Die südliche Pfalz ist in den vergangenen Jahren zu einer Region für mich geworden, in der ich gerne Wein kaufe oder zwischen den Weinbergen spazieren gehe. In den 80er- und 90er-Jahren war sie allerdings eine Gegend, in der man Angst haben musste, beim Trampen von örtlichen Nazischlägern verdroschen zu werden oder wo unsereins gelegentlich zu körperlicher Auseinandersetzung mit Prügeldeppen gezwungen wurde.
In diesem Milieu spielt »Krach«, ein Roman von Tijan Sila. Der Autor ist in Bosnien geboren, kam als Flüchtling nach Deutschland und arbeitet heute als Lehrer. In den 90er-Jahren hatte er eine Punk-Band; ich weiß aber nicht, ob ich sie jemals gesehen habe. Glaubt man seinem Facebook-Account, müssen wir schon auf den gleichen Konzerten gewesen sein.
Sein Buch spielt in den 90er-Jahren und in der Pfalz. Der jugendliche Held geht noch zur Schule, hasst eigentlich seine komplette Umwelt und spielt in einer Punk-Band. Mit der treten seine Kumpels und er in besetzten Häusern oder Jugendhäusern auf. Dazwischen gibt es erste Versuche, sich ernsthaft zu verlieben, und einige realistisch geschilderte Schlägereien.
Und es gibt Dialoge, die großartig sind! Tijan Silas Figuren reden mal Dialekt, mal hochdeutsch; es gibt Lehnwörter aus dem Bodnischen und Slangbegriffe, die ich aus meiner Gegend kenne. (Über »Tschukkekahler« mache ich mal einen speziellen Text, glaube ich.) Das ist spannend, das treibt die Handlung, das ist ein literarisches Spiel.
Wer mag, kann »Krach« als starken Punkrock-Roman lesen. Wer mag, kann ihn als literarisches Feuerwerk feiern. Beides ist richtig: »Krach« ist ein verdammt guter Roman!
6 Kommentare:
Weitere Informationen zu »Krach« – auch eine Leseprobe – gibt es auf der Internet-Seite des Verlags:
https://www.kiwi-verlag.de/buch/tijan-sila-krach-9783462053753
Bei Instagram findet man Tijan Sila auch. Hier:
https://www.instagram.com/tijansila
Hier geht’s zum Facebook-Account von Tijan Sila:
https://www.facebook.com/p/Tijan-Sila-100013318449561
Lese ich auch gerade und mag es sehr. Der Ortsname des Hauptortes (Calvusberg) ist aber ausgedacht, oder? Weißt du, welche Stadt gemeint bzw. beschrieben ist?
Mir ist nicht klar, was Calvusberg sein könnte. Bad Dürkheim käme in Frage; das war aber in den 90er-Jahren stark von der Emo-Szene geprägt, und das würde der Roman ja widerspiegeln. Ich denke, es könnte oder müsste Landau sein – aber sehr stark verfremdet. Das allerdings ist nur geraten. Aber die hatten ja immer eine Punkrock-Szene und entsprechende Bands dort.
Ganz starkes Buch, habe es in einem Zug durchgelesen. Sein aktuelles Buch "Radio Sarajevo" finde ich sogar noch ein bißchen besser, auch wenn es kein Punkrock-Roman ist.
Ich fand das auch supergut. Wenn Dir das gefallen hat, dann musst Du unbedingt auch "Radio Sarajevo" lesen, das ist zwar kein Punkrock-Roman, aber noch ein bißchen besser.
»Radio Sarajevo« habe ich auch schon gelesen und hier rezensiert; supergut geschrieben. Hier ist der Link:
https://enpunkt.blogspot.com/2024/11/jugendlicher-blick-auf-einen-krieg.html
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