Der Lastwagen fuhr immer dichter auf. Ich hatte das Gefühl, er wollte mich von der Straße schieben. Der Abstand zwischen seiner Front und meinem Kofferraum betrug sicher nicht mehr als zwei Meter. Und mir war klar, was er damit beabsichtigte: Er wollte, dass ich Gas gab oder die linke Spur räumte.
Dabei fuhr ich schon zu schnell: Die Geschwindigkeit auf diesem Abschnitt der Straße war auf Tempo 70 festgelegt. Ich hielt mich auf der linken Spur und fuhr mit 80 Stundenkilometern; rechts von mir rollten langsamere Autos, deren Fahrerinnen und Fahrer von den abbiegenden Straßen kamen oder in diese abbogen.
Die Straße führte von Karlsruhe direkt hinaus zur Autobahn und nach Ettlingen; sie war zweispurig, und man konnte irgendwann bechleunigen. Bis zu einem bestimmten Schild aber hatte man Tempo 70 einzuhalten. Ich wusste zudem, dass oft Radaranlagen aufgestellt waren.
Der Lastwagenfahrer hatte anscheinend eine andere Meinung. Er fuhr immer dichter auf, dann knallte er mir die Lichthupe rein, einmal, zweimal, dreimal. Ich sah, wie er hinter seiner Windschutzscheibe schrie und fuchtelte. Er hupte laut, die Lichthupe flackerte geradezu.
Erstaunlicherweise behielt ich die Nerven. Ich fuhr nicht schneller, und ich drängte nicht nach rechts zwischen die dort fahrenden Autos hinein. Als die Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben wurde, beschleunigte ich auf hundert Stundenkilometer, später dann auf die erlaubten 130.
Davor ließ ich aber die Windschutzscheite herunter und tat das, was man nicht tun sollte: Ich streckte den linken Arm hinaus und zeigte dem Lastwagenfahrer den Mittelfinger. Zumindest gegen ein Gesetz wollte ich an diesem Vormittag dann doch verstoßen …
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
13 November 2024
Wie ich das Gesetz brach …
12 November 2024
Ein bisschen nachhaltig
Das sieht man auch an der Wahl meiner Kleidung. Ich habe Schuhe, die ich immer noch regelmäßig trage und die buchstäblich Jahrzehnte alt sind. Solange das niemandem auffällt, trage ich sie weiterhin, vor allem, wenn sie immer noch funktionieren und das tun, wofür ich sie gekauft habe.
Manchmal aber muss ich doch Dinge wegwerfen, sogar T-Shirts, bei denen ich nicht einmal mehr erkennen kann, welches Motiv auf der Frontseite zu sehen ist. Das Bild belegt es gut: Das T-Shirt hatte ich mir 2007 in Singapur gekauft, es ist also über 17 Jahre alt. Ich trug es regelmäßig, gern beim Radfahren oder bei Hüpfkonzerten; es war also oft im Einsatz.
Dafür hielt es sich bemerkenswert lange. Mittlerweile aber war es löcherig. Das sieht man auf dem Bild nicht – aber in den Achselhöhlen zog es schon ordentlich, und der Stoff war recht fadenscheinig. Mit Trauer im Blick warf ich es dann in den Mülleimer.
Ich finde aber: Ein T-Shirt mal 17 Jahre lang zu benutzen, das ist echt das Gegenteil von Fast Fashion. Das ist dann schon ein bisschen nachhaltig ...
08 November 2024
Übersetzter Chandler
In meinem Regal steht noch die alte Übersetzung, sie stammte von Gunar Ortlepp und wurde 1974 angefertigt. Manchmal vergleiche ich und bin ganz schön verblüfft. Ein Beispiel:
Am Ende des zweiten Kapitels sagt Marlowe zu dem Butler; es geht um dessen Pflichten: »Nein. Aber ich würde mich sicher totlachen, wenn ich wüßte, worin sie bestehen.« So klang das 1974.
