Endlich habe ich den Klassiker gelesen: »Cannery Row« von John Steinbeck, erstmals 1953 in deutscher Sprache erschienen – und diese Ausgabe des Züricher Steinberg-Verlages besitze ich sogar. Und seit ich im November 2005 in der Straße der Ölsardinen war, in der kalifornischen Stadt Monterey, hat diese Gegend für mich eine zusätzliche Bedeutung.
Was John Steinbeck in seinem Roman erzählt, ist eine wunderbare Schnurre: Bunte Charaktere werden vor den Augen des Lesers lebendig, die schräge Abenteuer erleben, die tragische Geschichten zu erzählen wissen, die vielleicht keine guten Menschen im Sinne der bürgerlichen Logik sind, die aber dennoch ein großes Herz besitzen – und die es vor allem verstehen, großartige Feste zu feiern.
Ein geradlinig erzählter Roman ist »Cannery Row« nicht. Aber einer der Bücher, für die ich getrost einen Altar bauen könnte. Das ist meinetwegen zwar »hohe Literatur«, aber derart unterhaltsam, daß ich das Buch bis nachts nach ein Uhr lesen mußte – obwohl ich am nächsten Tag um sechs Uhr aufzustehen habe.
Das nenne ich Begeisterung!
5 Kommentare:
Eines meiner erklärten Lieblingsbücher. (Und ganz klar "hohe Literatur", zumindest nach dem üblichen deutschen Kriterium, dass "hohe" Literatur die mit den hohen Prestigewert ist: Steinbeck war immerhin Nobelpreisträger.)
Salut Klaus,
ich muss ein wenig schmunzeln darüber, dass ein Buch zwar "hohe Literatur" sei, aber doch überraschend unterhaltsam, als würde sich das normalerweise automatisch ausschließen. Aber das ist ja nicht so. Eine der größten Entdeckungen bei der "hohen Literatur" ist wohl, dass ein Unterhaltungswert bei diesen Bücher eben *nicht* automatisch ausschgeschlossen ist. Gerade die amerikanischen Schriftsteller des 20. Jhds haben mit ihren Büchern bewiesen, dass hoher literarischer Anspruch auch sehr unterhaltend erzählt werden kann. (ok, das klingt wie eine literaturwissenschaftliche Seminaraussage, aber hey, ich studiere Literaturwissenschaft *zwinker*) Die deutsche Literarur beginnt gerade nachzuziehen... Auf weitere Entdeckungen! :-)
lg Ten.
P.S. Ein Tipp von mir: Hubert Selby: "Letzte Ausfahrt Brooklyn"
Zu meinen Favoriten amerikanischer "Hochliteratur" gehört beispielsweise Caldwells "Tobacco Road" - so was zieht mich komplett rein, so was finde ich super. Bei den amerikanischen Autoren, da stimme ich Dir zu, gibt es nicht diesen Dünkel, man müsse mit Literatur unbedingt langweilen, damit sie gut sei.
Unvergessen für mich mein Versuch, mal eine Novelle von Martin Walser zu lesen, spielt am Bodensee: fürchterlich langweilig, fürchterlich umständlich geschrieben, eine eigentlich gute Geschichte kaputt geschossen. Nie wieder. Böll hingegen finde ich echt unterhaltsam.
Wo es um Hochliteratur geht, ich hoffe mich da nicht zu verirren, lese ich nämlich nicht weil ich es nicht verifizieren kann! Aber hast du, lieber Klaus, "Warten auf Godot" gelesen? Ist wohl ein Klassiker aber sogar ich find das genial.
Böll hatte es beim (konservativen) deutschen literarischen Etablishment und deutschen Deutschlehren erst "geschafft", als er den Nobelpreis in der Tasche hatte.
Zumindest für Literaturkritiker und solche, die es gerne wären, gilt nach wie vor die Faustregel aus "Literatur für Hochstapler":
Gut gemacht und gern gelesen?
Dann wär' es nichts für uns gewesen!
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