Manchmal benötige ich einige Zeit, um ein Buch so richtig durchzulesen. Das kann sogar dann passieren, wenn sich das Buch mit einem Thema beschäftigt, das ich eigentlich so richtig gut finde. In diesem Fall ist es »Keine Zukunft war gestern – Punk in Deutschland«, das schon seit letztem Jahr vorliegt und in dem ich immer wieder geblättert habe.
So richtig gelesen habe ich es erst in diesem Sommer 2009, und jetzt frage mich bitte niemand, warum es so lange gedauert hat. Daß die Besprechung jetzt erst kommt, ist ohnehin nicht wichtig – das Buch ist ein zeitloses Dokument, und man kann's 2009 oder 2010 immer noch mit Genuß lesen.
Vielleicht habe ich so lange dazu gebraucht, weil es so viele Erinnerungen heraufbeschwor. Das beginnt schon bei den Mitwirkenden, die ich teilweise kenne, und es endet nicht bei der Beschreibung von Ereignissen, an denen ich teilweise mit teilnahm. Wenn Meia noch mal über die Chaostage schreibt, weiß ich noch genau, wie ich mich vor der Barrikade auf der Schaufelder Straße fühlte, und wenn Yvonne Asel die Karlsruher Assi-Szene belächelt, weiß ich sehr gut, wen sie damit meint.
Sage und schreibe 366 Seiten dick ist das Buch, das als großformatiges Hardcover erschienen ist und haufenweise Fotos enthält, dazu Abbildungen von Fanzines und vieles mehr. Billig ist es nicht unbedingt; es kostet 28 Euro. Wer jetzt meint, das sei nicht Punkrock, muß es ja nicht unbedingt kaufen – ich finde den Preis angesichts des gebotenen Materials absolut in Ordnung.
Von den späten 70er Jahren bis in die Neuzeit spannt sich der erzählende Bogen, den die Herausgeber in der sogenannten IG Dreck und Papier zusammengestellt haben. Persönliche Erlebnisberichte, zahlreiche Zitate und Listen der besten Platten machen das Werk zu einem echten Lesebuch, das man immer wieder in die Hand nehmen kann.
Was ich persönlich am besten finde: Endlich wird Punk einmal »breiter« dargestellt, finden sich eben nicht nur Berichte über die Künstlerpunk-Szene in den 70er Jahren. Hier finden Assi-Punks ebenso statt wie Straßenkämpfer und Musiker; ein schräger Vogel wie Sir Hannes von den Idiots kommt ebenso zu Wort wie Willi Wucher von Pöbel und Gesocks, der auf seine Art eh auch ein schräger Vogel ist. Punk gab's eben in den 80er und in den 90er Jahren ebenso, und es gibt ihn heute ebenfalls.
Ein beeindruckendes Buch. Ein Buch, das jeder haben sollte, der sich mit Punk beschäftigt oder mal beschäftigt hat. Absolute Kaufempfehlung!
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