Ich komme aus einer Region, in der es nicht üblich ist, dass Kreuze und Heiligenbilder am Straßenrand stehen. In eher katholisch geprägten Regionen – etwa in Bayern – sieht man das öfter. Ebenfalls sieht man solche Kreuze in der Bretagne.
Unter anderem stolperte ich in der Region Finisterre buchstäblich an jeder Ecke über ein solches Kreuz. Das fand ich sehr eindrucksvoll. Und eines musste ich unbedingt fotografieren.
So ein Kreuz müsste man nicht einmal mit Photoshop bearbeiten oder grafisch irgendwie verändern: Das würde als Titelbild für einen Horror-Roman sofort genügen. Da sieht man doch geradezu die gruseligen Geschichten aus dem Gebüsch purzeln …
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
30 November 2018
28 November 2018
Mit der Goldstadt durch die Wüste
Als ich im Dezember 1987 die Grenze zwischen Marokko und Algerien überquerte, hatte ich den Algerien-Reiseführer aus dem Goldstadt-Verlag in der Tasche. Als ich im Januar 1988 die Grenze zwischen Algerien und Niger überquerte, steckte ich den Reiseführer in meinen großen Seesack, um ihn in der Folge durch Niger, Burkina Faso und Togo zu schleppen.
Seither behielt ich ihn, auch wenn ich nie wieder nach Algerien kam. Immer wieder träumte ich davon, die Reise von damals zu wiederholen: Noch einmal wollte ich quer durch die Sahara fahren, noch einmal Ghardaia und Tamanrasset besuchen, noch einmal die Weiten der Wüste zu erleben und in den Hoggar zu blicken.
Aber von Jahr zu Jahr wurde klarer, dass ich das nicht machen würde. Zuerst kam der fürchterliche Bürgerkrieg, der jegliche Reise durch das Land unmöglich machte, und heutzutage könnte ich mir es zeitlich nicht mehr leisten – gesundheitlich vielleicht auch nicht mehr –, für einen Monat nach Afrika zu verschwinden. Die Zeiten haben sich geändert, eben auch für mich.
Und so hielt ich den Algerien-Reiseführer aus dem Goldstadt-Verlag nicht nur einmal in der Hand, wiegte ihn hin und her. Bei jedem Umzug hatte ich ihn in der Hand gehalten: Sollte ich ihn wegwerfen oder aufbewahren? War er nur eine sentimentale Erinnerung, bedeutete er mir vielleicht doch mehr?
Dieser Tage stand die Entscheidung wieder vor der Tür. Immer mal wieder versuche ich, in meinen Regalen zu räumen. Bücher, die ich seit Jahren nicht mehr in der Hand hatte, kommen weg – ich stelle sie in den Bücherschrank oder verschenke sie anderweitig –, damit ich Platz für neue Bücher habe. Der Algerien-Reiseführer hatte nicht nur einmal eine solche Aktion überlebt.
Und so stand ich da, und so sitze ich da, halte den Reiseführer in der Hand, blättere in den Seiten, versinke in der Hochebene von Tademeit, fahre durch die Schlucht von Arak, umkreise den Sitz des Marabout und fahre weiter durch gleißendes Licht hinunter bis an die Küsten von Westafrika.
Ich glaube, ich muss dieses Buch behalten. Es regt in mir Erinnerungen im positiven Sinn ...
Seither behielt ich ihn, auch wenn ich nie wieder nach Algerien kam. Immer wieder träumte ich davon, die Reise von damals zu wiederholen: Noch einmal wollte ich quer durch die Sahara fahren, noch einmal Ghardaia und Tamanrasset besuchen, noch einmal die Weiten der Wüste zu erleben und in den Hoggar zu blicken.
Aber von Jahr zu Jahr wurde klarer, dass ich das nicht machen würde. Zuerst kam der fürchterliche Bürgerkrieg, der jegliche Reise durch das Land unmöglich machte, und heutzutage könnte ich mir es zeitlich nicht mehr leisten – gesundheitlich vielleicht auch nicht mehr –, für einen Monat nach Afrika zu verschwinden. Die Zeiten haben sich geändert, eben auch für mich.