In der Neu-Übersetzung formuliert es Marlowe ebenfalls locker, aber es klingt sehr anders: »Nein. Aber es ist ein hübsches Ratespiel, was wohl alles dazu gehört.« Hm.
Ich seh's schon: Da werde ich wohl irgendwann das amerikanische Original zu Rate ziehen müssen.
Einer der besten Science-Fiction-Romane überhaupt
Meiner Ansicht nach ist Ursula K. LeGuin eine der besten Autorinnen, die es je in der phantastischen Literatur gegeben hat. Mit ihren Science-Fiction- und Fantasy-Romanen setzte sie über Jahrzehnte hinweg Maßstäbe. Seit vergangenem Jahr gibt es ihren Klassiker »Die linke Hand der Dunkelheit« in einer neuen Übersetzung, den ich endlich gelesen habe.
Das Werk wurde hierzulande vor vielen Jahren als »Winterplanet« veröffentlicht; diese Version kannte ich natürlich. Ich verglich bei der Lektüre nicht die beiden Übersetzungen und auch nicht das Original, hatte aber stets das Gefühl, dass Karen Nölle ihre Arbeit sehr gut gemacht hatte. Redaktionelle Anmerkungen sowie ein Vorwort der Autorin ordnen das Werk in größere Zusammenhänge ein – man kann es aber getrost »einfach so« durchschmökern.
Zum Inhalt: Auf der fernen Welt Winter siedelt ein menschenähnliches Volk; als wesentliche politischen Mächte stehen sich zwei Machtblöcke feindlich gegenüber. Ein Botschafter von der Erde soll mit den Regierungen in Kontakt treten und ihnen anbieten, der Ekumen beizutreten, einem Bund freier Welten. Doch das stellt sich als kniffliger heraus, als sich vielleicht anhört.
Der Botschafter glaubt einige Zeit lang, die unterschiedlichen Kulturen zu verstehen. Doch je mehr er zu verstehen glaubt, desto komplizierter wirkt alles auf ihn. Ein wesentlicher Grund dafür: Die auf Winter lebenden Menschen wechseln ihre Geschlechter. Wer ein Mann ist, wird irgendwann zur Frau und kann Kinder gebären, um später aber vielleicht wieder zum Mann zu werden. Dazu kommt, dass die Machtblöcke, durch die sich der Botschafter bewegt, recht eigentümliche Strukturen aufweisen.
Das könnte alles sehr theoretisch verlaufen – aber Ursula K. Le Guin schafft es in diesem Science-Fiction-Meisterwerk, den Botschafter auf eine Reise durch die Welt zu schicken, die man nach erfolgter Lektüre wohl nie vergessen wird. Er wird in Intrigen verwickelt, er muss illegal die Grenzen überqueren, er kommt ins Gefängnis und später in ein Lager, wo er fast stirbt, und am Ende durchreist in einer waghalsigen Flucht ein unwegsames Gebirge – eine Tour, die sich kaum ein Einheimischer zutraut.
Man kann den Roman allerdings kaum als schlichten Abenteuerroman lesen, man muss sich schon auf die geschilderten Gesellschaften einlassen. Vor allem am Anfang ist das nicht immer einfach. Hat man aber die Grundzüge der jeweiligen Gesellschaft verstanden, zieht einen die Geschichte unweigerlich in ihren Bann.
»Die linke Hand der Dunkelheit« hat seine erzählerische Wucht nicht verloren. In seinerspannenden Darstellung einer fremden Welt mit teilweise unbegreiflichen Sitten und Gebräuchen zählt der Roman zu den großen Klassikern der Science Fiction. Wer ihn schon kannte – so wie ich , hat vielleicht Lust, ihn mit neuer Übersetzung noch einmal zu lesen. Und wer ihn bislang nicht kannte, dem empfehle ich ihn als einen der wichtigen Romane der Science Fiction.
