09 Februar 2016

Dada wird hundert

»Wie wird man berühmt? Indem man Dada sagt.« So steht's im ersten »Dada-Manifest«, das Hugo Ball verfasste. Vor genau hundert Jahren wurde – mitten im schrecklichen Ersten Weltkrieg mit seinen Millionen von Toten – eine literarische und zugleich künstlerische Bewgung ins Leben gerufen.

Alle möglichen Museen und Zeitschriften erinnern an das Jubiläum, verweisen auf den 5. Februar 1916 und die erste Dada-Veranstaltung in einem Restaurant in Zürich. (Der kleine Saal wurde extra für diesen Abend als »Künstler-Kneipe Voltaire« bezeichnet.) In den vergangenen Jahren habe ich nicht mehr an Dada gedacht, aber es gab eine Phase in meinem Leben, in der ich die dafür zugrunde liegenden Ideen toll fand.

In der Schule konfrontierte mich ein Deutschlehrer erstmals mit Dada, und danach besorgte ich mir Literatur, las mich ein, schaute mir einige der Kunstwerke aus den Jahren 1916 bis 1919 an und war teilweise völlig begeistert. Ich war etwa 18 Jahre alt, suchte nach einer Möglichkeit, mich irgendwie auszudrücken, und fand schon deshalb Dada ziemlich klasse.

Also versuchte ich mich an Lautgedichten, schrieb an einem Dada-Theaterstück und rief mit Schulfreunden ein »Dadaistisches Quartett« ins Leben. Ein Quartett deshalb, weil es ja allerlei Literaturkreise gab und ich originell sein wollte. Wahrscheinlich fanden mich meine Mitschüler nicht originell, sondern nervtötend.

Es war mir egal. Dada war eine tolle Methode, Dinge anders zu benennen oder auf die Spitze zu treiben. Man konnte sich seine Klamotten mit einem dicken Edding bemalen und das Ganze als »Dada«-Kunst bezeichnen – ich kapierte sicher nicht so richtig, wie die Dadaisten es siebzig Jahre zuvor gemeint hatten, interpretierte das alles eher auf meine Weise.

Meine Begeisterung hielt nicht lange an. Nach der Schulzeit legte sie sich schnell, und meine Dada-Texte verschwanden in einem Ordner. Aber wenn Dada jetzt seinen hundertsten Geburtstag feiert, sollte ich sie wohl mal wieder hervorkramen ...

1 Kommentar:

RoM hat gesagt…

BaBa, Klaus.
Ist wohl eine Definition lebendiger Kunst, wenn Du damals - aus siebzigjähriger Distanz, Deine eigene Interpretation dessen gesucht hast.

Im Fokus hatten die Dadaisten damals die Stahlgewitter durchwirkte Sprache des militärdurchzechten Patriotismus. Sprache als Waffe, als Werkzeug zur emotionalen Aufrüstung* der jeweiligen Gesellschaft. Der Verrohung der Sprache stellten die Dadas Ihre scheinbare Sinnfreiheit entgegen - und damit den Grundsatz von Freiheit.

bonté



*der Dünnpfiff von der "Reinigung durch den Krieg" u.ä King Fritz-Shit