Und so hielt ich den Algerien-Reiseführer aus dem Goldstadt-Verlag nicht nur einmal in der Hand, wiegte ihn hin und her. Bei jedem Umzug hatte ich ihn in der Hand gehalten: Sollte ich ihn wegwerfen oder aufbewahren? War er nur eine sentimentale Erinnerung, bedeutete er mir vielleicht doch mehr?
Dieser Tage stand die Entscheidung wieder vor der Tür. Immer mal wieder versuche ich, in meinen Regalen zu räumen. Bücher, die ich seit Jahren nicht mehr in der Hand hatte, kommen weg – ich stelle sie in den Bücherschrank oder verschenke sie anderweitig –, damit ich Platz für neue Bücher habe. Der Algerien-Reiseführer hatte nicht nur einmal eine solche Aktion überlebt.
Und so stand ich da, und so sitze ich da, halte den Reiseführer in der Hand, blättere in den Seiten, versinke in der Hochebene von Tademeit, fahre durch die Schlucht von Arak, umkreise den Sitz des Marabout und fahre weiter durch gleißendes Licht hinunter bis an die Küsten von Westafrika.
Ich glaube, ich muss dieses Buch behalten. Es regt in mir Erinnerungen im positiven Sinn ...
27 November 2018
Politiker und andere 2008-Angelegenheiten
Wenn man meint, das Jahr 2018 sei besonders seltsam, hilft es, auch mal in Unterlagen zu schauen, die zehn Jahre alt sind. In meinem Fall blicke ich da nur in den Blog – der ist nun mal mein öffentliches Tagebuch, mit Einschränkungen natürlich. Also schaue ich mir interessiert mal einige Einträge aus dem November 2008 an ...
»Mein neuer Polit-Liebling« titelte ich am 18. November und spottete über einen CSU-Politiker. Wie sehr sich die Maßstäbe verschoben haben. Heute würde man den Mann zur »konservativen Mitte« zählen, weil sich sogar rechts von der CSU eine Partei breit machen konnte.
Über den »Antiamerikanismus« schrieb ich am 22. November. Das war durchaus selbstkritisch gemeint. Aber auch hier gilt: Vergleicht man die damalige US-Regierung mit der heutigen, muss man feststellen, dass sich einiges zum Schlechteren verändert hat.
Über das Fanzine »Follow« schrieb ich am 23. November 2008 unter »Follow zum vierhundertsten« – das erreichte damals seine Ausgabe 400, die ich seltsam gelangweilt durchblätterte. In diesem Fantasy-Verein bin ich ja immer noch Mitglied, wenngleich noch genauso faul wie damals.
Unter dem Titel »Giesa-Erinnerung« ging es um einen damals aktuellen Roman der Serie »Professor Zamorra«. Kurz zuvor war der Schriftsteller Werner Kurt Giesa gestorben, den ich auch gekannt hatte, nicht sonderlich gut, aber immerhin über lange Jahre.
Aber natürlich ging es vor zehn Jahren ebenfalls um Krachmusik. Ich schrieb am 25. November über »Brat Pack knallen in die 80er-Jahre« und meinte das sehr ernsthaft. Die Band könnte ich auch mal wieder anhören.
Und Politik? Gleich noch mal. »Macht besessen« beschäftigte sich am 26. November 2008 mit einem Politiker, der damals gerade die SPD verlassen hatte. Manchmal wundert es mich, dass es diese Partei überhaupt noch gibt.
Und am 28. November 2008 schrieb ich über ein Thema, das sich in Luft und Asche aufgelöst hat. »Geheimes Buchprojekt« war so geheim, dass es nie fertigwurde und ich immer mal wieder traurig vor der Datei sitze ...
»Mein neuer Polit-Liebling« titelte ich am 18. November und spottete über einen CSU-Politiker. Wie sehr sich die Maßstäbe verschoben haben. Heute würde man den Mann zur »konservativen Mitte« zählen, weil sich sogar rechts von der CSU eine Partei breit machen konnte.
Über den »Antiamerikanismus« schrieb ich am 22. November. Das war durchaus selbstkritisch gemeint. Aber auch hier gilt: Vergleicht man die damalige US-Regierung mit der heutigen, muss man feststellen, dass sich einiges zum Schlechteren verändert hat.
