Seit ich zum letzten Mal in Hannover die Chaostage besucht habe, ist ein Vierteljahrhundert vergangen – es war im August 2000. Schon damals wurden die Ereignisse des August 1995 von allen möglichen Menschen schon in einer verzerrten Art und Weise rekapituliert: Die einen redeten von schlimmen Straßenschlachten, die anderen von der »geilsten Party« ihres Lebens.
Der Sommer 1995 ist mehr als dreißig Jahre her, der Begriff »Chaostage« gehört längst zum ganz normalen Wortschatz in Deutschland. Da finde ich es interessant, dass ein Theater-Kollektiv in Hannover, das sich als »MÜH« bezeichnet, ein Live-Hörspiel unter dem Titel »No Chaos No Future« vorbereitet hat – es wird an diesem Wochenende erstmals aufgeführt und wird bis in den Januar hinein auf verschiedenen Bühnen der Stadt gezeigt.
Die Macher*innen des Stücks sind allesamt jung; die meisten waren 1995 noch nicht einmal geboren. Für die ist das alles eine Vergangenheit, und sie versuchen, sie auf ihre Weise aufzubereiten. Man sprach mit Leuten, die damals auf der Straße dabei waren; beispielsweise wurde auch ich befragt. Was dabei heerausgekommen ist, kann ich nicht beurteilen – ich werde das Stück so schnell nicht anschauen können.
Was mir an dem Projekt aber schon gefällt: Es wurde nicht von den höchsten Höhen des Kulturgeschäfts herunter entwickelt, sondern die Macher*innen sprachen mit Leuten, um herauszufinden, ob es bei den Chaostagen 1995 überhaupt eine Wahrheit gibt oder nicht vielmehr zahlreiche Geschichten, die sich teilweise extrem widersprechen. Mal schauen, wie das ankommen wird …

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