Er gilt einer der großen Klassiker der englischsprachigen Literatur, gehört eindeutig zur Weltliteratur, wurde verfilmt und seit Erscheinen in unzähligen Büchern, Filmen und Comics zitiert und kopiert: Der Roman »Herr der Fliegen« von William Golding ist eine pessimistische Vision vom Zusammenleben der Menschen. Die Comic-Künstlerin Aimée de Jongh machte daraus eine starke Graphic Novel.
Die Handlung von »Herr der Fliegen« dürfte bekannt sein: Eine Gruppe von Kindern, allesamt Jungs, strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel. Weil keine Hoffnung besteht, dass sie schnell gerettet werden, bauen die Jungs eine Art Zivilisation auf. Sie wählen sich einen Anführer, sie entfachen ein Signalfeuer, und sie geben sich Regeln. Doch schnell gerät einiges außer Kontrolle, und am Ende regieren das nackte Chaos und rohe Gewalt …
Die düstere Vision des Romans hat vielleicht nichts mit der Realität zu tun, wird aber dramatisch erzählt. Und diese dramatische Erzählung fasst die Comic-Künstlerin in ihrer dickleibigen Graphic Novel eindrucksvoll zusammen.
Aimée de Jongh ist im Programm des Splitter-Verlags schon mit einigen Titeln vertreten, die mir bisher alle gefallen haben. Die Künstlerin ist Jahrgang 1988, wohnt in Rotterdam und hat offenbar keine große Lust, sich auf Genre-Konventionen einzulassen. Ihre Graphic Novels sind erzählerisch wie grafisch von hohem Niveau, und jedes Album unterscheidet sich stark von den bisherigen.
Das ist bei »Herr der Fliegen« nicht anders. Der Comic ist in einem kleineren Format erschienen, vergleichbar den amerikanischen Bänden. Die realistisch anmutenden Darstellungen der Insel, auf der die Kinder stranden, wird durch Gesichter kombiniert, die einen leichten »Funny«-Charakter haben, ohne allerdings lustig zu wirken. Angesichts der Geschichte wäre das auch alles andere als geschickt …
Die Künstlerin schafft es, die unterschiedlichen Kinder optisch klar zu trennen und sie in ihrer Entwicklung zu zeigen. Sie verändern sich während ihres Aufenthalts sowohl optisch als auch charakterlich; sie werden gewissermaßen zu Wilden, die sich von dem ernähren, was sie finden. Die Insel wirkt bedrohlich und phantastisch zugleich; die Angst vor Monstern und Dämonen, die sich im Wald verbergen könnten, bringt die Künstlerin oft zum Ausdruck. (Es lohnt sich, die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags anzuschauen.)
Keine Frage: Schon das Original, also der Roman, ist in seiner Art umwerfend. Die Art und Weise, wie daraus ein Comic wird, finde ich ebenfalls großartig. Mit 352 Seiten ist der Hardcover-Band recht umfangreich ausgefallen; der Preis von 35,00 Euro ist dafür absolut angemessen.
»Herr der Fliegen« in der Version von Aimée de Jongh gibt es überall im Buch- sowie im Comicfachhandel. Die ISBN 978-3-98721-429-5 kann bei einer Bestellung hilfreich sein.
(Diese Rezension veröffentlichte ich im Juli auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN. Hier teile ich sie aus dokumentarischen Gründen.)
1 Kommentar:
Zu der starken Graphic-Novel-Version von »Herr der Fliegen« gibt es auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags einige Informationen sowie eine schöne Leseprobe.
Hier:
https://www.splitter-verlag.de/herr-der-fliegen-graphic-novel-golding.html
Kommentar veröffentlichen