(Um es vorwegzunehmen: Dieser Text wurde im Jahr 2000 in meinem Fanzine ENPUNKT veröffentlicht. Es bietet sich an, ihn nach all den Jahren mal wieder aus der Versenkung zu holen.)
Mein Gott, es gibt sie noch! Das war mein erster Gedanke, als ich die Gerüchte hörte, die Würmtal-Zecken hätten sich für ein Konzert zusammengetan. Das stimmte leider nicht, aber jetzt gibt es eine Platte, auf der die sagenumwobenen Aufnahmen von 1981 enthalten sind. Und ich bin völlig begeistert!
1981 war ich natürlich noch kein richtiger Punkrocker (wobei sich eh die Frage stellt, ob ich das jemals war, aber die Beantwortung überlasse ich der Geschichte). Aber von WTZ, den Würmtal-Zecken, hatte man auch in meinem Dorf schon irgendwann mal gehört. Im »Schwarzwälder Boten« gab es einen Artikel über diese Band, bei deren Auftritten es angeblich immer Randale gab – sie spielten mal im Jugendhaus in Calw, und dabei kam es zu größeren Ausschreitungen.
Leider schafften es die Würmtal-Zecken nie nach Freudenstadt ins Jugendzentrum. Bis ich anfing, in dem Laden selbst Konzerte zu veranstalten, hatte sich die Band leider bereits aufgelöst. Aber einmal sah ich sie ... es muss so im Sommer 1982 gewesen sein, und zwar im Jugendzentrum in Renningen.
Dort besuchte ich damals Günther Freunek, es war eine absolut lästige Tramperei quer durch den Schwarzwald (über Altensteig und Calw und schauderhafte andere Kleinstädte und Käffer), ich brauchte einen halben Tag für schlappe sechzig Kilometer, und als ich ankam, musste ich erst einmal drei, vier Dosen Bier allein trinken.
Günther war an diesem Wochenende ziemlich genervt von mir, aber er ertrug meinen Besuch einen langen Freitagabend lang und einen ganzen Samstag über. Dass mich seine Eltern am Sonntag nicht mehr auch nur eines Blickes würdigten, wunderte mich dann natürlich nicht. Na ja, so richtig schlau waren wir damals alle nicht.
Auf jeden Fall pilgerten wir am Samstagabend dann ins Jugendhaus in Renningen, wo unter anderem die Würmtal-Zecken spielen sollten. Günther besuchte sein erstes Punk-Konzert an diesem Abend, und es sollte wohl so ziemlich sein letztes sein – ach nein, zwischendurch sah er sich auch mal gezwungenermaßen Sound Of One Hand im Freudenstädter Jugendzentrum an. Und ich war so aus dem Häuschen, dass ich mir innerhalb kürzester Zeit ganz viel Bier hinter die Binde schüttete.
Man muss sich das mal vorstellen: Renningen ist eine typische Kleinstadt, eine bessere Daimler-Benz-Siedlung – und dort fielen an diesem Abend einige völlig besoffene Punks ein. Die örtliche Jugend, die mangels Alternative ebenso auf dieses Konzert ging wie einige Punks aus dem Stuttgarter Umfeld, reagierte teilweise begeistert, teilweise abgestoßen. Ich war völlig begeistert, freute mich über die Frisuren und ärgerte mich, dass ich keine Nietenlederjacke hatte. Die Band selbst war nicht so besonders, fand ich, aber es war ein klasse Abend.
Ich schrieb darüber einen Bericht in meinem Fanzine Der Freak, das ich zu dieser Zeit herausgab. Das Ding wurde damals in der Schule (Eduard-Spranger-Gymnasium oder so) in Freudenstadt mit Hilfe eines Umdruckers (so ein Matritzen-Gerät) kopiert und an Freunde und Bekannte verschickt. Ich selbst habe leider keine Ausgabe mehr davon, sonst würde ich hier den entsprechenden Bericht kopieren. Falls jemand noch so ein Mini-Fanzine hat (vier oder sechs Seiten Umfang!), möge er oder sie es bitte kopieren und mir zusenden!
Tatsache ist, dass es jetzt von dieser großartigen Band jener frühen Tage einige Aufnahmen gibt, die 1981 eingespielt und 1999 wieder aufgefunden und neu abgemischt wurden. Grandios! Und die Leute vom Plastic Bomb, die sich natürlich an solchen ollen Kamellen erfreuen, haben daraus eine Platte gemacht, die es auf CD und auf LP gibt. Ich bin begeistert und kann diese Platte nur allen ans Herz legen, die ein Herz für alten Deutschpunk haben. So muss er klingen, denn so klang es 1981!
Das einzige, was mir zu meinem Glück noch fehlt, ist ein Auftritt von WTZ – am besten im Jugendhaus in Renningen. Ob das noch steht?
1 Kommentar:
Wer wissen möchte, wie sich die Würmtal-Zecken anhören, muss einfach bei YouTube gucken. Hier beispielsweise:
https://www.youtube.com/watch?v=37Juhje2Bq8
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