Veröffentlicht wurde die Neuauflage des Romans bei Fischer Tor als schickes Paperback. Das 352 Seiten starke Werk kostet in dieser Form 18,00 Euro und kann mithilfe der ISBN 978-3-596-70712-6 überall im Buchhandel bestellt werden – auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop. Das E-Book kostet übrigens 16,99 Euro.
(Die Rezension wurde im September 2024 auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN veröffentlicht. Hier wiederhole ich sie aus dokumentarischen Gründen.)
07 November 2024
Wenn die Bubble wuchert ...
Spannend finde ich, wer sich neuerdings in diesen Markt drängt. Gräfe und Unzer beispielsweise ist ein Verlag, der sich seit Jahrzehnten auf Ratgeber und Sachbücher spezialisiert hat. Seit diesem Herbst bietet der Verlag nun eine Reihe an, in der Romance-Romane mit »Mental-Health-Themen« verknüpft werden. Auf der Buchmesse in Frankfurt wurde das auch entsprechend gefeiert.
Das entsprechende Interview in der Fachzeitschrift »Börsenblatt« las ich mit großem Interesse. Die Bücher seien »waschechte New-Adult-Romane«, die halt »eine psychologische Komponente« aufweisen. Damit will man 2025 weitermachen. Ich finde das durchaus interessant.
Gespannt bin ich vor allem, wie sich das 2025 wirklich entwickelt. Wird man dann auch »Romantay-Romane mit Kochbuch-Anleihen« veröffentlichen? Gibt es »Romantasy meets Yoga«? Stellen sich die Verlage auf originelle Themen wie »Anders Reisen mit Romantasy« ein? Es kommen wunderbare Zeiten für die Fans der phantastischen Literatur – und ich freue mich schon sehr auf die Auswüchse.
06 November 2024
Tolles Thema blöd versenkt
Leider wird die ganze Idee kläglich kaputtgeschrieben. Für »Regen in Zeiten der Klimakrise oder Kann ChatGPT Literatur« kann ich beim besten Willen keine Empfehlung aussprechen.
Die Idee war: Die Autorinnen und Autoren, allesamt aus dem Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, sollten einen Text zum vorgegebenen Thema schreiben, daraus einen Prompt machen und dann schauen, was die Künstliche Intelligenz daraus macht. Original-Text, Prompt und KI-Version sollten gemeinsam veröffentlicht werden – um zu sehen, wie das mit der Literatur so ist.
Eine tolle Idee, echt! Aber …
Gut die Hälfte der Mitwirkenden verweigerte sich der Aktion. Es gibt im Buch also deren Texte, aber weder einen Prompt noch eine KI-Lösung. Warum machen die Leute dann bei so einer Aktion mit, und warum werden ihre Texte gedruckt, wenn sie sich der Aufgabe verweigern?
Aber auch die Texte, die gedruckt wurden, waren durch die Bank so schlecht, dass die KI sie nicht besser machen konnte, sondern halt triviale Abklatsch-Versionen lieferte. Was lernen wir daraus? Schlechte Gedichte, ideenlose Geschichten – das erste ist sogar eine schlechte Science-Fiction-trifft-die-Arche-Noah-Version – und selbstverliebte Experimente können gerne geschrieben werden, ChatGPT macht aus diesem Murks aber nichts, das man hinterher lesen möchte.
Ich lese gern, ich lese viel. Die Anthologie »Regen in Zeiten der Klimakrise oder Kann ChatGPT Literatur« kann man sich allerdings sparen. (Sie ist ein Beleg dafür, dass auch in einem guten Verlag wie Hirnkost bisweilen Texte erscheinen, die ich grausig und unlesbar finde.)