Über das Fanzine »Follow« schrieb ich am 23. November 2008 unter »Follow zum vierhundertsten« – das erreichte damals seine Ausgabe 400, die ich seltsam gelangweilt durchblätterte. In diesem Fantasy-Verein bin ich ja immer noch Mitglied, wenngleich noch genauso faul wie damals.
Unter dem Titel »Giesa-Erinnerung« ging es um einen damals aktuellen Roman der Serie »Professor Zamorra«. Kurz zuvor war der Schriftsteller Werner Kurt Giesa gestorben, den ich auch gekannt hatte, nicht sonderlich gut, aber immerhin über lange Jahre.
Aber natürlich ging es vor zehn Jahren ebenfalls um Krachmusik. Ich schrieb am 25. November über »Brat Pack knallen in die 80er-Jahre« und meinte das sehr ernsthaft. Die Band könnte ich auch mal wieder anhören.
Und Politik? Gleich noch mal. »Macht besessen« beschäftigte sich am 26. November 2008 mit einem Politiker, der damals gerade die SPD verlassen hatte. Manchmal wundert es mich, dass es diese Partei überhaupt noch gibt.
Und am 28. November 2008 schrieb ich über ein Thema, das sich in Luft und Asche aufgelöst hat. »Geheimes Buchprojekt« war so geheim, dass es nie fertigwurde und ich immer mal wieder traurig vor der Datei sitze ...
26 November 2018
Originelle Grafik, originelle Comic-Story
Es gibt Comics, da muss ich sagen: Objektiv sind sie toll, subjektiv kann ich damit dann doch nicht so viel damit anfangen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist »Betty Boob«: eine grafisch ungewöhnliche Geschichte, die ein ernsthaftes Thema in künstlerischer und sehr origineller Weise verarbeitet.
Der Reihe nach: Betty heißt in Wirklichkeit Elisabeth. Sie hat Brustkrebs, und sie verliert während der Therapie sowohl die Haare als auch ihre linke Brust. Ihr Leben scheint am Ende zu sein: Ihr Mann verlässt sie, den Job verliert sie, die Perücke wird vom Wind verweht.
In ihrer Verzweiflung rennt Elisabeth durch die Stadt, immer auf der Jagd nach ihrer Perücke, und dabei landet sie auf einem Schiff und in einem Burlesque-Theater der besonderen Art. Dort beginnt ihr neues Leben ...
Was hier so kurz angerissen wird, erzählen Vero Cazot und Julie Rocheleau in durchaus eindrucksvoller Weise. Der Comic kommt fast ohne Worte aus, die Geschichte wird durch Bilderfolgen erklärt, die ineinander übergehen, die Raum für phantastische Ideen lassen, die ich als expressionistisch bezeichnen würde. Wie aus Elisabeth letztlich die Tänzerin Betty Boob wird, erzählen die beiden auf eine sehr interessante Art und Weise.
Es ist die Geschichte einer Frau, die sich selbst überwinden muss und sich dabei selbst findet. Sie verliert ihre Weiblichkeit und findet sie wieder – und das alles wird in einer Bildsprache erzählt, die ich für sehr eigenständig halte. Das ging auch anderen Leuten so, dieser Comic wurde mit dem französischen Buchhandelspreis für Comics ausgezeichnet.
Ich hatte dennoch meine Probleme mit der Geschichte, wobei ich feststellte, wie konservativ ich dann doch bin. Offenbar ist mir eine »normal« erzählte Geschichte lieber; ich mag es eben, wenn Bilder und Dialoge in der bekannten Reihenfolge nacheinander kommen.
»Betty Boob« verstört einen gewissermaßen. Sowohl die Sehgewohnheiten als auch die bisherigen Lesekenntnisse werden auf die Probe gestellt. (Vielleicht liegt's sogar an meinem Geschlecht, das dazu beiträgt, dass ich diese weibliche Sicht auf das Thema Brust-Operation nicht so wahrnehme wie andere.)
Langer Rede kurzer Sinn: Ich erkenne, dass ich hier einen Comic vor mir habe, der sehr gut ist. Ich gestehe aber auch, dass es nicht »meins« ist. Checkt doch einfach selbst die Leseprobe auf der Seite des Splitter-Verlages.
