28 Mai 2007

Ein Liebesroman, zumindest der Anfang

Letztes Jahr um diese Zeit versuchte ich mich an einem Liebesroman. Kein Witz!, es war auch einigermaßen ambitioniert gemeint.

41.000 Anschläge bekam ich auch hin, das fand ich nicht schlecht - entspricht etwa dem Fünftel eines Heftromans für diejenigen, die es etwas genauer wissen wollen. Dann machte ich aber nicht weiter, weil ich zu nichts mehr kam ...

Und weil ich feststellte, was für eine fiese Arbeit das für mich war: Ich mußte ja versuchen, etwas zu schreiben, das ich selbst kaum lesen würde. Eine Lektorin in einem Verlag fand's ganz brauchbar, aber nicht soo arg, und zwei Testleserinnen meinten, man würde halt merken, daß ich ein Mann sei.

Arrrgl. Als Pfingstmontags-Gruß jetzt einfach mal das erste Kapitel von »Hollywood Carmel«, so der Arbeitstitel - steht im Kommentar.

2 Kommentare:

Enpunkt hat gesagt…

»Cheers, Hollywood!« Linda Kemper lächelte ihrer schlanken Silhouette zu, die sich als hellgrauer Schatten in der breiten Fensterfront spiegelte, und hob das Glas mit dem sanft perlenden Champagner. »Auf uns und auf die nächsten Tage!«

Sie nahm einen vorsichtigen Schluck und genoss die spritzige Flüssigkeit auf ihrer Zunge. Langsam ließ sie das Glas sinken, betrachtete die Perlen, die aufstiegen und lautlos zerginge. Linda atmete tief durch und blickte über das gigantische Häusermeer zu ihren Füßen: Häuser und Straßen, angeordnet in gleichmäßigen Rechtecken, die sich am Horizont in diesigem Dunst verloren, bis dort die Hochhäuser von Downtown L.A. aufragten. Auf die Entfernung wirkten die grauen Bürogebäude wie eine Festung, die aus dem niederen Umfeld herausragte.

»Endlich da«, sagte Linda leise, »und es wird schön werden.« Sie freute sich darauf, als Journalistin in der kalifornischen Metropole aktiv werden und Schauspieler interviewen zu können. Mit der rechten Hand rieb sie sich über die Wangen, mal rechts, mal links, und tätschelte sie. Fit sein sollte sie für den Abend, es war zu wenig Zeit, sich von dem Flug zu erholen. Das Grün ihrer Augen schien sich in der Scheibe vor ihr zu spiegeln.

Lindas Blick saugte sich an dem leuchtenden Grün der Bäume und Büsche fest, die das großzügige Grundstück oberhalb des Miller Drive umrahmten. Zwei Vögel kreisten träge in der grellblauen Luft, bevor sie im Blättermeer verschwanden. Außerhalb des Appartements herrschte die Hitze eines kalifornischen Frühsommertages, von der sie im klimatisierten Wohnzimmer nichts spürte.

Sie bewegte ihre Zehen, spürte den flauschigen Teppich, der vor der Fensterfront lag, und wippte auf den Fußballen. Linda liebte es, wenn sie sich bewegen konnte, wenn sie ihre Fußsohlen auf heißem Sand oder einem weichen Teppich abrollte. Seit sie im Flugzeug gesessen war, hatte sie sich auf diesen Anblick gefreut: das Häusermeer von Los Angeles zu ihren Füßen, der blaue Himmel über ihrem Kopf, ein packendes Programm für den Abend und die lange, laue Nacht vor sich.

Linda trank das Glas leer und stellte es auf den kleinen Glastisch zurück. Die Flasche hatte dort im Sektkühler auf sie gewartet, als sie die Wohnung betreten hatte. Gute Organisation, dachte Linda, das haben die wirklich gut gemacht. Noch immer war die Flasche eiskalt, feine Wassertropfen bedeckten den schlanken grünen Flaschenhals. Sie spürte die Kälte an ihrer Haut, es prickelte geradezu, und die feinen Härchen an den Unterarmen richteten sich auf.

Sie griff nach ihrer Handtasche und überprüfte die Unterlagen. Das Flugticket packte sie sofort zur Seite, das würde sie so schnell nicht wieder brauchen. »Heute abend ins Chinese Theater, zumindest um die Ecke, Ort noch geheim, aber das ist der Anhaltspunkt«, murmelte sie, während sie die Notizen durchblätterte, »es geht also richtig los. Vorbesprechung für die Interviews.«

Linda war auf die amerikanischen Schauspieler gespannt, die sie nur aus den Medien kannte. In Deutschland hatte sie sich als freie Journalistin einen guten Namen gemacht, dort kannte sie fast alle Medienpersönlichkeiten: Für verschiedene Magazine und Fernsehsender führte sie Hintergrundgespräche, vorzugsweise mit Schauspielern, Regisseuren und Produzenten, über die sie große Reportagen verfasste.

Manchmal stand sie selbst vor der Kamera, führte Interviews fürs Fernsehen oder kommentierte Ereignisse auf dem Roten Teppich, in Berlin, in Cannes, sogar in London und Rom. In Los Angeles weilte sie das erste Mal aus beruflichen Gründen. Bislang hatte sie die USA nur privat zum Shopping besucht, kurze Trips nach Miami und New York eben. Die Glitzerwelt von Hollywood ... Linda wusste selbst, dass dies nicht viel mit der Realität zu tun hatte, aber sie träumte seit ihrer Kindheit von Hollywood, von Schauspielern wie Robert Redford und Richard Gere, von ...

