen mag, der aber ein radikales Punk-Statement ersten Ranges ist – das Stück gehört zu meiner persönlichen Punk-Hitparade.

Auch andere Stücke auf dieser CD, die von alten Platten stammen, sind klasse. »Alle gegen Alle« ist immer noch super. Zwei alte Stücke gibt's in einer neuen Version von 2010 zu hören – das ist prompt nichts mehr, zu viel Rock, zu viel Hardrock, zu viel aufgesetzter Pathos.

Ganz schlimm sind aber die neuen Stücke. Im Doublebass-Gewitter versackt jeglicher Punkrock, das ist irgendeine bizarre Mischung aus Metal und Deutschrock. Das Stadion-Publikum, das bei den Toten Hosen oder bei Beatsteaks begeistert »abhottet«, wird diese kommerzielle Rock-Mixtur möglicherweise schätzen. Ich wand mich vor Entsetzen, als ich das hörte.

Verstehe mich bitte keiner falsch: Ich gönne der Band den späten Erfolg, dieser darf gern kommerziell sein. Aber mir muss ja nicht alles gefallen – und so krame ich von den alten Helden lieber die Vinylscheiben aus den frühen 80er-Jahren hervor und höre die zum hunderttausendsten Mal.

2 Kommentare:

Karl Nagel hat gesagt…

Habe eigentlich auch kein Problem damit, wenn irgendwelche Bands ein paar Euro einstreichen wollen. Aber bei SLIME ist das sehr problematisch. Mittlerweile reden auch sie von ihren "FANS" - ein Begriff, der ihnen früher nie über die Lippen gekommen wäre. Und als ich neulich hier an einer S-Bahnhaltestelle ein Werbeplakat für "Sich fügen heißt lügen" hinter einem GLASKASTEN gesehen habe, dachte ich mir ... genau das ist FÜGEN!
Du kannst keine fundamentale Systemkritik üben wie SLIME damals - und Dich derart präsentieren. Murks!

Anonym hat gesagt…

Im Gegensatz zu ihren beiden 90er Jahre Platten (Viba La Muerte und Schweineherbst) ist die neue Slime Platte aber doch recht Punkrockig. ausgefallen. Was ich aber bedenklicher find ist das die neue Platte auf einem Sublabel von EMI Records erscheint.