Wenn es einen Klassiker des Western-Comics gibt, ist es unzweifelhaft »Leutnant Blueberry« – irgendwann verschwand der Offizierstitel aus dem Titel der Serie. Das Gemeinschaftswerk des Szenaristen Jean-Michel Charlier und des Zeichners Jean Giraud faszinierte seine Leser über die Jahrzehnte hinweg und gilt auch heute noch als Standardwerk. Es liegt nahe, einen solchen Erfolg in eine moderne Form zu überführen.
Deshalb gibt es nun die Reihe »Eine Hommage an Leutnant Blueberry«, von der 2020 der erste Band auch in deutscher Sprache erschienen ist. Ich habe mittlerweile »Das Trauma der Apachen« gelesen: Mir hat die Geschichte trotz einiger Schwächen gut gefallen, und ich bin auf die Fortsetzung gespannt. Wer die alten »Blueberry«-Geschichten mochte, sollte zumindest einen Blick riskieren.
Die Geschichte ist zeitlich nicht klar einzuordnen. Sie spielt eher in der Frühzeit der Serie, wenngleich da nicht passt, dass die Apachen offenbar schon alle in Reservaten leben. Aber so historisch exakt ist der originale »Blueberry« sowieso nicht gewesen, weshalb das nicht weiter stören sollte.
In der Nähe eines Apachen-Reservats hat sich ein fanatischer Prediger mit seiner Gemeinde niedergelassen. Drei junge Leute aus dieser Gemeinde töten zwei Apachinnen – und prompt schwört ein vergleichsweise unbedeutender Häuptling blutige Rache. Es droht ein bewaffneter Konflikt zwischen Siedlern und Apachen. Leutnant Blueberry, der die Apachen gut kennt, versucht zu vermitteln.
Seien wir fair: Joann Sfar, der sich in verschiedenen Comic-Bereichen betätigt hat, kommt mit dem »Blueberry«-Mythos gut klar. Seine Handlung setzt auf die bekannten Elemente. Der junge Leutnant spricht gern dem Alkohol zu, ist aber mit den Schusswaffen ziemlich klasse, hat auch ein Händchen für die Damenwelt und weiß, wie man sich mit Apachen verständigt.
Das alles wird in der Handlung klar erzählt, das funktioniert auch und ist stimmig – wenngleich es sich eher am »alten« Charme der »Blueberry«-Comics orientiert und nicht am Spätwerk. Mit Jimmy McClure taucht immerhin einer der Nebenfiguren der Serie auf, und dieser wird gut in Szene gesetzt.
Künstlerisch kann mich der Comic nur streckenweise überzeugen. Christophe Blain ist kein schlechter Zeichner, bleibt aber derart weit hinter dem Niveau zurück, das Jean Giraud in seiner Laufbahn hinbekam, dass ich immer wieder enttäuscht auf einzelne Bilder blickte. Keine Ahnung, ob er es nicht besser kann – oder ob er bewusst versuchte, in einem altmodischen Stil zu zeichnen. Weder die Action noch die Gesichter sind überzeugend; sie sind aber auch nicht komplett mies.
So bleibt »Das Trauma der Apachen« ein durchaus lesens- und betrachtenswerter Comic, aber keiner, den man unbedingt haben muss. Als Hommage an einen klassischen Western-Comic kann man das lassen – aber ein Pflichtkauf ist dieser Band sicher nicht.
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