An der Tür ertönte ein seltsames Geräusch, fast ein Klopfen. Reflexartig drehte sich Linda herum »Ist da jemand?«, rief sie spontan auf deutsch, bevor ihr bewusst wurde, dass dies hier kaum jemand verstehen würde.

Nach dem langen Blick hinaus in die Helligkeit des späten Nachmittags erschien ihr das Appartement mit dem großen Wohnzimmer auf einmal düster. Sie brauchte einen Augenblick, bis sie genauer sehen konnte. Die Tür war geschlossen, aber nicht verriegelt. Sie hatte die Tür bei ihrer Ankunft einfach ins Schloss fallen lassen und war ins Bad geeilt, um sofort zu duschen und sich für den Abend frischzumachen.

»Was soll das?«, murmelte sie und ging los. Der weiche Teppich schmeichelte ihren nackten Füßen, ihre rotblonden Haare warf sie mit einer entschlossenen Handbewegung über die Schulter. Erneut fiel ihr auf, wie geschmackvoll und trotzdem schlicht die Wohnung eingerichtet war. Teppiche auf dem Fußboden dämpften die Schritte, eine Sitzecke mit dunkler Couch und kleinem Tisch lud dazu ein, sich bequem niederzulassen.

Linda hatte eben die Garderobe erreicht, an der ihre Reisejacke hing, als etwas durch den schmalen Schlitz zwischen Tür und Fußboden geschoben wurde. Sie sah, daß es ein Umschlag war, bückte sich danach und hielt inne. Sie hörte rasche Schritte auf dem Flur.
Kurz entschlossen riss sie die Tür auf und blickte sich um. Helle Steinplatten und dunkelbraune Wände – auch der Flur des Appartementhauses wirkte schlicht und elegant zugleich. Linda sah noch eine schmale Gestalt, nicht größer als 1,60 Meter, um die Ecke zum Treppenhaus biegen und dort verschwinden. Eilige Schritte klapperten die Stufen hinunter, um dann zu verstummen.

Resigniert hob Linda die Schultern. »Seltsam«, murmelte sie und schloss die Wohnungstür. »Sicher nur ein Scherz.« Sie lächelte. »Oder eine nette Überraschung gleich zu Beginn?«

Sie schlitzte den schmalen Briefumschlag mit dem Zeigefinger auf, ohne genauer hinzusehen. Nur ein dünner Karton lag darin, als ob es die Einladungskarte für eine exklusive Party sei; sie zog ihn heraus. Die schwarzen Buchstaben schienen mit einem Laserdrucker auf das beige Papier gedruckt worden zu sein.

»Nehmen Sie sich vor Johnny in acht«, las sie halblaut. Die Worte waren in deutscher Sprache geschrieben. »Bei ihm ist nicht alles so, wie es scheint. Der Man ist gefährlich.«

Das Wort »Mann« war mit nur einem »n« geschrieben, fiel ihr sofort auf. Eine Berufskrankheit, spottete sie in Gedanken.

Aber was sollte das jetzt? »Wer ist Johnny?« Linda zuckte mit den Achseln. »Alberne Kinder gibt’s auch in West Hollywood«, sagte sie. »Hier veräppelt mich jemand.« Sie erinnerte sich an die Jungs in dem Dorf, wo sie als Kind gelebt hatte, bevor sie nach Frankfurt gezogen war, an die manchmal sehr groben Späße.

Lächelnd machte sie sich bewusst, dass sie immer noch an der Tür stand. Als Kind hatte sie mit ihrer großen Schwester gemeinsam gerne »Klingelputze« gespielt, wie sie das nannte. Vielleicht war das hier etwas ähnliches.

Während sie langsam zum Fenster zurückging, wo der Champagner verlockend auf sie wartete, drehte sie den Umschlag in ihren Fingern. Erst jetzt fiel ihr auf, dass darauf ein Name stand, sauber gedruckt, in großen schwarzen Buchstaben.

»Mein Name«, flüsterte sie. »Linda Kemper. Wer weiß denn, dass ich hier wohne?«

Sie ließ sich auf die Couch fallen, ohne sich darum zu kümmern, dass ihre helle Bluse zerknüllte, die sie nur locker übergeworfen hatte. »Das ist mehr als seltsam«, sagte sie leise. Nur wenige Menschen wussten, wo sie einquartiert worden war, und die gehörten alle zur Filmgesellschaft oder waren Kolleginnen in Deutschland. Wer schrieb ihr solche Botschaften, und wer steckte sie heimlich unter der Tür durch?

Linda schüttelte den Kopf. Auf einmal war ihr nicht mehr so leicht zumute, fühlte sie sich nicht mehr beschwingt. Was soll das Spielchen?, dachte sie. Und wer ist eigentlich dieser Johnny?

In diesem Moment klingelte das Telefon auf dem Sideboard.

Anonym hat gesagt…

*kicher* da finde ich vor lauter arbeitsunlust deinen blogg - und dann so was... das alter ist halt gnadenlos... ich hab auch noch so was halbfertiges, vielleicht sollte ich das hinten drankleben? es kommen adlige, aber ehrlose männer drin vor - kombiniert mit hollywood ist das garantiert eine gute rentenversicherung...
es winkt: superjule