Der Comic-Band ist im schicken Hardcover-Kleinformat erschienen, also in der Größe eines amerikanischen Comic-Heftes. Er umfasst 184 Seiten und kostet 24,80 Euro, was völlig korrekt ist. Und wer sich für den Comic interessiert, bekommt ihn mithilfe der ISBN 978-3-96219-268-6 in jedem Comic-Laden. Mein Lieblings-Versandhändler und der Splitter-Verlag mit seinem Shop liefern ihn aber auch, man muss nicht nach Amazonien rudern, um das Buch zu bestellen.
Der Reihe nach: Betty heißt in Wirklichkeit Elisabeth. Sie hat Brustkrebs, und sie verliert während der Therapie sowohl die Haare als auch ihre linke Brust. Ihr Leben scheint am Ende zu sein: Ihr Mann verlässt sie, den Job verliert sie, die Perücke wird vom Wind verweht.
In ihrer Verzweiflung rennt Elisabeth durch die Stadt, immer auf der Jagd nach ihrer Perücke, und dabei landet sie auf einem Schiff und in einem Burlesque-Theater der besonderen Art. Dort beginnt ihr neues Leben ...
Was hier so kurz angerissen wird, erzählen Vero Cazot und Julie Rocheleau in durchaus eindrucksvoller Weise. Der Comic kommt fast ohne Worte aus, die Geschichte wird durch Bilderfolgen erklärt, die ineinander übergehen, die Raum für phantastische Ideen lassen, die ich als expressionistisch bezeichnen würde. Wie aus Elisabeth letztlich die Tänzerin Betty Boob wird, erzählen die beiden auf eine sehr interessante Art und Weise.
Es ist die Geschichte einer Frau, die sich selbst überwinden muss und sich dabei selbst findet. Sie verliert ihre Weiblichkeit und findet sie wieder – und das alles wird in einer Bildsprache erzählt, die ich für sehr eigenständig halte. Das ging auch anderen Leuten so, dieser Comic wurde mit dem französischen Buchhandelspreis für Comics ausgezeichnet.
Ich hatte dennoch meine Probleme mit der Geschichte, wobei ich feststellte, wie konservativ ich dann doch bin. Offenbar ist mir eine »normal« erzählte Geschichte lieber; ich mag es eben, wenn Bilder und Dialoge in der bekannten Reihenfolge nacheinander kommen.
»Betty Boob« verstört einen gewissermaßen. Sowohl die Sehgewohnheiten als auch die bisherigen Lesekenntnisse werden auf die Probe gestellt. (Vielleicht liegt's sogar an meinem Geschlecht, das dazu beiträgt, dass ich diese weibliche Sicht auf das Thema Brust-Operation nicht so wahrnehme wie andere.)
Langer Rede kurzer Sinn: Ich erkenne, dass ich hier einen Comic vor mir habe, der sehr gut ist. Ich gestehe aber auch, dass es nicht »meins« ist. Checkt doch einfach selbst die Leseprobe auf der Seite des Splitter-Verlages.
Der Comic-Band ist im schicken Hardcover-Kleinformat erschienen, also in der Größe eines amerikanischen Comic-Heftes. Er umfasst 184 Seiten und kostet 24,80 Euro, was völlig korrekt ist. Und wer sich für den Comic interessiert, bekommt ihn mithilfe der ISBN 978-3-96219-268-6 in jedem Comic-Laden. Mein Lieblings-Versandhändler und der Splitter-Verlag mit seinem Shop liefern ihn aber auch, man muss nicht nach Amazonien rudern, um das Buch zu bestellen.
25 November 2018
Grindelwalds Verbrechen
»Puh.« Das sagte ich, als ich im »Filmpalast« in Karlsruhe aus dem IMAX herauskam und meine Drei-D-Brille abgab. Und dann noch mal: »Puha.« Ich brauchte eine Weile, um eine vernünftige Stellungnahme zu »Grindelwalds Verbrechen« hinzubekommen.
Mittlerweile habe ich ein klares Wort dafür: »unentschlossen«. Der Film ist nicht schlecht, ich habe mich sehr gut unterhalten. Er weist eine Reihe von starken Sequenzen auf – die Gefangenenbefreiung am Anfang etwa –, bringt aber derart viele verworrene Abläufe, dass ich zeitweise kopfschüttelnd im Kinosaal saß.