Eine Bahnhofshalle in Frankreich
Die Anthologie erschien 1980 in der Reihe »Die besten Stories aus The Magazine of Fantasy and Science Fiction«, es war die Folge 57 dieser Reihe, in der sich immer wieder Perlen entdecken lassen. Zusammengestellt wurde sie von Manfred Kluge, und ich trauere ein wenig den Zeiten nach, in denen ständig hochwertige Anthologien mit internationaler Science Fiction veröffentlicht wurden.
Die Geschichte spielt in Frankreich – für amerikanische Leser dürfte das exotisch genug gewesen sein – und irgendwann im 20. Jahrhundert. Ohne ins Detail zu gehen: Ein Durchgang in einer Bahnhofshalle führt offensichtlich in andere Dimensionen. Dort kann man unglaubliche Abenteuer erleben und kehrt dann, ohne Zeit verloren zu haben, in die eigene Welt zurück.
Das ist vielleicht nicht schreiend originell, aber Joanna Russ macht daraus eine elegant geschriebene, sehr unterhaltsame Geschichte, die wunderbar unterhält und sehr leichtfüßig daherkommt. Ob das nun Science Fiction oder Fantasy ist, darüber mögen die Gelehrten schreiben – in ihrer klassischen Art hat mich die Geschichte auf jeden Fall überzeugt.
Manchmal ist so ein Traum von anderen Welten sowieso zu begrüßen. Vielleicht ist das ein eskapistischer Gedanke, vielleicht ist es sogar weltfremd, solche Träume zu haben. An manchen Tagen aber finde ich sie sehr postitiv.
05 November 2024
Ein Schwarzfahrer von 1993
Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein Schwarzer Mann sitzt in einer Straßenbahn neben einer älteren weißen Frau, und die beschimpft ihn in einer Tour. Gleichzeitig ist ein weißer Mann im Zug, der sehr schnell eingestiegen ist und keine Fahrkarte besitzt. Als ein Kontrolleur den Wagen betritt, eskaliert die Situation gewissermaßen ...
Der Film ist in Schwarzweiß gehalten, wodurch er noch älter aussieht, als er ist. Gedreht wurde er 1993, er spielt augenscheinlich in Berlin, könnte aber in jeder anderen deutschen Großstadt angesiedelt sein. Ich fand ihn gut erzählt und witzig; mit zwölf Minuten hat er eine angenehme Länge.
Wer ihn noch nicht kennt: unbedingt angucken! Und alle anderen können ja noch mal reingucken ...
Großartige Graphic Novel mit Musik und Emotion
Es gibt Comics, die entziehen sich den üblichen Kategorien von Genre und Zeichenstil; sie begeistern mich durch ihre originelle Art. Ein solcher Comic ist »Ballade für Sophie«, eine Graphic Novel, die im Sommer des vergangenen Jahres erschienen ist und für mich einer der besten Comics im Jahr 2023 war.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1933 und in einem Dorf in Frankreich. Dort treffen zwei Klavierspieler erstmals aufeinander: Der eine entstammt einer wohlhabenden Familie, die in ihm einen Künstler sieht, der andere kommt aus der Unterschicht und ist ein musikalisches Genie. Die Geschichte findet ihren Abschluss im Jahr 1997, als sich eine junge Journalistin auf die Spur eines Geheimnisses macht: Warum hat ein berühmter Komponist vor Jahren seine Kunst abgelegt und nie wieder ein Klavier angerührt?
»Ballade für Sophie« fasst ein halbes Jahrhundert in einen Comic; am Beispiel der beiden Klavierspieler wird quasi die Geschichte Frankreichs erzählt. Von der Vorkriegszeit über die Zeit der deutschen Besatzung bis hin zu den Aufschwungzeiten der fünfziger und sechziger Jahre spannt sich der Bogen. Wie in einem großen Roman prallen die Gegensätze aufeinander, spielen einzelne Figuren wichtige Rollen, geht es teilweise sehr emotional zu.
