Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
19 September 2024
Werbung für SAG 5
Ich legte die Texte an, mein Bekannter ließ sie »setzen« und drucken, und danach hatte ich rund 200 Blätter im A5-Format, die ich Briefen beilegte und von anderen Fanzine-Produzenten unter die Leute bringen ließ. Werbliche Aussagen ließ ich weg, ich stellte nur den Nicht-Slogan »Das Fanzine für SF, Fantasy & Comics enthält« in den Vordergrund und listete ansonsten die Namen auf.
Fairerweise muss man sagen, dass einige der Namen damals durchaus einen Klang hatten. Wolfgang Altendorf hatte um diese Zeit einen Zeitreiseroman bei Heyne veröffentlicht, Carlos Rasch war den Leuten bekannt, die mal über die deutsch-deutsche Grenze blickten, und einige andere Namen las man auch in anderen Fanzines. Schaue ich mir heute das Blatt an, sitze ich manchmal trotzdem ratlos da und überlege mir: »Wer war eigentlich Klaas Vanderspoel?«
Die erste Razors-Scheibe
Auch wenn ich also das Erdbeben nicht live mitbekam, das die Band in den späten 70er-Jahren in Hamburg auslöste, finde ich die Platte immer noch richtig gut. Das Titelstück – »Christ Child« – ist ein ruppiger Pogo-Kracher, während »Enemy« auf der B-Seite eher langsam losgeht, bevor es sich immer mehr steigert und in einen rasanten Pogo-Sound verfällt. Auffallend ist, dass bei »Enemy« die Breaks zum Einsatz kommen, die man fünf, sechs Jahre später beim Hardcore als neu und innovativ ansah …
Die Razors orientierten sich bei dieser Platte ganz eindeutig an der ersten Generation der englischen Bands. Das merkt man nicht nur am knödeligen Gesang in englischer Sprache, sondern auch an den schroffen Melodien und am Hintergrund-Chor. Hört man sich die Platte mit dem Abstand von Jahrzehnten an, klingt sie natürlich alt, aber keine Sekunde lang lahm – es handelt sich immer noch um einen amtlichen Punkrock-Knaller!
(Wer die Chance hat, sich diesen Tonträger zu sichern, auch in einer Wiederauflage, sollte das tun. Ansonsten gibt es ja allerlei digitale Möglichkeiten, ihn anzuhören.)
18 September 2024
Im Ödland von Südaustralien
»Hope Hill Drive« ist der zweite Roman, den Garry Disher über seinen Hirschhausen geschrieben hat, der im Roman fast durchgehend immer als »Hirsch« bezeichnet wird. Die ländliche Region, in der sich alles abspielt, schildert der Autor mit Sachkenntnis und Liebe zum – immer knapp gehaltenen – Detail; man kann sich die Szenerie richtig gut vorstellen.
Seinen Roman fängt Disher mit viel Ruhe an. Sein Held fährt mit dem Auto durch die Gegend, er guckt sich die Leute an, er spricht mit ihnen. Es wird zu viel Alkohl getrunken, hinter heruntergekommenen Fassaden lauert die Gewalt, und langsam wird klarer, wer mit wem welches Verhältnis hat.
»Hope Hill Drive« ist ein ausgesprochen gelassener Polizeikrimi, der zwar auch Action-Elemente aufweist, sich aber auf Szenen mit sozialer Realität, klare und toll formulierte Dialoge sowie knappe Beschreibungen konzentriert. Am Ende ist das Gesellschaftsbild eindeutiger, es werden auch mehrere Täter festgestellt – ein starker Roman, den man im übrigen ohne jegliche Beziehung zum ersten Band der Serie lesen kann.
17 September 2024
Heftige und sehr düstere »Conan«-Adaption
Zuletzt las ich »Der wandelnde Schatten«; die Geschichte ist schon im Original knallhart und wird im Comic noch heftiger präsentiert. Zum Inhalt: Conan flüchtet in Begleitung einer schönen blonden Frau in eine Wüste tief im Süden, verfolgt von den Soldaten einer feindlichen Armee.
Als sie schon am Ende ihrer Kräfte sind, erreichen sie eine mysteriöse Stadt. Dort treffen sie auf uralte Mythen und träumende Bewohner, auf eine faszinierende Frau mit Hang zum Sadismus und ein Monster aus finsteren Sphären ...
