20 Juli 2017

Bärtige Plaudereien von 1964

Als die erste Ausgabe des Fanzines »bärtige pladerein« erschien, konnte ich noch nicht gehen und war nicht in der Lage, ganze Sätze zu sprechen: Das Fanzine wurde von Axel Melhardt geschrieben und veröffentlicht, es kam am 24. August 1964 aus der Umdruckmaschine.

Vor allem wurde das Fanzine als Beilage der Fanzine-Sammlung »FAN« verschickt – damals in diesen Vor-Internet-Zeiten ein wichtiges Instrument zur Kontaktpflege zwischen Science-Fiction-Aktivisten. Man konnte es zwar auch separat erhalten, wichtig erschien dem Herausgeber aber die Möglichkeit, mithilfe seines Blattes allerlei Auseinandersetzungen über die Science Fiction und ihre Fans anzustoßen.

Der Bart im Titel spielt auf die Haartracht an, die sich Melhardt – damals ein junger Fan, heute der Chef des »Jazzland« in Wien – in den 60er-Jahren wachsen ließ. Und wer nicht weiß, dass »pladerein« ein österreichischer Begriff für »Plaudereien« ist, den stört sicher auch nicht, dass im acht Seiten umfassenden Mini-Fanzine ständig von »plauderein« die Rede ist; da war sich der Macher nicht so ganz über den Titel einig ...

Ein launiger Conbericht gehört ebenso zum Inhalt wie eine Diskussion über »Bewertungssysteme in der SF-Literatur«; der damalige Jung-Fan Eckhard D. Marwitz wird wegen der »masslosen Ueberschätzung der eigenen Person« kritisiert, und es wird über Fanzines geplaudet. Axel Melhardt, Jahrgang 1943, war damals ein junger Mann und stets an einer handfesten Auseinandersetzung interessiert. Das merkt man dem Fanzine an.

Er hätte gern stärker über die Science Fiction diskutieren wollen, kritisierte gleichzeitig aber die »Inaktivität und Faulheit diverser Leutchen, wünschte sich eine intensivere Diskussion mit anderen Fanzinemachern und nannte Themen, die ihn interessierten. Seine Erwartungen seien hoffentlich »keine Fantasy« äußerte er am Ende – womit belegt sein dürfte, dass der Begriff »Fantasy« als Bestandteil der phantastischen Literatur im deutschsprachigen Raum schon in den 60er-Jahren bekannt war.

Ich liebe diese Einblicke in eine Fan-Szene, die lange vor meiner »eigenen Zeit« lag. Vieles war damals völlig neu, die Fans konnten sich noch frei entfalten – Grundregeln der Höflichkeit wurden jederzeit eingehalten. Diese Regeln sind im Internet-Zeitalter nicht mehr unbedingt üblich ...

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