Als ich in den frühen 80er-Jahren politisiert wurde, ging ich immer wieder auf Demonstrationen: für den Umweltschutz und gegen das Waldsterben, für den Frieden und gegen die Nachrüstung, für die 35-Stunden-Woche und gegen Nazis. Die Demonstrationen waren teilweise sehr groß, es gab teilweise peinliche Reden, aber man lief halt mit.
Im Verlauf der 80er-Jahre und vor allem in den 90er-Jahren wurden die Demos, auf die ich ging, deutlich »konfrontativer«. Es gab häufig Ärger mit der Polizei oder mit den Kameraden in Bomberjacken, es prasselten Steine und Knüppelschläge. »Latsch-Demos« verachtete ich.
Mittlerweile bin ich über fünfzig Jahre alt und gehe immer noch auf Demonstrationen. Ich halte es für wichtig, für meine Meinung auf der Straße einzustehen. Das mögen manche Leute verspotten, von wegen, das ändere ja doch nichts – aber ich stehe zu meinen Ansichten und äußere sie öffentlich.
Deshalb war ich am Samstag auch bei der »Seebrücke«-Demonstration in Karlsruhe dabei. Ich hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie stattfindet, reihte mich dann spontan in den Demonstrationszug ein. Es war eine eher ruhige Demonstration: einige hundert Leute halt, meist ohne Parolen, durchaus fröhlich und in der Sonne auch positiv.
Die Reden bei der Zwischen- und bei der Abschlusskundgebung fand ich gut – nicht das Gelaber, das mir früher manche Demo verdorben hat. In einer Rede wurde gefordert, keine neue Bundeswehr-Fregatte nach Karlsruhe zu benennen, sondern eines der Rettungsschiffe. Gefordert wurde auch, dass sich Karlsruhe zu einem sicheren Hafen erklären möge. Bei diesen Forderungen gab es stets großen Applaus.
Man kann solche Demonstrationen jetzt als reine Symbolpolitik schmähen. Man kann sagen, dass sie nichts ändern. In Zeiten, wo die Thesen der Rechtsradikalen in bürgerlichen Medien ernsthaft diskutiert werden und der Diskurs auch im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen vor allem durch die Themen der Rechtsradikalen bestimmt werden, ist es aber wichtig, klar Flagge zu zeigen: für Menschlichkeit nämlich.
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