Ab und zu habe ich Lust, mich auf echte Klassiker einzulassen; da bin ich dann erstaunlich zäh. So auch bei diesem Roman – oder meinetwegen eine Novelle –, bei dem eigentlich so viel nicht passiert hat, bei dem man aber ganz schön viel interpretieren kann, wenn man möchte. Gerade die interpretierbaren Dinge fand ich allerdings eher schlapp: das viele Nachdenken über den Lauf der Welt und die religiösen Andeutungen etwa.
Unterhaltsam war die Geschichte allemal: Der alte kubanische Fischer, der seit langem nichts mehr gefangen hat, der dann noch einmal allein hinausgeht aufs offene Meer und sich dort einen Kampf mit einem großen Fisch liefert – das ist faszinierend. Auch die Tragik der Geschichte, ihr letztlich trauriges Ende, das alles fand ich unterhaltsam, und das packte mich.Umgehauen hat mich die Geschichte nicht. Sicher liegt das daran, dass ich sie kannte; der »Boa hey«-Effekt, den sie 1952 hervorrief, ist 2015 zudem sowieso nicht mehr so leicht zu schaffen. Und Hemingway wäre heute, schriebe er dieselben Texte, bei weitem nicht so »cool« wie vor 60 oder 70 Jahren. Da nagt einfach der Zahn der Zeit an den Texten.
Es ist allerdings klar, warum »Der alte Mann und das Meer« in den 50er-Jahren so erfolgreich wurde: Die Mixtur aus schlichter Sprache, vorgeblich einfacher Geschichte und intellektuellem Hintergrund begeisterte die Kritik und die normalen Leser gleichermaßen. Man kann das heute sehr wohl noch spüren, und das schwingt sicher mit, wenn man den Text mit den Augen von heute liest.
Sagen wir es so: Ich habe nicht bereut, »Der alte Mann und das Meer« noch einmal gelesen zu haben. Das Buch ist ein Klassiker, und man erkennt nach wie vor seine Bedeutung Ob man es gelesen haben muss, wenn man kein Experte für amerikanische Literatur ist, weiß ich allerdings nicht ...