Das Szenario, das sich Filipe Melo ausgedacht hat, ist wirklich »groß«; es würde für einen Film oder einen wuchtigen Gesellschaftsroman locker ausreichen. (Ich halte den Comic ja auch für eine künstlerische Richtung, die man als gleichwertig zu Film und Roman ansehen muss.) Der Autor setzt die Dialoge auf den Punkt, er entwickelt seine Figuren über all die Zeiten hinweg glaubhaft und in sich schlüssig.
Und er nimmt die Leser emotional mit: Man möchte zwischendurch bei der Lektüre echt weinen – das mag zwar kitschig klingen, kommt aber meinen Empfindungen nahe.
Grafisch bleibt Juan Cavia mit seinen Bildern ebenso originell. Die Figuren sind leicht verzerrt, die Farbgebung ist absichtlich ein wenig »falsch«; unterm Strich kann man diesen Stil als »künstlerisch« bezeichnen, was ich hier positiv meine.
Cavia stellt die Figuren mit ihren Emotionen und all ihrem Innenleben klar und eindeutig dar. Seine Bilder zeigen, wie die Musik bei den Zuhörern ankommt und wie sie buchstäblich dazu führt, die Grenzen des Raumes zu sprengen. Ich empfehle unbedingt, die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlages anzuschauen!
Entstanden ist auf diese Weise ein umfangreicher Comic-Roman im kleineren »Book«-Format, also nicht im Format eines Albums. Ein so umfangreiches Werk kostet seinen Preis: Die 45,00 Euro finde ich absolut angemessen. Ich halte »Ballade für Sophie« für ein Meisterwerk, das ich seit der ersten Lektüre schon einige Male in der Hand hatte.
Wer sich dafür interessiert, bekommt das Comic-Buch überall im Comic-Fach- und Buchhandel. Die ISBN 978-3-98721-118-8 kann bei der Bestellung hilfreich sein. Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop liefern »Ballade für Sophie« ebenfalls aus.
(Die Rezension erschien ursprünglich auf der PERRY RHODAN-Seite. Hier wiederhole ich sie vor allem aus dokumentarischen Gründen.)
04 November 2024
Brot und Spiele in der Zukunft
Im Mai 2020 veröffentlichte der Verlag Schreiber & Leser einen Comic, der für mich damals schlicht unterging. Im ersten »Lockdown« waren Comic-Läden und andere Buchhandlungen geschlossen, viele Leute waren verunsichert und kauften deutlich weniger ein als sonst. Viele Romane und Comics, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, erhielten so kaum Aufmerksamkeit.
Aus diesem Grund erlaube ich mir, an dieser Stelle einen Comic vorzustellen, der zwar schon vier Jahre alt ist, für die meisten Leserinnen und Leser trotzdem »neu« genug sein sollte. »Mechanica Caelestium« spielt im Großraum Paris und im Jahr 2068, in einer düsteren Zukunft, die sich stark von der unseren unterscheidet. Mittlerweile ist ein zweiter Teil veröffentlicht worden, ich schreibe hier aber nur über den ersten Band.
Offensichtlich hat es einen Krieg gegeben, der weite Teil der uns bekannten Welt zerstört hat. Menschen leben in den Trümmern der Städte oder haben sich in den Wäldern eine neue Heimat aufgebaut; es herrschen Armut und Not. Eine zentrale Regierung für Frankreich gibt es nicht mehr, sondern unabhängige Dörfer und einige größere Staatsgebiete – sofern man diesen Begriff benutzen kann. Die Technik von früher wird gelegentlich eingesetzt, zum größten Teil aber nicht verstanden.
Aster ist eine junge Frau, die in einer Waldhütte wohnt und zu den Außenseitern der Gesellschaft gehört. Mit ihrem Kumpel Juba stromert sie durch die Ruinen der alten Städte – man erkennt immer wieder Aufschriften, die auf die frühere Zivilisation hinweisen – und steuert ihr Boot über ehemalige Boulevards, die längst zu einer Seenfläche geworden sind. Was sie finden, versuchen sie in einem Ort namens Pan gegen Nahrungsmittel umzutauschen. Ihr Leben ist anstrengend, aber sie sind frei; und weil Pan als kleines Bauerndorf seine Bewohner ernähren kann, kommen sie halbwegs gut durchs Leben.
