08 Januar 2024

Ein paar Sätze zum Bauernprotest

Ich kann es stets gut verstehen, wenn Leute gegen etwas protestieren und dafür auf die Straße gehen. Das habe ich selbst oft genug getan und wurde dafür gelegentlich von der Polizei verhaftet oder verprügelt. Wie das halt so ist, wenn man auf der »falschen Seite« steht.

Heute wurde bundesweit den Landwirten der rote Teppich ausgerollt, damit sie protestieren konnte. Klar: Gegen einen Traktor hat ein Polizist weniger Chancen als gegen einen einzelnen Demonstranten mit bunten Haaren. Aber das offensichtliche Kuscheln der Politiker mit diesem Protest, während man andere Proteste niederschlagen lässt oder ins terroristische Lager schiebt – argumentativ zumindest –, ist schon sehr offensichtlich.

Ich kann jeden Landwirt verstehen, der protestiert. Ich kann vor allem die kleinen Landwirte verstehen. Ich komme aus einem Dorf, das früher stark von Landwirtschaft geprägt war, und ich habe oft in der Landwirtschaft ausgeholfen. Die Arbeit ist hart, man hat kein freies Wochenende, und man wird schlecht bezahlt. (Dass mittlerweile ein großer Teil der Landwirtschaft aus Agrarfabriken besteht, ist ein anderes Thema – wobei das natürlich hier auch reinspielt.)

Landwirte sind oft hoch verschuldet, viele geben auf, weil sie buchstäblich am Ende sind. Und die Politik hat in all den Jahrzehnten – auch unter früheren Regierungen – viel geschwätzt und versprochen, vor allem aber den Eindruck vermittelt, man sei gegen die Bauern.

Das erklärt den Protest. Es erklärt auch manche überzogene Parole. Es erklärt allerdings nicht, wenn Bauern dann allen Ernstes auf die Parolen der Rechtsradikalen hereinfallen und diese skandieren. Da fehlt mir dann doch das Verständnis. Komplett.

Kurz zusammengefasst:

Bauernproteste – na klar. Nazi-Bauern – auf gar keinen Fall.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Jo, kann man als Kuscheln bezeichnen, das verhindert aber die Sicht auf einen grundlegenden Unterschied der Bauernproteste zu den Klimaprotesten: Die Erfüllbarkeit.

Die Klimaproteste haben sehr wolkige, globale und moralisch argumentierende Forderungen im 'Macht die Welt besser' Stil. Was soll der Politiker daraufhin denn machen? Da geht nix konkretes und schon gar nicht schnell.

Bei den Bauern ist es, zumindest vordergründig, klar: Keine Steuer und billiger Sprit. Damit kann eine Regierung umgehen und ganz konkret darauf reagieren. Sofort und ohne langes Hin und Her. Ja, nein, teilweise - so wie es dann auch gekommen ist. Sie sind Manager/Verwalter/Nenns wie Du willst, die konkret arbeiten.

Enpunkt hat gesagt…

Stimmt, das ist ein richtiger Punkt. Die Erfüllbarkeit – und ich hatte das auch nicht so auf dem Schirm. Die Klimaproteste sind unspezifisch, außer es geht darum, konkret einen Schaufelbagger im Tagebau zu blockieren; das ist dann auch klar adressiert.

Danke für die Rückmeldung!