Christophe Bec, der erfahrene Comic-Autor, setzt den klassischen Stoff in eine packende Geschichte um. Er folgt Howards Original so weit, dass er auch die Stimmungslage und die Formulierungen übernimmt. Und dabei unterlässt er jeglichen Versuch, den Stoff zu modernisieren. Seine »Conan«-Geschichte ist blutig, finster und brutal; als Leser muss man sich darauf einlassen.
Stevan Subic setzt das in einen Comic um, der nichts für zartbesaitete Gemüter ist. Bei den Kämpfen spritzt das Blut, es geht heftig zur Sache. Sex wird angedeutet, wobei es hier eher um Vergewaltigung und Sado-Maso geht – was in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts nur erwähnt wurde, macht er klar. Bevor sich die falschen Fans freuen: Es gibt keinerlei pornografische Details …
Wenn Subic die düstere Stadt zeigt, greift er zu Ornamenten, die beeindruckend sind. Und wenn das Monster aus der Tiefe auftaucht, gewinnt er diesem auch einen unheimlichen Reiz ab. Man muss klar sagen: Für meinen Geschmack war's streckenweise zu heftig – aber starke Bilder sind es tatsächlich.
Hier empfiehlt es sich, unbedingt die Leseprobe zu prüfen. Wer knallharte Fantasy der ganz klassischen Art mag, ist hier aber gut beraten.
16 September 2024
Wein aus Slowenien
Bloß gut, dass es daheim die eine oder andere Flasche Wein gibt. Konkret: Wein aus Slowenien, vom Weingut Guerila – der geht langsam zur Neige, was ich schon jetzt traurig finde. Er ist schwer zu beschreiben, schmeckt einfach anders als ein Riesling, Burgunder oder Chardonnay.
Mit einem schönen Glas Wein, der an den Frühsommer 2022 erinnert, lässt sich die beginnende Herbst-Depression zumindest teilweise vertreiben. Finde ich ...
13 September 2024
Henry Kuttner als Schwerpunkt
Im einleitenden Artikel geht es um die klassische »Tom Shark«-Serie. Ich kenne sie natürlich vom Titel her, habe aber nie einen dieser Romane gelesen. Zwischen den zwei Weltkriegen gehörte sie zu den populärsten Serien im deutschsprachigen Raum, und es gibt immer noch Details zu den Autorinnen und Autoren, die entdeckt werden. Solche Themen mag ich, wenngleich es Randgebiete sind.
Für mich als Science-Fiction-Fan war der umfangreiche Beitrag über Henry Kuttner besonders interessant. Der Autor veröffentlicht in den 30er- und 40er-Jahren zahlreiche Klassiker der phantastischen Literatur, ist hierzulande aber immer im Schatten geblieben. Nur wenig aus seinem umfangreichen Werk wurde übersetzt, was ich schade finde – der Artikel gibt immerhin einen schönen Einblick in Kuttners Werk.
Weitere Beiträge beschäftigen sich mit dem Autor Henry Wadwsworth Longfellow und der klassischen »Captain Future«-Reihe. Vor allem für Leute, die Science Fiction mögen, hat diese Ausgabe der »Blätter für Volksliteratur« also einiges zu bieten.
Die Ausgabe umfasst 24 Seiten im A5-Format, die reichhaltig illustriert sind. Es gibt leider keine Website mit weiteren Informationen. Wer sich für das Heft interessiert, muss also direkt an peter.soukup@aon.at schreiben.
Phantastische Comics für Kinder
Christophe Arleston / Audrey Alwett / Mini Ludvin: Elfies Zauberbuch
Drei Schwestern und ein magisches Buch
Der französische Comic-Autor Christophe Arleston ist mir vor allem durch seine teilweise groben, aber unterm Strich lustigen Fantasy-Abenteuer bekannt. Mit »Elfies Zauberbuch« legt er einen Comic vor, der im Hier und Jetzt spielt, allerlei phantastische Elemente aufweist und sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet. Bei Toonfish erschien mit »Die verhexte Insel« der erste Band.
