02 November 2014

Ruhe versus Unruhe

Gelegentlich packt mich in diesen Tagen die Empfindung, dass mein Leben ganz schön brav und langweilig geworden ist – man könnte auch sagen, es sei bürgerlich geworden: Ich gehe zur Arbeit, ich kümmere mich abends meist auch um arbeitstechnische Dinge und verbringe viele Wochenenden damit, Manuskripte und andere Texte zu lesen oder sie zu bearbeiten. Sonderlich »punkig« ist das nun wirklich nicht.

Schaue ich zwanzig Jahre in die Vergangenheit, erkenne ich, wie sich vieles verändert hat. Bei vielen Wochenenden wusste ich nicht, wo ich am Sonntag morgen aufwachen würde – vielleicht in einer Polizeizelle oder in einer Absturz-WG? –, und die gelegentlichen körperlichen Auseinandersetzungen in Verbindung mit viel zu viel Alkohol brachten es mit sich, dass ich wenig Hirn für teures Essen und schönen Rotwein aufbringen konnte.

Schöner Nebeneffekt: Vor zwanzig Jahren futterte ich wie ein Scheunendrescher und nahm nicht zu ... Der schöne Nebeneffekt heute: Ich schleppe mich montags nicht mit Beulen auf dem Hinterkopf oder grüngetretenen Schienbeinen zur Arbeit. Und ich muss nicht dienstags anrufen und mir für mein Fehlen am Vortag eine schlaue Entschuldigung ausdenken.

Wahrscheinlich ist das normal: Wer älter wird, bekommt eine gewisse Ruhe, der Bauch scheint unweigerlich zu wachsen. Dass ich nicht so richtig zufrieden bin, ist da doch geradezu beruhigend ...

1 Kommentar:

Wolfgang G Wettach hat gesagt…

Da fühle ich mit dir. Ich war nie Punk, aber was immer ich war, so ganz bin ich das nicht mehr und zum Teil ist das gut.

Die Lebendigkeit, die dir aus früheren Zeiten fehlt, ist es auch heute noch wert, verfolgt, angestrebt und gelebt zu werden. Ich gebe mir jedenfalls Mühe und das schönste sind die Zeiten, in denen es gar keine macht.

Mein Rat wäre: Ein büschen weniger "Weisst du noch..." und ein büschen mehr "Lass uns mal wieder..."

In diesem Sinne :-) WGW