23 Oktober 2014

Die Kennedy-Geschichte mal anders

Seit ich die »Watchmen«-Comics in den späten 80er-Jahren zum ersten Mal gelesen habe, fasziniert mich diese Serie: Alan Moore und Dave Gibbon schufen damit einen Comic, der den Zeitgeist der 80er-Jahre einfängt und mit allerlei Superhelden-Mythen verbindet. Das Werk kann meiner Ansicht nach nicht ohne den Hintergrund dieses Jahrzehnts gelesen und verstanden werde.

Weil ich Fan bin, habe ich mir die einzelnen Miniserien um »Before Watchmen«, die im Jahr 2013 erschienen sind, allesamt als Paperbacks gekauft. Weil ich aber die verheerenden Kritiken kenne, habe ich lange Zeit die Finger davon gelassen. Bis ich dieser Tage endlich mal »Comedian« in der Hand hielt ...

Die Figur des psychopathisch wirkenden Comedian, der eigentlich keine Superhelden-Fähigkeiten hat und sich eher als dauergrinsender Soldat präsentiert, dient im eigentlichen »Watchmen« als Auslöser der ganzen Geschichte. Im Sechsteiler, den Brian Azzarello geschrieben und J. G. Jones geschrieben hat, wird nun die Vorgeschichte erzählt.

Das ist nicht so schlecht, wie viele Kritiker es sagen. Der Comedian ist ein fieser Kerl, ein Killer mit schweren Waffen. Im Vietnamkrieg schlachtet er Zivilisten ab, an der Heimatfront ist er mit der Familie Kennedy befreundet und bekommt mit, was hinter den Kulissen der Macht alles geschieht.

Azzarellos Geschichte ist finster und gemein; sie lässt weder ein gutes Haar an der Figur des Comedian noch an der amerikanischen Politik. Damit passt die »Comedian«-Miniserie hervorragend ins »Watchmen«-Universum und ergänzt es durch eine spannende Vorgeschichte; dass die nicht immer glasklar erzählt wird und man zeitaktuelle Vorkenntnisse benötigt, um alles zu verstehen, ist dabei wenig geschickt.

J. G. Jones liefert lllustrationen, die das Sterben in Vietnam und das Lieben in Washington in knalligen Bildern zeigen; dabei entsteht eine Geschichte, die sehr wohl ihren eigenen Sog erzeugt. Ich habe mich sehr gut unterhalten und verstehe einen Teil der Abneigung überhaupt nicht.

Natürlich sind die eigentlichen »Watchmen« um Längen besser, und selbstverständlich braucht niemand das Paperback mit den sechs Comic-Bänden zum »Comedian«. Wer sich aber darauf einlässt, weil er das Universum mag, das Moore und Gibbons erschaffen haben, dem dürfte die Geschichte dennoch gut gefallen.

(Wer reingucken mag: Auf der Seite des deutschsprachigen Verlage steht eine kostenlose Leseprobe bereit.)

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