Die Geschichte hat einen ausgesprochen hübschen Start: Drei Mädchen sind mit einem roten Doppeldeckerbus unterwegs, der zugleich eine rollende Buchhandlung ist. Die älteste der drei fährt den Bus, sie hat sich das Sorgerecht für ihre jüngeren Schwestern erkämpft. Und während sich die drei immer mal wieder streiten, aber unterm Strich zusammenhalten, entdeckt die jüngstr der drei Schwestern, dass sie offensichtlich eine magische Gabe hat.
Arleston kann temporeich erzählen, und das zeigt er bei dieser abwechslungsreichen Geschichte. Unterstützt wird er dabei durch seine Co-Autorin Audrey Alwett.
Die drei Mädchen sind hervorragend charakterisiert, jede hat ihre Eigenheiten, und doch schließt man sie als Leser schnell ins Herz. Der eigentliche »Fall«, bei dem es unter anderem um eine alte Briefmarke und einen sprechenden Frosch geht, ist unterhaltsam und sehr witzig.
Zeichnerisch kann das Ganze ebenfalls überzeugen. Mini Ludvin schafft es, Elemente aus modernen Mangas – etwa die großen Augen oder die dynamischen Bewegungen – mit klassischer europäischer Comic-Unterhaltung zu verbinden. Die Farben sind ein wenig aquarellig, aber jedes Bild für sich ist stimmig und überzeugend.
Klar bin ich nicht die Zielgruppe, aber das ist ein Comic, den ich jederzeit einem Mädchen oder einem Jungen im Alter von zehn bis 14 Jahren in die Finger drücken würde, um ihn oder sie für Comics zu begeistern. Und ich freue mich auf die Fortsetzung!
(Der Comic ist 80 Seiten stark und kostet 17,95 Euro. Zur Leseprobe geht's hier!)
Julien Monier / Carbone: Sam und die Geister
Amüsante Gespenstergeschichte
Bei Toonfish erscheint der Zweiteiler »Sam und die Geister«, den ersten Band habe ich bereits gelesen. Zum Inhalt: Sam ist ein Mädchen, das bei seinem Bruder wohnt. Der Vater ist gestorben, über die Mutter erfährt man nichts, also hat der Junge das Sorgerecht – auch wenn das Jugendamt einen kritischen Blick auf ihn wirft.
Sam hält sich gern auf dem Friedhof auf und kann mit einigen der dortigen Toten sprechen; die schwirren als sphärisch wirkende Geister herum und kommunizieren mit ihr. Das ist nicht gruselig, sondern eher witzig.
Als Sam auf eine alte Dame stößt, die auf dem falschen Friedhof begraben worden ist, versucht sie mit ihrem Bruder, dem freundlichen Gespenst zu helfen. Die beiden machen sich auf, die Familie der Verstorbenen zu finden, damit sie ihre »Heimat« finden kann.
Verantwortlich für die Geschichte ist Carbone, die schon mehrere Comics für Kinder verfasst hat und sich sehr gut auf die phantasievollen Gedanken von Kindern einlassen kann. Trotz des Themas – der Tod! –, wirkt der Comic ausgesprochen nett. Die Figuren sind sympathisch, und Sam als Heldin muss man einfach mögen – eine tolle Identifikationsfigur für Kinder!
Die Bilder stammen von Julien Monier, und sie sind absolut gelungen: eine schöne Vermengung von humoristisch, ohne dass es Knollennasenmännchen wären, und ernsthaft, sogar ohne Manga-Einfluss. Alles in allem ein hervorragender Start für einen Comic-Zweiteiler!
(Der Comic umfasst 56 Seiten und kostet 14,95 Euro. Jetzt die Lesepribe lesen!)
Die Rezension wurde bereits im Frühjahr 2024 auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN veröffentlicht. Hier bringe ich sie nur zur Dokumentation.)
12 September 2024
Ein explizites Egozine
Mit meinem Egozine »Der Freak« versuchte ich, einen Gegensatz zu meinem doch eher seriösen Fanzine SAGITTARIUS zu schaffen. Ich fand mich offenbar ziemlich »flippig« und ausgefallen; in diesem Fanzine schrieb ich viel über die Unmengen von Bier, die ich mit anderen trank, über allerlei Musik und andere Themen, weniger über Science Fiction oder Fantasy.
