13 Juni 2020

Man wird ja wohl noch träumen dürfen

Dass sich Politiker immer wieder als bestechlich erweisen oder dass herauskommt, wie sehr sie in manipulative Umtriebe der Wirtschaft verwickelt sind, ist ja leider nichts, das mich überrascht und zu sehr aufregt. Deshalb kann ich mich über die aktuellen Themen kaum ärgern: In meiner Wahrnehmung sind Politiker vor allem der sogenannten großen Parteien immer in Gefahr, von Lobbyisten und anderen Gruppierungen beeinflusst zu werden.

Gelegentlich erwacht in mir da der jugendlich-naive Kleinstädter, der ich einmal war. Ich wünsche mir, dass die Politik dem Gemeinwesen dient und auch der Politiker sich für das Gemeinwesen engagiert. (Hab ich mal erzählt, dass ich Mitglied in der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik war? Oder so ähnlich. Das ist lange her.) Leider ist es so, dass ich praktisch keinem Politiker mehr glaube, vor allem, wenn er irgendwas mit einem »aufrichtigen Unterton« oder mit einem klar formulieren »ehrlich« präsentiert.

Nur weiß ich nicht, was die Alternative ist. Irgendwann in den späten 80er- und dann in den 90er-Jahren habe ich massiv für »Anti-Politik« argumentiert, für Wahlenthaltung mich ausgesprochen oder das Abgeben ungültiger Stimmen, habe mich auch aus unterschiedlichen Gründen in der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (APPD) engagiert. Verwirrenderweise kippte die nach einiger Zeit ebenfalls in so ein politisch-grausiges Fahrwasser ab, zumindest in Teilen.

Das Beharren auf ein »ich bin unpolitisch« kann es nicht sein. Also schleppe ich mich regelmäßig zur Wahl, mache meine Kreuzchen, freue mich ein wenig darüber, wenn nicht immer nur die Christdemokraten ihre Mehrheiten holen, und verachte ansonsten die Menschen, die in der Politik tätig sind. Aber das kann es ja kaum sein.

Vielleicht sollte ich wieder mehr träumen: von korrekten Politikern, von sauberen Systemen, von einer kritischen Öffentlichkeit, die gehört wird, von Diskussionen mit Hirn und Herz. Das ändert vielleicht nichts, aber es mag mir persönlich besser gehen ...

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