Ein Thema, das mir bislang nicht so recht bekannt war: Jugendliche, die während des Dritten Reiches ihre Begeisterung für amerikanischen Jazz und Swing mit frechem Auftreten und lauten Tanzveranstaltungen ausdrückten. Das böse Ende kam nach kurzen, rauschhaften Jahren: Die Gestapo löste die Tanzveranstaltungen auf, die Jugendlichen kamen zu einem großen Teil in Konzentrationslager.
Die »Swing Kids«, wie Jörg Ueberall die Jugendlichen im gleichnamigen Buch nennt, waren die Angehörigen der ersten selbständigen Jugendkultur in Deutschland. In einer Zeit, die ohne Übertreibung die finsterste der deutschen Geschichte ist, trotzten sie der Gleichmacherei und stellten sich rebellisch gegen Hitlerjugend und volkstümliche Marschmusik.
Das vorliegende Buch zeichnet die Geschichte der Swing-Jugendlichen nach, spezialisiert sich dabei stark auf die Szene in Hamburg. Beeindruckende Berichte über Tanzveranstaltungen, weniger fröhliche Aussagen über das Ende der Bewegung und ein hoffnungsvoller Blick auf die Zeit nach dem Krieg: Die Swing Kids waren echte Rebellen, vielleicht unpolitisch, aber auf jeden Fall antifaschistisch.
Die 110 Seiten lesen sich leicht, das Buch ist auf jeden Fall für diejenigen interessant, die mehr über Jugendkulturen wissen wollen. Gibt's mit der ISBN 3-936068-68-2 in jeder Buchhandlung oder direkt beim Archiv der Jugendkulturen.
3 Kommentare:
Salut Klaus,
zu dieser Thematik gab es vor einigen Jahren auch mal einen Film, "Swing Kids", mit Robert Sean Leonard, jenem puckspielenden Schüler aus "Club der toten Dichter". Die Kritiken waren wohl ganz wohlwollend, soweit ich mich erinnere, aber ob es den auf DVD oder VHS schon/noch gibt, kann ich dann aber doch nicht sagen.
lg
Ten.
Ten?
Tennessee?
Falls ja: nett, Dich hier zu treffen ...
Die Thematik der Swing Kids ist eigentlich total spannend; mir ist unverständlich, warum ich davon bislang so wenig mitbekam. Muß an meiner eigenen Themenblindheit liegen. Von den gleichaltrigen Edelweißpiraten im Dritten Reich las ich ja immer mal wieder.
Salut Klaus,
ja, Tennessee ist richtig. Danke für dein Willkommen.
Themenblindheit? Ich glaube, dass soziale, kulturelle oder politische Opposition oder auch Opfer im dritten Reich zahlreicher waren, als im Allgemeinen gewusst. Vieles "harrt" noch der Entdeckung bzw. der Würdigung. Von den "Swing Kids" erfuhr ich auch erst durch den von mir genannten Film, ohne mich allerdings wie du tiefer damit zu beschäftigen. Es gab sie, das wusste ich, ein eher oberflächliches Wissen, durch deinen Eintrag weiß ich nun ein bisschen mehr.
Ich glaube, Günter Grass' Novelle Im Krebsgang war der Auslöser dafür, dass Historiker, Politiker, Interessierte sich nun auch an die Spuren derjenigen heften, deren Widerstand nicht so bekannt bzw. nicht durch die allgemeine schulische und mediale Vermittlung abgedeckt wird.
Die Facetten nationalsozialistischer Opposition werden reichhaltiger, auf eine traurige Weise, denn der katastrophale Ausgang der unterschiedlichen Widerstände ist fast allen gemein.
lg
Ten
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