Schaue ich mir heute die Ausgabe vier an, die per Umdruckverfahren hergestellt wurde und die ich im September 1981 unter die Leute brachte, ist mir das teilweise sehr peinlich. Der Klaus N. Frick von damals hat nur wenig mit dem heutigen Klaus N. Frick zu tun – es sind halt doch einige Jahrzehnte vergangen.
Einen Schwerpunkt bilden die Con-Berichte. Ich hatte im Sommer sowohl das Fest der Fantasie in Marburg als auch den StuCon in Stuttgart besucht. Über beide Veranstaltungen schrieb ich recht ausführlich, wobei ich mehr über die Mengen von Bier erzählte als über das Programm.
Das war damals bei »fannischen Fanzines« so üblich; wer cool sein wollte – ohne dass man diesen Begriff benutzte –, schrieb eher über die Anreise sowie über Essen und Trinken und weniger über das Programm. Das Programm war etwas für die seriösen Fans, und zu denen wollten ich und einige andere zersauste Jugendliche nicht gehören.
Ich habe durchaus meine Probleme, die sechs Seiten der Ausgabe vier von »Der Freak« heute zu lesen. Mir ist klar, dass ich sie damals bewusst so schrieb. Heute würde ich mein Augenmerk auf andere Dinge richten. Aber heute bin ich auch ein alter Sack und kein aufmüpfiger Jugendlicher mehr …
PowerPop von The Resistance
Die Musik ist typisch für diese Zeit: Zwar klimpert immer wieder das Klavier dazwischen, wenn nicht sogar die Orgel angeschubst wird, ansonsten aber ist die Musik rhythmisch und ein wenig abgehackt; das Schlagzeug wummert, die Gitarre und der Bass tun ihre Arbeit, und darüber kommt der etwas abgehackte Gesang, der manchmal leicht atemlos klingt, fast schon wie Sprechgesang.
Und die Texte? Sie sind gelegentlich schräg, wenn ich es richtig verstehe: »I fought in three world wars / all of which I caused / I’m a trooper superduper« heißt es im Titelstück, und bei »Big Flame« wird eine Revolution zumindest ironisch angedeutet. Das klingt alles richtig gut und gefällt mir immer noch! Eine tolle Single.
11 September 2024
Mrs. Maisel war klasse
Die Serie bringt also einerseits einen Humor, der manchmal unter der Gürtellinie ist – mein Englisch ist nicht gut genug, als dass ich die Serie im Original anschauen könnte, aber ich denke, das könnte sich lohnen –, wirft aber immer wieder einen kritischen Blick auf die Zeit, in der sie spielt.
Das ist manchmal heftig: Frauen werden nicht für voll genommen und versuchen alles, um den Männern zu gefallen. Schwarze sind Menschen zweiter Klasse. Sexismen sind an der Tagesordnung. Das alles wird immer wieder thematisiert, immer unterhaltsam und nie mit einem erhobenen Zeigefinger.
Die abschließende Staffel der Serie gefiel mir nicht besonders. Sie wirkte, als wollte man einerseits noch schnell irgendwelche Experimente machen und andererseits dafür sorgen, dass die Serie schnell abgewürgt wird. Es gab trotzdem noch genug zu schmunzeln, wenngleich der wilde Charme vor allem der ersten Staffel nicht mehr getroffen wurde.
Wer eine Chance hat, »The Marvellous Mrs. Maisel« – ob im Streaming oder auf DVD –, sollte sie sich nicht entgehen lassen! Das lohnt sich.
10 September 2024
Kunstdiebstahl mit Ziel
09 September 2024
Ein Abend bei Margarete
Aber das »Sein«-Team hat direkt nebenan – es gibt sogar eine Zwischentür – eine »einfachere Version« von sich eröffnet, das »Bistro Margarete«, dem wir dieser Tage einen Besuch abstatteten. Wir tranken eine Flasche Wein, die lecker schmeckte und nicht zu teuer war, und wir aßen jeder ein selbst zusammengestelltes Menü.
Wenn ein Bistro quasi das Anhängsel eines Zwei-Sterne-Restaurants ist, erwarte ich entsprechende kulinarische Höhenflüge. Das war an diesem Abend auch der Fall: Die Suppe war wunderbar, das Maultaschengericht eine tolle Abwandlung regionaler Küche, und die Zwischengänge sowie Grüße aus der Küche waren klasse.