Seien wir fair: Ich habe die »Harry Potter«-Filme alle sehr gern gesehen und fand den ersten Teil von »Phantastische Tierwesen« großartig – so viele tolle Monster, so viele coole Bilder, so viel Phantasie. Bei diesem zweiten Teil der Serie war ich streckenweise einfach verwirrt.
Ich verzichte darauf, die Schwächen aufzuzählen oder den Inhalt zu erzählen. Das eine ginge sowieso nicht ohne das andere, und man kann das alles im Netz nachlesen. Nur fiel mir halt eines auf: Man versteht diesen Film nicht, wenn man den ersten Teil nicht mehr im Kopf hat. So ging es mir.
Ich wusste nach zwei Jahren einfach nicht mehr, wer welche Frau war. Mit welcher Dame war der Held verliebt, verlobt oder verschwägert? Wer war noch mal dieser Credence, der offenbar der Auslöser für ganz viele Geheimnisse ist? Und wieso muss ich all diese verwickelten Familiengeschichten lernen, wenn ich doch einfach haufenweise coole Fantasy-Viecher sehen will?
Trotzdem: Es gibt in diesem Film auch coole Szenen. Wenn der Held in seinem Koffer unterwegs ist, hat das viele Schauwerte. Die Besuche in Hogwarts sind für jeden »Harry Potter«-Freund ein willkommenes Vergnügen. Die Darstellung von Paris ist stark, das haben die Macher des Films toll gemacht.
Ich kann ihn nur bedingt empfehlen. Man muss entweder das Hirn ganz stark einschalten, um alles zu kapieren, oder es komplett ausschalten, um alles genießen zu können. So ein Zwischendrin, wie ich mir es gegönnt habe, führt zu Verwirrungen; so viel weiß ich nun.
Mittlerweile habe ich ein klares Wort dafür: »unentschlossen«. Der Film ist nicht schlecht, ich habe mich sehr gut unterhalten. Er weist eine Reihe von starken Sequenzen auf – die Gefangenenbefreiung am Anfang etwa –, bringt aber derart viele verworrene Abläufe, dass ich zeitweise kopfschüttelnd im Kinosaal saß.
Seien wir fair: Ich habe die »Harry Potter«-Filme alle sehr gern gesehen und fand den ersten Teil von »Phantastische Tierwesen« großartig – so viele tolle Monster, so viele coole Bilder, so viel Phantasie. Bei diesem zweiten Teil der Serie war ich streckenweise einfach verwirrt.
Ich verzichte darauf, die Schwächen aufzuzählen oder den Inhalt zu erzählen. Das eine ginge sowieso nicht ohne das andere, und man kann das alles im Netz nachlesen. Nur fiel mir halt eines auf: Man versteht diesen Film nicht, wenn man den ersten Teil nicht mehr im Kopf hat. So ging es mir.
Ich wusste nach zwei Jahren einfach nicht mehr, wer welche Frau war. Mit welcher Dame war der Held verliebt, verlobt oder verschwägert? Wer war noch mal dieser Credence, der offenbar der Auslöser für ganz viele Geheimnisse ist? Und wieso muss ich all diese verwickelten Familiengeschichten lernen, wenn ich doch einfach haufenweise coole Fantasy-Viecher sehen will?
Trotzdem: Es gibt in diesem Film auch coole Szenen. Wenn der Held in seinem Koffer unterwegs ist, hat das viele Schauwerte. Die Besuche in Hogwarts sind für jeden »Harry Potter«-Freund ein willkommenes Vergnügen. Die Darstellung von Paris ist stark, das haben die Macher des Films toll gemacht.
Ich kann ihn nur bedingt empfehlen. Man muss entweder das Hirn ganz stark einschalten, um alles zu kapieren, oder es komplett ausschalten, um alles genießen zu können. So ein Zwischendrin, wie ich mir es gegönnt habe, führt zu Verwirrungen; so viel weiß ich nun.
