27 März 2023

Redakteurskrankheit

Derzeit lese ich den Roman eines deutschen Schriftstellers, den ich sogar persönlich kenne. Der Roman ist gut, und ich stelle wieder einmal fest, wie gut der Kollege zu schreiben und zu recherchieren weiß. (Bevor jemand nachfragt: Es handelt sich nicht um ein aktuelles Werk, es ist schon einige Jahre alt.)

Aber auf fast jeder Seite denke ich, »das Wort ist falsch« oder »hier hätte der Absatz anders sein müssen«. Ich komme nicht dagegen an, und ich muss mich fast schon zwingen, nicht einen Stift zur Hand zu nehmen und während der Lektüre im Text herumzumalen. Zu allem Überfluss würde ich sogar behaupten, es handle sich nicht um meine Privatmeinung, sondern um die Feststellung ernsthafter Fehler.

Aber trete ich einen Schritt zurück, fällt mir wieder auf, dass es unterschiedliche Ansichten geben kann. Was ich für hundertprozentig richtig halte, kann ein anderer Autor – oder die Person im Lektorat, die zuständig ist –, offensichtlich völlig anders betrachten. Und tröstlich ist ohnehin, dass es den meisten Lesern nicht auffallen wird, welches Wort an welcher Stelle nun wie gewichtet wird. Wenn die Geschichte stimmig ist und spannend verläuft, sind das Marginalien.

Bloß blöd, dass mich solche Marginalien manchmal echt stören ...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich fühle da mit dir. Mir geht es inzwischen sogar so, dass ich nicht nur alles, was ich lese, mitlektoriere und vor allem korrigiere, sondern ich HÖRE inzwischen sogar Korrektur. Radio, Fernsehen, alles - sogar Werbung.

Christina hat gesagt…

Willkommen in meiner Welt! Ich kann kein Buch mehr zu Ende lesen, wenn zu viele Fehler und Unstimmigkeiten drin sind. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu schade.

Hans-Jürgen hat gesagt…

Stimmt. Ein Redakteur kommt gegen den instinktiven "Redigier-Impuls" nur mühsam an.😉