25 September 2024

Ein Roman zum Lachen und zum Weinen

Es ist eine Situation, die wohl jeder Mensch in der einen oder anderen Weise kennt: Man nimmt sich viele Dinge vor, die man unbedingt erledigen möchte, idealerweise mit Zusätzen wie »dringend« oder »spätestens bis morgen« versehen – und schafft es nicht. Die Gründe für ein solches Scheitern sind vielfältig; mal ist es der Zeitmangel, dann die Gesundheit oder schlicht fehlende Lust. Und manchmal werden die Berge der unerledigten Arbeit immer größer und höher, bis man sie kaum noch zu überblicken scheint.

So geht es dem Ich-Erzähler in dem herrlichen Roman »Kleine Probleme« von Nele Pollatschek, der 2023 erschienen ist. Für die junge Autorin wurde er zum Überraschungserfolg; das Buch wurde mehrfach nachgedruckt und erhielt sehr gute Kritiken. Zu Recht, wie ich finde!

Ihr Ich-Erzähler ist einer jener Menschen, die alles vor sich herzuschieben scheinen. Er sieht sich selbst als Schriftsteller, der ein wichtiges Lebenswerk verfassen möchte. Doch er verrennt sich seit Jahren in allerlei Projekten, kommt keinen Schritt weiter und muss irgendwann erkennen, dass er in mancherlei Hinsicht gescheitert ist: Seine Frau hat ihn – zumindest für eine gewisse Zeit – einfach verlassen, mit der Familie hat er seine Probleme, und so sitzt er allein im Haus, bereitet sich auf den Jahreswechsel vor und hat eine »To-Do«-Liste, die auch unter normalen Umständen nicht zu schaffen wäre.

»Kleine Probleme« erzählt vom Scheitern und von kleinen Erfolgen, von der Schriftstellerei und dem Ringen um das richtige Wort, vor allem von der Zeit, die verfliegt, während um einen herum das Leben voranschreitet. Die Autorin versteht sich darauf, tief in das Innere ihres Helden zu blicken.

Man hat Verständnis für den Ich-Erzähler und möchte ihm doch auf jeder zweiten Seite ein »nun mach schon endlich!« entgegenschreien. Sie zeigt die Widersprüche in seinem Leben und seine Versuche, alles wiedergutzumachen, was er in den Jahren zuvor falsch gemacht oder versäumt hat. Dabei schildert sie die einzelnen Szenen so pointiert, dass ich bei der Lektüre immer wieder lachen musste.

Beim Stil bleibt die Autorin stets eng an ihrer Hauptfigur. Ihre Sätze hält sie damit auch eng an der »gesprochenen Sprache«, was ich nicht negativ meine. Der angehende Schriftsteller macht sich Gedanken über das Leben und seinen Sinn, hadert dann wieder mit sich selbst und läuft schimpfend durch das Haus – je nach Szene verändern sich dabei die Ausdrucksweise, die er benutzt. Das macht die Autorin sehr geschickt, so dass man bei der Lektüre nie aus dem Text geworfen wird.

»Kleine Probleme« ist sicher keine Weltliteratur und will das auch nicht sein. Der Roman ist unterhaltsam, er zeigt einen Menschen in einer extremen Lage, er ist tragisch und witzig zugleich. Sehr gelungen! (Wer mag, kann sich ja die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlags anschauen.)

Erschienen ist der Roman bei Galliani Berlin als Hardcover mit Schutzumschlag. Das Buch umfasst 208 Seiten und kostet 23,00 Euro (das E-Book gibt es für 19,99 Euro). 

(Diese Rezension wurde bereits im April auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier bringe ich sie zur »Ablage« für mich selbst noch einmal.)

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