24 November 2018
Eine Fahrt durch den Schnee
Warum ich ausgerechnet in der Innenstadt von Karlsruhe auf meine alte Tante stieß, vergaß ich sofort wieder. Sie war ein wenig verwirrt, und sie wollte unbedingt nach Hause. Also entschied ich mich spontan, sie in das Dorf zu fahren, in dem sie wohnte. Weder über das Treffen noch über den anschließenden Dialog machte ich mir große Gedanken.
Wir fuhren los, wir verließen recht schnell die Innenstadt von Karlsruhe – und ehe ich noch einmal nachdenken konnte, rollten wir bereits über die Hügel hinter Dornstetten, der kleinen Stadt unweit des Dorfes, in dem ich aufgewachsen war. Meine Tante wohnte in Salzstetten, einem der Teilorte der Verbandsgemeinde Waldachtal, und ich erinnerte mich daran, dass sie an einem Hang wohnte und dass man von ihrem Wohnzimmerfenster auf einen Bach hinuntersehen konnte.
Hinter Dornstetten begann das Schneetreiben. Der Wind peitschte Unmengen von Schnee über die sanften Hügel, verfing sich an Büschen und Bäumen und überschüttete buchstäblich mein Auto. Ich kam nur langsam voran, musste immer wieder vorsichtig abbremsen und fuhr ebenso vorsichtig weiter. Meine Tante saß still neben mir, ich war völlig konzentriert und hörte auch keine Musik. So rollten wir auf den Wald zu, hinter dem die Dörfer von Waldachtal kommen würden.
Als wir in den Wald eindrangen, wurde es schlagartig dunkel um uns. Der Schnee fiel sanft aus der Höhe herunter, es ging kein Wind mehr. Rechts und links der Straße standen die Bäume, zwischen denen sich nichts rührte.
»Ich hoffe ja, dass wir es nach Salzstetten schaffen«, murmelte ich. Als ich nach rechts blickte, war der Beifahrersitz leer. Meine Tante saß nicht mehr neben mir. Verwirrt blickte ich hinaus ins Schneetreiben. Mein Auto stand auf einmal.
Da wachte ich auf.
Wir fuhren los, wir verließen recht schnell die Innenstadt von Karlsruhe – und ehe ich noch einmal nachdenken konnte, rollten wir bereits über die Hügel hinter Dornstetten, der kleinen Stadt unweit des Dorfes, in dem ich aufgewachsen war. Meine Tante wohnte in Salzstetten, einem der Teilorte der Verbandsgemeinde Waldachtal, und ich erinnerte mich daran, dass sie an einem Hang wohnte und dass man von ihrem Wohnzimmerfenster auf einen Bach hinuntersehen konnte.
Hinter Dornstetten begann das Schneetreiben. Der Wind peitschte Unmengen von Schnee über die sanften Hügel, verfing sich an Büschen und Bäumen und überschüttete buchstäblich mein Auto. Ich kam nur langsam voran, musste immer wieder vorsichtig abbremsen und fuhr ebenso vorsichtig weiter. Meine Tante saß still neben mir, ich war völlig konzentriert und hörte auch keine Musik. So rollten wir auf den Wald zu, hinter dem die Dörfer von Waldachtal kommen würden.
Als wir in den Wald eindrangen, wurde es schlagartig dunkel um uns. Der Schnee fiel sanft aus der Höhe herunter, es ging kein Wind mehr. Rechts und links der Straße standen die Bäume, zwischen denen sich nichts rührte.
»Ich hoffe ja, dass wir es nach Salzstetten schaffen«, murmelte ich. Als ich nach rechts blickte, war der Beifahrersitz leer. Meine Tante saß nicht mehr neben mir. Verwirrt blickte ich hinaus ins Schneetreiben. Mein Auto stand auf einmal.
Da wachte ich auf.
23 November 2018
Deutschsprachiges Hardcore-Gebolze
Über die Band Obnoxious Class weiß ich nicht viel; ich habe sie nie live gesehen – und soweit ich das sehen kann, hätte ich da nur wenige Chancen gehabt. Man gründete sich Ende der Nullerjahre in Siegen und löste sich 2015 auf; die fünf jungen Typen spielten anfangs räudigen Deutschpunk. (Bei Bandcamp sind alte Demo-Aufnahmen zu hören.)
