Dienstag abend in Karlsruhe: Die Ausläufer eines Sturmes pfeifen noch über Süddeutschland hinweg, in Karlsruhe ist schon wieder alles vorbei. Als ich mit dem Rad durch die nächtlichen Straßen flitze, muß ich dennoch aufpassen, daß ich nicht durch herumliegende Äste oder groben Unrat auf die Nase purzle. Aber natürlich passiert nichts, und es ist vergleichsweise warm.
Ich schaffe es erst gegen 22 Uhr ins »Substage«; das kommt davon, wenn man lange arbeitet und dann daheim noch vespern will. Nein, das ist nicht sonderlich punkig. So verpasse ich prompt die erste Band, Rentokill aus Österreich.
Dafür bekomme ich Strike Anywhere aus Amiland noch ziemlich komplett mit; sehr schön. Schätzungsweise 200 Besucher verlieren sich fast im Beton-Keller unter dem Ettlinger Tor, das Publikum ist recht jung und zu 90 Prozent männlich, und die Stimmung bleibt eher verhalten.
Man hüpft ein bißchen, und wenn die Band dazu auffordert, geht man ein bißchen näher in Richtung Bühnenrand. Gelegentlich wird ein wenig Karate-Pogo vorgeführt, aber die Herren vor der Bühne halten im Schnitt nicht mal ein komplettes Lied durch. Da bleibt mein Gewissen rein, wenn ich gemütlich am Rand stehe, ein Bier nach dem anderen trinke, ein bißchen mit dem Kopf wackle und mir das Konzert mit fröhlichem Grinsen anschaue.
Der Sänger ist ein Netter. Mit freundlicher Stimme macht er seine Ansagen, seine Show ist höflich und korrekt, und er scheint sich ernsthaft zu freuen. Mir kommt das ganze dann schon wieder zu brav vor; Punk dieser Art ist definitiv schwiegermuttertauglich. Aber ich will nicht lästern, die Band ist schließlich gut und macht Spaß.
Etwa eine Stunde später stehe ich noch labernd im Freien herum und friere mir ein wenig den Arsch ab. Irgendwie scheint die Temperatur während des Konzerts um einige Grad gesunken zu sein. Und als ich gegen halb ein Uhr nachts wieder durch die Straßen flitze, stelle ich fest, daß fast kein Wind mehr geht, daß ich aber richtig friere. Wo bleibt eigentlich der Klimawandel, wenn man ihn braucht?
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