18 September 2006

25 Jahre Hafenstraße

Den »normalen« Tageszeitungen oder dem Fernsehen war es meist nicht einmal eine Meldung wert; immerhin die »tat« berichtete ein bißchen ausführlicher: Die legendäre Hafenstraße in Hamburg ist jetzt seit 25 Jahren von den Menschen (und ihren Nachfolgenden) bewohnt, die die drei Häuser am Hafenrand anno 1981 besetzt haben.

Respekt! Für Dörfler wie mich war anfangs der 80er Jahre der Begriff »Hafenstraße« gleich bedeutend mit »Revolution« und »Widerstand«; ich assoziierte damit Jugendliche, die Häuser besetzten und sich mit der Staatsgewalt anlegten. Es sollte Jahre dauern, bis ich eine differenziertere Ansicht bekam, und es dauerte auch Jahre, bis ich erstmals in einem der Häuser saß.

Schon wieder ist es eine Weile her, seit ich das letzte Konzert im »Störtebeker« sah; es war die Frankfurter Band Superfan, die es schon lange nicht mehr gibt. Und es ist ebenfalls schon lange her, daß ich im »Onkel Otto« mein letztes Bier trank.

Bei meinen letzten Hamburg-Besuchen hatte ich keine Zeit oder keine Lust, mir dieses Eck von St. Pauli anzuschauen. Schon seltsam, wie sich die Vorlieben verändern ...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Na ja, ich komm in der Ecke da am Hafen schon mal öfters vorbei - allerdings: die "Rebellions-Romantik" ist deutlich verblasst, "normal" geworden. Was andererseits auch ein großer Erfolg ist, wenn man sich noch gut an die heftige Kriminalisierung der Hausbesetzer erinnert. Ich bin sogar der Ansicht, dass die "Hafenstraße" St.Pauli als kulturell lebendigen Stadtteil gerettet hat, zumindest dadurch, dass sie ein Beispiel dafür gab, dass das größe Bündnis aus "Big Gouverment" und "Big Buisiness" nicht "allmächtig" ist. Dass der Spruch "Die da oben machen ja sowieso, wasse wolln" falsch ist, dass wissen spätenstens seit der "Hafenstraße" sogar jene, die politisch in keiner Weise mit den "Besetzern" einer Meinung sind.

Ohne den Anstoß "Hafenstraße" gäbe es in Hamburg wahrscheinlich viele der selbstverwalteten Kulturzentren einfach nicht - weder die "Motte", noch das "Cafe Flop", noch die "Lola" oder die "Zinnschmelze" um nur ein paar zu nennen. Auch die ehemalige Schule, in der heute das vergleichsweise "gutbürgerliche" Bürgerhaus Eidelstedt (ja, genau das!) untergebracht wäre, wäre ohne Bürgerprotest in den 80er Jahren zugunsten des benachbarten Einkaufszentrum "plattgemacht" worden. Die Hafenstraße zeigte: Rebellion lohnt sich schon (etwas Realiltätssinn vorausgesetzt). Selbst denen, die die Form des Protestes "zu heftig" war.


Es ist so gut wie sicher

Enpunkt hat gesagt…

Vielen Dank für den Beitrag; ich finde ja auch Deinen Blog immer sehr fundiert, komme aber leider viel zu selten dazu, ihn richtig zu lesen.

Die Ansicht, die Hafenstraße hätte tatsächlich die Hafenregion in Hamburg gerettet, wird ja auch von der "taz" so gesehen. Und wenn ich bedenke, daß der Konzern, in dem ich beschäftigt bin, seine Chefredakteur in eine Nobelbar am Hafenrand einlädt, deutet das zumindest darauf hin, daß die Hanseaten hier einen Bedeutungswandel eines ehemaligen Problembezirks mitgemacht haben.

Ebenso scheint es zu stimmen, daß viele alternative Plätze nicht nur in Hamburg ihre Existenz letztlich den rebellischen späten 70er und frühen 80er Jahren verdanken. In Karlsruhe sind es letztlich Gebäudekomplexe wie der Gewerbehof (in den 80er Jahren Ort von Punk-Konzerten, heute stecken dort die Druck-Kooperative, ein Fahrradladen, der Querfunk und anderes Zeugs drin), auf die vergleichbares zutrifft.

Ein uferloses Thema ... aber interessant!

Anonym hat gesagt…

Ich pflege seit Jahren einen recht guten Kontakt zu Freunden vom Hamburger Hafenrand. Und es heisst, nicht nur seit ein paar Monaten, dass St. Pauli soll immer schicker werden soll. Besser formuliert, alle "unschicken" Elemente werden nach und nach verdraengt. Bestes Beispiel dazu: das Bettel-Bussgeld, d.h. die dortige Polizei hat im Kiez keinerlei Skrupel mehr, die bettelnden Penner nicht nur zu verjagen, sondern ihnen auch noch den Hutinhalt mitzunehmen.

Aber das Phaenomen ist ja altbekannt: die Privatisierung des oeffentl;ichen Raums. Ganz in der Naehe zur Hafenstrasse haben die BuergerInnen seit Jahren fuer einen eigenen Park gekaempft, der in diesen Tagen auch eroeffnet wurde (siehe
http://www.parkfiction.org/
). Aber darunter darf man sich nicht allzuviel vorstellen, handelt es sich lediglich um das zum Park umgestaltete Dach einer Sporthalle am Elbstrand. Die aufgestellten Stahlpalmen haben dem Ort seinen zweiten Namen gegeben: "Mallorca fuer Hartz IV-Empfaenger". Und auch hier wieder, wer am meisten Kohle der Stadtverwaltung bietet hat die groesseren Chancen, an der Park-Gestaltung mitzuwirken, Projekte von der eigentlichen Park-Fiction-Gemeinde geraten dabei wieder mal ins Hintertreffen.

Apropos 25-Jahre Hafenstrasse, hier in Konstanz feierte diesen Sommer die Cherisy ebenfalls ihr 25. Jubilaeum. Die Konstanzer Studenten, die von der einstigen Besetzung heute immernoch durch die niedrigesten Mietpreise und von den genialen Raeumlichkeiten fuer grosse WGs profitieren, waren bei der Geburtstagsfeier kaum zu sehen. Dafuer aber ein paar "Alte", unter denen Du, lieber Klaus, kaum aufgefallen waerst :-)
Aber auch in der Cherisy macht sich allmaehlich Privatisierungs-Trend bemerkbar. Es gibt mittlerweile zwei Klassen Mieter: die, die "nur" zur Miete wohnen und die, welche die in den 90ern renovierten Wohnung allmaehlich aufkaufen.

Was ich eigentlich sagen will, und somit stosse ich ins gleiche Horn wie martinm:
die rebbelions-Romantik ist deutlich verblasst. Allerorten, wie ich meine. Sicher, die Rebellion in den fruehen 80ern hat sich lohnt, wenn man merkt, dass Hausbesetzungen wie in Hamburg, Karlsruhe oder Konstanz nach 25 Jahren immernoch das Stadtbild und die Stadtkultur praegen haben. Aber die Rebellion sollte weitergepflegt werden, sonst werden die letzten Reste bald auch noch verschwinden.

Gruss, Curry