11 September 2014

Der Mann im dunklen Anzug

Es war einer der letzten heißen Tage in diesem August, bevor die Schlechtwetterperiode über Süddeutschland hereinbrach. Wir standen mit unserem Auto vor dem Eingang zur Waschstraße, in einer Schlange mit anderen Autofahrern, die alle am selben Samstag dieselbe Idee gehabt hatten: Man könnte in diesem Sommer doch wenigstens einmal die Karre sauber durch die Gegend chauffieren.

Wir standen müßig in der Sonne oder im Schatten, redeten belangloses Zeugs und lungerten herum. Und während wir so warteten, gingen wir auf und ab, beobachteten die Leute, die gemütlich durch den Park um die Ecke spazierten, oder die hektisch ihre Einkäufe nach Hause schleppten.

Auf einmal kam ein Mann um die Ecke. Wieso sich ein Fußgänger in den Zufahrtsbereich zur Waschstraße verirrte, verstand ich nicht. Er wohl ebensowenig. Er trug eine Dose Bier in der Hand, und sein rotes Gesicht verriet, dass er schon ordentlich alkoholisiert war.

Nichts besonderes in dieser Ecke, wo sich vor allem um die Dämmerung genügend Trunkenbolde am Eingang zum Park einfanden, um Dosenbier von der Tankstelle zu vernichten. Doch jetzt hatten wir hellichten Tag, es war echt heiß, und der Mann wirkte – das wirkte tatsächlich verwirrend – mit seinem schwarzen Anzug, der dunklen Krawatte, dem weißen Hemd und den schwarzen Schuhen durchaus seriös.

Er hätte seriös gewirkt. So aber torkelte er schon ein wenig, brabbelte vor sich hin, trank aus seiner Bierdose und kam so langsam zu den wartenden Autofahrern. Wir hatten Glück, denn uns sprach er nicht an. Aber er näherte sich dem Fahrer eines schicken Cabriolets, beugte sich bei ihm über die Tür und sprach auf ihn ein.

Der Fahrer wandte sein Gesicht zur Seite, in der Mimik den Ausdruck von Ekel. Er schüttelte abweisend den Kopf. Ich verstand kein Wort, weil die Waschstraße direkt neben mir gerade mit der Grundreinigung eines Autos begann. Die beiden Männer gerieten in einen Wortwechsel, der Cabriofahrer schien heftig zu werden.

Irgendwann trollte sich der Mann im Anzug. Er wankte zu einem alten Container, keine fünf Meter von uns entfernt, stellte seine Dose ordentlich ab und pinkelte gegen das rostige Metall. Dann ging er weiter, trinkend, torkelnd und redend.

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