Wenn ich die Frau ansah, fiel mir sofort dieser alberne Bilderwitz ein: Er zeigte einen Steinzeitmenschen, der unter einem krakeligen »Tattoo«-Logo einem anderen Steinzeitmenschen eine Tätowierung verpasste, selbstverständlich mit einem Faustkeil und einem grobschlächtigen Hammer.
Die blauen Markierungen, die die Dame auf ihrem Oberarm und auf den nackten Beinen spazierentrug, sahen wirklich aus, als seien sie mit genau so einem vorsintflutlichen Gerät angefertigt worden. Es war wie bei einer toten Katze: Ich mußte hingucken, auch wenn es mir selbst peinlich vorkam. Aber was soll man machen, wenn einen die Neugier packt?
Wobei es so schlimm ja nicht wirkte. Eher krakelig und falsch. Bei Männern nennt man es »Knast-Tätowierung«, und ich habe gelegentlich jemanden kennengelernt, der sein Tattoo hinter Gittern bekam.
Bei der Frau allerdings: seltsam. Sie wirkte nicht heruntergekommen, sondern recht fit. Leichtes Sommerkleid, der frisch-augustigen Frühherbst-Temperatur nicht unbedingt angemessen, ein munteres Grinsen im Gesicht, so eilte sie an mir vorbei durch die Innenstadt. Sportliche Schuhe mit Absatz, nichts außergewöhnliches.
Nur die Tätowierungen, die aussahen, als sei ihr blaue Farbe über den Arm, den Ausschnitt und die Beine gekippt worden. Vielleicht hatte sie eine heftige Jugend, dachte ich und zog meines Weges.
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