Dann aber greift eine größere Macht nach dem kleinen Pan und seinen Bewohnern. Um diesem Druck standzuhalten, müssen sich Aster und ihre Freunde ausgerechnet auf eine Art Ballspiel einlassen, dessen Schwierigkeitsgrade sich von Runde zu Runde steigern. Beim Mechanica Caelestium kommen auch Techniken aus der Zeit von vor dem Krieg zum Einsatz, und es geht hoch her ...
Merwan Chabane – als Künstler benutzt er nur seinen Vornamen – ist der Autor und Illustrator dieses packenden Science-Fiction-Comics, der durchaus seine Schwächen im Weltenbau hat (wie hängt das alles zusammen, und warum zum Teufel ist das Spiel so wichtig?), an sich aber durch seine spannende Geschichte packt und mitreißt.
Der Künstler bleibt die meiste Zeit an der Seite seiner Hauptfigur, und so erlebt man die Kämpfe zumeist aus der Sicht Asters. Andere Bilder zeigen aber die politischen Unruhen, die parallel ausbrechen, ohne dass das groß thematisiert wird. Diese Darstellung kommt mir schlüssig vor, Aster bekommt davon ja auch nichts mit.
Das ist alles spannend erzählt und macht viel Freude; die Dialoge sind oft sarkastisch, womit die düstere Zukunftsvision schlagartig ein wenig optimistischer wirkt. Künstlerisch gefällt mir der Comic ebenfalls: Die Zeichnungen sind dynamisch, die Action wird klar gezeigt, Merwan verzichtet aber auf die Darstellung von übertriebener Brutalität. Gelegentlich schimmert ein leichter »Funny-Stil« durch, mit den klassischen Knollennasen hat das aber alles nichts zu tun.
Bei »Mechanica Caelestium« handelt sich um einen actiongeladenen Science-Fiction-Comic, dessen Lektüre gut unterhält. Die Ausgabe bei Schreiber & Leser sieht toll aus: ein Hardcover-Band mit 208 Seiten Umfang, den man für 32,90 Euro überall im Comicfach- und Buchhandel bestellen kann.
Wer sich für das Buch interessiert, erfährt auf der Verlags-Seite mehr. Dort steht auch ein Buch-Trailer zur Verfügung, den man sich angucken kann.
(Die Rezension hatte ich im August bereits auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN veröffentlicht. Hier teile ich sie aus dokumentarischen Gründen.)
Einmal Horror, einmal Punkrock
Sehr amüsant ist Rüdiger Schäfers Geschichte »Audienz beim dunklen Herrscher«. Mit dem dunklen Herrscher bin eindeutig ich gemeint, und der Autor schafft es, eine gruselige Atmosphäre um Rastatt und den Verlag zu erzeugen, die ich sehr sympathisch finde. Die Pointe ist ein wenig berechenbar, aber die Geschichte an sich ist toll geschrieben. Eine Prise Horror also!
Punkrock gibt es in »Alles Gute, Peter Pank« von Marc A. Herren. Der Autor erzählt eine Geschichte, die inhaltlich zu meinen »Peter Pank«-Romanen passt, aber in Bern spielt. Er blendet – wie in den veröffentlichten »Peter Pank«-Büchern – Liedzeilen von Bands ein, und erzählt eine rundum gelungene Geschichte, in der ganz nebenbei noch ein zusammengerolltes Romanheft thematisiert wird.
Ich war von beiden Texten geradezu gerührt. Das klingt vielleicht blöd, ist aber so. Und jetzt bin ich sehr gespannt darauf, wie das Buch weitergeht ...