Vor einer Woche fuhr ich nach Leipzig, seither schwelge ich in Erinnerungen. Und je länger die schöne Messe zurück liegt, desto klarer wird mir, woher meine Begeisterung eigentlich kommt: Leipzig war und ist ein Con. Dazu muss ich wohl ein wenig länger ausholen.
Als der Begriff »Con« erstmals im deutschsprachigen Raum auftauchte und man ihn anfangs sogar mit »K« schrieb, war Science Fiction mehrheitlich eine Veranstaltung für junge Männer. Ein »Con« war ein Treffen, ein Kongress, und man traf sich, um zu diskutieren, Club-Interna zu verhandeln, Autoren zu treffen, Fanzines zu machen, an der eigenen Karriere zu feilen und vor allem auch Bier zu trinken.
Als ich 1979 in die Fan-Szene kam, gab es im Wesentlichen zwei Arten von Cons: die seriösen und die fannischen. Die seriösen Cons hatten ein Programm. Bei ihnen lasen Autoren aus ihren Werken, es wurde diskutiert, häufig auch über politische Inhalte. Bei den fannischen Cons – wie ich sie jahrelang veranstaltete – wurde vor allem viel Bier getrunken und viel gealbert. Die Science Fiction bildete die Grundlage für soziale Kontakte.
In den 90er-Jahren mehrten sich die sogenannten MediaCons, die sich vor allem an Filmen und Fernsehserien orientierten. Der Begriff »Con« wurde nun weiblich, und seither gibt es auch so Dinge wie »Tattoo Conventions«, die mit dem eigentlichen »Con« logischerweise nichts zu tun haben, wohl aber mit einer »Star Trek«-Veranstaltung.
Und heute? Allenthalben wird beklagt, auch von mir, dass das klassische Science-Fiction-Fandom so gut wie ausgestorben sei. Es gibt MediaCons und ComicCons, und es gibt allerlei Veranstaltungen, die irgendwie mit Science Fiction zu tun haben, bei denen ich aber schon angesichts des Programms weiß, dass es mich dorthin nicht verschlagen wird. (Der BuchmesseCon ist eine lobenswerte Ausnahme. Er boomt geradezu.)
Doch es gibt längst neue Formen der Veranstaltung: Ich habe das LiteraturCamp in Heidelberg schon dreimal besucht und halte es für eine wunderbare Verlängerung des klassischen Cons in die heutige Zeit, wenngleich die phantastische Literatur eine Randerscheinung ist. Aber viele Leute treffen sich, diskutieren über Literatur, streiten sich auch mal, trinken und essen gemeinsam – alles wie bei einem Con.
Und so war es auch in Leipzig. Der Bereich der Halle 2, in dem ich mich aufhielt, war geprägt von Science Fiction und Fantasy. Heerscharen von interessierten Lesern drängten sich um die Stände der kleinen Verlage – die in gewisser Weise die Nachfolger von Fanzines und Club-Publikationen sind, auch was die Auflagen angeht –, sie hörten sich die Lesungen an, sie diskutierten und holten sich Autogramme. Best gelaunte Autoren und Künstler waren unterwegs, man duzte sich flächendeckend, und von den sonst häufig feststellbaren Streitereien bekam ich nichts mit.
Leipzig war eine Messe, schon klar, und sie war ganz schön teuer. Zugleich aber hatte sie mehr vom »Con-Feeling« früherer Zeiten als mancher Con, den ich in den vergangenen Jahren besucht habe.
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