Was mir besonders gefiel, war der nette Umgangston mit den Gästen, also mit uns. Wir wurden geduzt, völlig selbstverständlich, und es wirkte nicht aufgesetzt, sondern nett. Die beiden Menschen, die in dem Bistro arbeiteten, erwiesen sich als zugänglich und gaben beispielsweise eine sehr brauchbare Weinberatung.
Alles in allem ein wunderbarer Abend! Und eine Empfehlung für Leute, die mal »auf gehobenem Niveau« in Karlsruhe essen gehen wollen, ohne hinterher völlig verarmt zu sein. Gern wieder!
06 September 2024
Anständiger Bierkonsum
An der Lutherkirche hatten sich einige Dutzend Punks niedergelassen, die dort vielleicht schon die Nacht verbracht hatten. Die Chaostage hatten bereits angefangen, aber noch blieb alles friedlich. Die Polizei hielt sich zurück, und weil es nirgends zu Angriffen auf Punks kam, herrschte in Hannover eine sommerliche Ruhe.
Einer der Punks, den ich vom Sehen her kannte, winkte mir zu und rief zu mir hinüber: »Hey, Enpunkt! Was ischen des fier a Bier?« Er lachte und hob seine Flasche. »Gang schaffa, dann kaasch d’r au a g’scheid’s ond aaschdändigs Bier leischde.« (Hey, Enpunkt! Was ist denn das für ein Bier? Geh arbeiten, dann kannst du dir auch ein gutes und anständiges Bier leisten.)
Mir fiel kein guter Spruch darauf ein. Ich lachte, wir prosteten uns über die Entfernung von wenigen Schritten zu, und ich ging weiter. Hannover im Sommer 1995, so dachte ich, würde ein Fest der fröhlichen Begegnungen werden …
05 September 2024
Die 90er-Jahre in Porz
Zu den Deutschpunk-Bands, die das Genre in den 90er-Jahren prägten, zählt für mich ohne Zweifel die Band Knochenfabrik. Ich sah sie nur einmal live, wenn ich mich recht erinnere, traf die Leute aber bei diversen Besuchen in Köln und bei anderen Gelegenheiten. Eigentlich kamen sie aus Porz, was zumindest damals bei jeder Gelegenheit beteuert wurde.
Zu den Stücken der Band, die ich bis heute noch klasse finde, zählt »Filmriss«. Der schrammelige Sound, der ebenfalls schrammelige Gesang, dazu ein Text, der klarmacht, dass man als Punk lieber säuft, als sich in die Leistungsgesellschaft einzureihen – das alles definierte Deutschpunkt in dieser Zeit noch einmal neu.
Die Platte »Ameisenstaat«, auf der sich das Stück befindet, kam 1997 heraus; damals durfte das Lied bei keinem Punk-Treffen in der Republik fehlen. Der Text ist sarkastisch und ziemlich genial, ich finde ihn immer noch großartig. Und so zählt das Stück mit seiner schlichten und eingängigen Melodie bis heute zu den Deutschpunk-Stücken der 90er-Jahre, die ich als Punkrock-Klassiker bezeichnen würde.
(Ja, ich weiß, es gibt auch eine HipHop-Version und noch einige andere moderne Versionen des Stücks. Die sind mir aber recht egal.)
04 September 2024
Die letzte Kneipe
Ken Loach ist ein Regisseur, der sich seit Jahren an soziale Themen heranwagt. Sein Film könnte mit einigen Unterschieden eigentlich auch im Norden von Frankreich oder in Teilen von Deutschland spielen: Verarmte Einheimische und Flüchtlinge stoßen aufeinander, und es gibt soziale Konflikte, die nicht immer von allen gelöst werden können. Dabei verzichtet der Regisseur auf Sozial-Kitsch.
Im Film gibt es Menschen, die sich engagieren, und Menschen, die hetzen und handgreiflich werden. Der Film bietet keine »Erlösung« an, er zeigt, wie sich die Verhältnisse entwickeln. Das ist oft bitter, manchmal aber auch skurril oder gar lustig. Am Ende sitzt man da und ist kurz vor dem Heulen – eine Reihe sehr emotionaler Szenen gibt’s am Schluss. Und klar ist: Solidarität ist letztlich das einzige, was in solchen Lagen helfen kann, denn Hass ist keine Lösung.
