26 Oktober 2015

Wo bleiben die Eier?

Was mich an der aktuellen Debatte um die sogenannte Flüchtlingskrise immer wieder stört, ist die Art und Weise, wie die Politiker agieren. Weil offensichtlich immer mehr Menschen zu uns flüchten, weil der Druck der Konservativen immer stärker wird und weil das Ganze ohne die zahlreichen freiwilligen Helfer nicht zu bewältigen wäre, kommt man zu einem fatalen Schluss: Man erhöht den Druck, man steigert die Ablehnung.

Dass es vor Ort viele Probleme gibt, liegt auf der Hand. Niemand hat erwartet, dass es »ganz locker« gehen wird, einige hunderttausend Menschen in halbwegs menschenwürdigen Unterkünften einzuquartieren. Und dass nicht alle Flüchtlinge die hochgebildeten Engel sind, die man gerne hätte, liegt ebenfalls auf der Hand.

Nur vermisse ich in der jetzigen Form tatsächlich Politiker, die in dieser Situation die Eier haben – um es mal klar zu sagen –, sich vor »das Volk« stellen und klar sagen, was Sache ist: »Aus humanitären Gründen müssen wir derzeit so und so handeln. Weil wir das Grundgesetz achten, handeln wir so und so. Wir lassen niemanden in Schnee und Eis und in irgendwelchen Grenzzäunen auf dem Balkan verrecken.«

Stattdessen herrscht großes Gejammer vor. Die CDU jammert am lautesten, die Parteien rechts von ihr nehme ich in dieser Frage eh nicht ernsthaft. Aber die Peinlichkeit, mit der die Sozialdemokraten mal wieder lavieren – immer auf der Suche nach einer »gesellschaftlichen Mitte«, die so nicht existiert –, oder die Art, wie Teile der Grünen die Sachzwänge beschwören, finde ich heikel. Damit zeigt man den Rechtsradikalen und dem hinterhertrottenden Angstbürgertum nur, dass an den Pegida-Parolen doch etwas dran sein könnte.

Klare Kante zeigen – das wäre mal eine tolle Sache. Für die Humanität, nicht für die Rassisten. Kein Schielen nach einer angeblichen Mehrheit der Bevölkerung, die gegen Flüchtlinge ist. Wie wäre es mal, zu der Hälfte der Bevölkerung zu schielen, die in Wirklichkeit für Solidarität und Humanismus ist?

2 Kommentare:

RoM hat gesagt…

Yum tuv, Klaus.
Kurzatmigkeit im Tagesgeschäft, das Schielen auf die nächsten Umfragewerte ist irgendwann zum Credo der Politik geworden; und die werte Chef-Mutti hat das Windhängen von Fahnen zur Kunst erhoben. Da ist das penetrante Lavieren des Vize, in gnädiger Weise, stümperhaft zu nennen.
Verbreitetes Tagesmotto; "Was kümmert mich mein Gesülze von eben."

bonté

Elena hat gesagt…

Wenn es wirklich eine 50 : 50 - Situation ist, die Hälfte auf Seiten der Flüchtlinge, die andere Hälfte dagegen - hat Deutschland noch Glück gehabt, was sicher auch für die anderen Länder gilt. Ich möchte in den heutigen Zeiten kein Flüchtling sein.

Du klopfst an die Tür und keiner macht auf. Geht es noch schlimmer?

Aber solange es Angst gibt und die Politiker hier nicht ansetzen, um die Angst auszuräumen, solange hat der braune Mob leider ein leichtes Spiel! :-(