02 Dezember 2008

Wahnwitzige Nullnummer


Karl Nagel kann's nicht lassen. Der Mann wird's auch nie lassen. Seit ich ihn kenne, brütet sein unermüdliches Hirn immer wieder irgendwelchen Kram aus, den viele hassen, andere mögen und andere kopfschüttelnd in die Tonne kippen. Früher Fanzines wie Gogol und Fantastrips, später Hackfleisch und (mit dabei) Zap, in den 80er Jahren Punkrock mit Alte Kameraden und Preußens Gloria, dann Hardcore mit Morbid Outburst und Militant Mothers, in den 90er Jahren Chaostage und APPD, in den Nuller-Jahren dann die coolen PERRY-Comics.

Und jetzt »Die! Oder Wir« - abgekürzt »DOW«. Ein Comic im Zeitungsformat. Die Nullnummer liegt seit einiger Zeit vor, gibt's gratis bei diversen Versendern und vor allem zum Download auf der Homepage des herausgebenden Verlags.

Und demnächst wird's auch die ersten Comics zum Kaufen geben: Der angekündigte Preis von 99 Cent ist radikal und damit auch typisch Nagel - Comics sollen nämlich was für die »kleinen Leute« sein, für die, die nicht so viel Geld haben, und nicht für die geldschweren Conmic-Sammler.

Exakt das hält die Nullnummer ein: Nagel selbst läßt sich von den Zeichnern als geldgeilet Sack und »Schundhöker« ironisieren; die einleitenden Seiten, die das Programm vorstellen, gefallen mir besser als die punkigen Seiten, auf denen immerhin mal ein Gucky-Bild als Graffiti zu sehen ist.

Wer auf ästhetischen Chic steht oder den neuesten Comic-Trends hinterher läuft, kann das total doof finden. Man kann aber - wie ich - auch sagen, daß das ziemlich rotzig ist: Underground-Comix, wie sie in letzter Zeit eigentlich hierzulande nur noch Weißblech und andere Mini-Verlage herausgebracht haben.

Vielleicht ist das tatsächlich der bebilderte Soundtrack zur Finanzkrise. Und die teuren Graphic Novels (die ich mir als bürgerlicher Mittelständler gerne kaufe, harhar) bilden dagegen die bürgerliche Mittelstandsgesellschaft .

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