Es verschwimmt viel im Nebel der Erinnerung, und das ist normal. Aber ich erinnere mich noch gut, welchen prägenden Eindruck Josef Wintjes auf mich in den frühen 80er-Jahren machte. Und ich weiß noch, wie verblüfft ich auf die Todesmeldung starrte, die im Jahr 1995 bei mir eintraf.
Josef Wintjes, Jahrgang 1947, war ein Mitwirkender in der Alternativkultur der späten 60er-Jahre. Er förderte kleine Verlage und Literaturzeitschriften, verdiente mit ihnen auch sein Geld. In seinem »Ulcus Molle Info« schrieben er – und viele andere Autoren – über die sogenannte Alternativpresse, die unter seiner Ägide wuchs und gedieh.
Mancher Verlag, den man heute noch kennt, fing in dieser Zeit an, wuchs in den 70er-Jahren und brauchte Wintjes irgendwann nicht mehr. Die kleinen Verlage lernten, mit der Zeit zu gehen, und vertrieben ihre Bücher über das Barsortiment. Und die Hippies und Spontis der späten 60er-Jahre lernten in den 70er-Jahren nicht nur, dass Geldverdienen irgendwie cool war, sondern bestellten Bücher direkt beim Buchladen um die Ecke.
Das Literarische Informationszentrum verlor in den 80er-Jahren an Bedeutung. Ich war jahrelang ein fester Kunde, ich kaufte viele Bücher und Zeitschriften, die ich mit staunenden Augen durchblätterte. Später versuchte sich Wintjes mit der Zeitschrift »Impressum« an einem Dienst für Autoren und Verleger. (Nicht alles, was er veröffentlichte, war wirklich gut. Keine Frage ...)
In den 90er-Jahren mehrten sich seine Aufrufe, bei ihm einzukaufen. Das Geld wurde knapp, viele Kleinverleger zahlten ihre Rechnungen nicht. Der stets gemütlich wirkende »Biby«, dem ich nur einmal gegenüberstand, kam mit der neuen Zeit nicht mehr so gut klar. Was ihn ausgemacht hatte, war für die meisten nicht mehr so wichtig.
Als er 1995 starb, war ich schockiert. Mit seinen Arbeiten war Wintjes jemand, der Zeitschriften wie die »Federwelt« vorwegnahm, der die Selfpublisher-Szene schon in den 60er-Jahren förderte, als man den Begriff nicht kannte, und der stets seine Sympathie für Kleinverlage und unbekannte Autoren hatte.
Man müsste ihm eigentlich ein Denkmal setzen.
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