Alles in allem ist »The Old Oak« einer der Filme, die ich kaum mitbekomme. Ich bin froh, dass ich ihn nun endlich angesehen habe.
03 September 2024
Unterwasser-Phantastik für Kinder
Der in Norwegen lebende Hans Jorgen Sandnes ist Illustrator und Autor. Bei diesem Comic hat er sowohl die Bilder als auch die Texte geschaffen; die eigentliche Zielgruppe sind Kinder ab neun Jahren. Das 68 Seiten starke Heft lässt sich leicht lesen, ist für mich – da zu alt – dann aber doch ein wenig zu schlicht. Die Zeichnungen bestehen aus großflächigen Bildern, verzichten auf unnötige Details und sind sehr einfach gehalten; das gleiche gilt für die Geschichte.
Wer nach einem Phantastik-Thema für sehr junge Comic-Fans sucht, ist hier sicher nicht falsch beraten. Für einen erwachsenen Comic-Leser ist »Krypto« aber echt nur bedingt geeignet.
02 September 2024
Ein Bier zum Radio
»Leute, ich weiß nicht, ob es bei euch auch so hohe Temperaturen hat«, sagte ich in das Mikrofon, das mir hing. »Hier im Studio bewegt sich die Luft nicht, und zu allem Überfluss haben wir im Kühlschrank nur pisswarmes Bier.«
Es gehörte zu meiner Art der Moderation dazu, dass ich nicht nur über die Bands sprach, die ich spielte, sondern auch vom Drumherum erzählte. Es konnte bei solchen Gelegenheiten passieren, dass ich vom Thema abkam, dann nicht über die Punk-Szene von Los Angeles schrieb, sondern eher darüber, dass bald wieder Chaostage vor der Tür standen und man sich auf diese richtig vorzubereiten hatte. Und manchmal wehklagte ich eben auch über das Wetter oder fehlendes Bier.
Ich erzählte etwas über die kommende Punkrock-Band, dann schob ich den Regler für den Plattenspieler nach oben und zog den Regler für das Mikrofon herunter. Sogar auf dem Mischpult hinterließen meine Finger feuchte Spuren. Normalerweise lehnte ich mich in so einer Lage zurück und atmete kurz durch, bevor ich mich auf die nächste Platte und die nächste Moderation einließ.
Meine Sendung im Freien Radio Querfunk versuchte ich so ernsthaft wie möglich zu machen. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Leute mir zuhörten; es mussten einige sein, weil ich immer wieder auf sie angesprochen wurde.
Auf einmal klopfte es an der Tür zum Studio. Es klang energisch, das Pochen war laut. Irritiert stand ich auf. Man musste, wenn man zu uns ins Studio wollte, eine recht steile Treppe hinuntergehen, die vom Hof hinunterführte. Wer das nicht wusste, fand uns nicht unbedingt; für Publikumsverkehr waren unsere kleinen Räumlichkeiten im Keller des Gewerbehofs nicht ausgelegt.
Ein Mann stand vor der Tür, er war kleiner als ich und schwenke etwas in der Hand. Er stand im Dunkeln, ich hatte das Licht hinter mir und konnte ihn kaum erkennen. Aber weil er harmlos aussah, machte ich die Tür auf.
Es war »der Kreisler«, den ich seit meiner Ankunft in Karlsruhe hatte. Der Diplom-Ingenieur und Experte für Lautsprecherboxen hielt eine Flasche Bier in der Hand, von der das Kondenswasser tropfte. Ich wusste, dass seine Werkstatt um die Ecke lag. Staunend starrte ich ihn an.
»Ich hör doch immer deine Sendung«, sagt er im lokalen Dialekt, der immer ein wenig gemütlich klang. »Und bei der Hitze kein kaltes Bier, das ist nicht zumutbar. Prost.«
Er grinste mir zu, soweit ich das sehen konnte; ein weißer Bart bedeckte das Gesicht zur Hälfte, weiße Haare und buschige Augenbrauen in strahlendem Weiß vervollständigten das Bild. Dann winkte er und verschwand in der Dunkelheit, bevor ich noch mehr als ein »danke« hervorstoßen konnte.
Ich stand da und starrte ihm nach. Und mit dem Bier, das Dipl.-Ing. Jürgen Leppert mir gebracht hatte, lief der Rest der Radiosendung wie geschmiert.