Durlach, die ehemalige badische Residenzstadt, ist heute ein Stadtteil von Karlsruhe. Es gibt die Festhalle Durlach, die für ihre schlechte Akustik berühmt ist, direkt in einem Wohngebiet gelegen, und es gibt ein ehemaliges Bordell, das jetzt im Gespräch ist, weil die NPD dort drin ein Schulungszentrum errichten möchte. Ideale Möglichkeit also, genau dort ein Deutschpunk-Festival zu veranstalten.
Entsprechend sah es aus, als wir am Freitag abend, 4. April 2008, dort eintrafen: genervte Nachbarn, überforderte Dorf- und Stadtpolizisten, dazu hunderte von Punks und Skinheads. Ich kam mir ein wenig vor wie bei Chaostagen, die in den späten 80er Jahren gerne in kleineren Städten ausgerufen wurden ...
Schätzungsweise 500 Leute dürften sich eingefunden haben. Wärthers Schlechte und Staatspunkrott (oder so) hatten wir bereits verpaßt, weil die Veranstalter tatsächlich einigermaßen pünktlich angefangen hatten. Ob da »verpaßt« das richtige Wort ist, mögen andere entscheiden ...
Dafür bekamen wir das letzte Drittel von Rasta Knast mit: Der treibende Deutschpunk der Band aus Hannover hat mir schon immer gefallen, ich hatte mir zu diesem Abend extra mein Asta Kast-Shirt angezogen. Die miese Anlage und die schauderhafte Akustik störten zwar den Hörgenuß, es hielt viele Punks aber nicht davon ab, fleißig Pogo zu tanzen.
Von der Bühne herunter schimpfte der Sänger noch über die schlechte Organisation, dann kam nach kurzer Umbau-, Trink- und Pinkelpause schon die nächste Band. Ich nahm an, daß es Fahnenflucht war: Die Männer an den Klampfen sahen aus wie Hardcore-Leute, der Sänger machte eine gute Show und wurde von einer vollbusigen Dame aus dem Publikum begrabscht. Sieht man vom bereits erwähnten Matsch-Sound ab, war die Band gut - weit besser als auf Platte, finde ich.
Chefdenker aus Köln glänzten danach mit schrecklichen Frisuren; das Volk feierte die Band trotzdem ab. Zwischendurch gingen wir immer mal wieder raus, wo die Stimmung stieg und nicht ganz sicher war, ob es zwischen Festhalle und künftiger Nazi-Kneipe nicht noch eine fröhliche Straßenschlacht geben würde.
Zum Abschluß Eisenpimmel: Anfangs fand das Prollpunk-Schauspiel nur eine Minderheit spannend. Nachdem sich aber die ersten Punks auf der Bühne entkleideten und nackte Schwänze baumelten, stieg die Stimmung; das Bier spritzte, und die Band wurde abgefeiert. Klamotten flogen ins Publikum, Sängerin Mona begeisterte mit unglaublichen Klamotten, und ich lachte Tränen.
Danach lungerten wir noch eine Weile vor der Tür herum. Die großzügig aufgestellte Kiste mit Leergut wurde erstaunlicherweise nicht auf die lockere Polizistentruppe abgefeuert, und als es zu nieseln begann, verzogen wir uns aus der romantischen Altstadt von Durlach.
Ein gelungener Deutschpunk-Abend, sehr schön!
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