16 Oktober 2023

Ein Abend mit Rusalka

Ich kenne mich mit Opern nicht aus, trotzdem saß ich am Samstagabend im Staatstheater in Karlsruhe und guckte mir »Rusalka« an, eine Oper von Antonin Dvorak, die 1900 entstanden ist. Das Bühnenbild war schlicht, aber modern: Im Prinzip war es am Anfang ein heruntergekommenes Wartehäuschen, so eine Bushaltestelle eben, und später gab es eine Reihe von Türen, die hell erleuchtet waren und durch die Menschen kamen und gingen – viel mehr brauchte man nicht.

Die Geschichte war tragisch; am Anfang wurde das durch das Zeigen einer Vergewaltigung an der Bushaltestelle zusätzlich klargemacht. Rusalka ist eine Wassernixe, die sich in einen Menschen verliebt, dann aber scheitert und am Ende verzweifelt zurück an den See kommt, wo immer noch der Wassermann – ihr Vater –, ihre nichtsnutzigen Schwestern sowie eine Hexe anzutreffen sind. Doch mittlerweile ist das alles ziemlich verrottet, und am Ende bleibt nur noch Verzweiflung.

Streckenweise erinnert die Geschichte an einen Fantasy-Roman, in dem eine tragische Liebesgeschichte mit phantastischen Elementen verbunden wird. Der Unterschied ist natürlich die Singerei, aber auch die Art und Weise, wie Dvoraks Original mit modernen Elementen gekoppelt wird: Die Wassernixen sind moderne junge Frauen, die Smartphones in der Hand tragen, sichtlich ihre Probleme mit modernen Drogen haben und ansonsten nicht viel auf die Reihe bekommen. Soviel Realität gibt es in moderner Fantasy kaum.

Das sieht man auch an den Figuren: Der Adel am Hof des Prinzen ist neureich und eitel, das Personal wirkt gehässig und gemein. Als Opfer ist die junge Frau namens Rusalka – in den Mythologien der slawischen Völker gibt es viele Versionen der Rusalka-Geschichte, was ich vorher nicht wusste – stets am Rand der Gesellschaft, egal, was sie tut.

Ich habe keine große Ahnung von Opern und kann nicht beurteilen, ob die Musik oder das Singen besonders toll waren. Ich fand’s beeindruckend, vor allem die Hauptdarstellerin hatte eine enorme Bühnenpräsenz. Schade, dass der Saal so leer war; höchstens ein Viertel der Plätze war besetzt. Trotzdem gab’s am Ende einen lang anhaltenden Applaus für das Ensemble auf der Bühne.

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