2011 war man musikalisch weiter, die Band ging ins Studio. Der Sound war nicht unbedingt gefälliger, orientierte sich aber am Hardcore-Punk. Die EP mit dem schönen Titel »Weltembolie« wurde 2012 veröffentlicht; sie enthält sechs Songs und ist schön »oldschoolig«, um mal einen Szene-Ausdruck zu verwenden.
Der Sänger brüllt in rüpeliger Weise die deutschsprachigen Texte raus. Man versteht sie, wenn man sich ein wenig konzentriert – erfreulicherweise hilft das Textblatt bei der EP weiter. Es geht oft um das Leben in der Stadt, um die »Bastarde«, die »Gehirnwäsche« betreiben.
Damit steht die Band in der klassischen Punk- und Hardcore-Tradition: Man findet die Welt größtenteils scheiße und brüllt das entsprechend raus. Hier ein Beispiel aus dem Stück »Betonstadt«. Die ersten Zeilen sind klar: »Keine Fenster / die Menschen wollen raus / draußen sterben alle / und kotzen sich die Freiheit aus.«
Die Musik passt dazu: Knallig werden die Songs nach vorne geprügelt, auf filigrane Gitarrenarbeit legt niemand wert. Diese Art Hardcore ist für den Augenblick gemacht – ich höre so was immer noch richtig gern.
2011 war man musikalisch weiter, die Band ging ins Studio. Der Sound war nicht unbedingt gefälliger, orientierte sich aber am Hardcore-Punk. Die EP mit dem schönen Titel »Weltembolie« wurde 2012 veröffentlicht; sie enthält sechs Songs und ist schön »oldschoolig«, um mal einen Szene-Ausdruck zu verwenden.
Der Sänger brüllt in rüpeliger Weise die deutschsprachigen Texte raus. Man versteht sie, wenn man sich ein wenig konzentriert – erfreulicherweise hilft das Textblatt bei der EP weiter. Es geht oft um das Leben in der Stadt, um die »Bastarde«, die »Gehirnwäsche« betreiben.
Damit steht die Band in der klassischen Punk- und Hardcore-Tradition: Man findet die Welt größtenteils scheiße und brüllt das entsprechend raus. Hier ein Beispiel aus dem Stück »Betonstadt«. Die ersten Zeilen sind klar: »Keine Fenster / die Menschen wollen raus / draußen sterben alle / und kotzen sich die Freiheit aus.«
Die Musik passt dazu: Knallig werden die Songs nach vorne geprügelt, auf filigrane Gitarrenarbeit legt niemand wert. Diese Art Hardcore ist für den Augenblick gemacht – ich höre so was immer noch richtig gern.
Ich lese im P 8
Die Libertäre Gruppe Karlsruhe ist mir seit einiger Zeit ein Begriff: Ich traf Menschen aus dieser Gruppe immer mal wieder, wenn es darum ging, sich gegen die regelmäßigen Nazi-Aufmärsche in unserer Stadt auf die Straße zu stellen. Tatsächlich hätte ich aber nicht gewusst, wer eigentlich zu dieser Gruppe gehört.
Die Gruppe feiert einen Geburtstag – seit zehn Jahren gibt es sie. Das finde ich respektabel. Wie es sich gehört, findet die Feier im P 8 statt, in einer Halle, in der ich auch schon das eine oder andere Punkrock-Konzert miterlebt habe. Auch zur Feier des Tages spielen zwei Bands, die Punkrock auf Lager haben.
Als »Senior des Abends« hat man mich eingeladen. Ich darf aus meinen »gesammelten Werken« vorlesen, was in diesem Fall natürlich heißt, dass ich nicht aus Science-Fiction-Texten zitiere, sondern eher aus meinen Punkrock-Büchern vortrage.
(Die Lesung mit anschließendem Konzert der zwei Bands findet am Samstag, 1. Dezember 2018, im P 8 statt. Der Club liegt in der Nordstadt von Karlsruhe, genauer gesagt, in der Pennsylvaniastraße 8 – und ich eiere da auch immer ein wenig mit dem Fahrrad rum, weil ich von »hinten« an das Gelände anfahre. Beginn ist um 18.30 Uhr, und es gibt zuerst die Lesung und dann den Punkrock.)
Die Gruppe feiert einen Geburtstag – seit zehn Jahren gibt es sie. Das finde ich respektabel. Wie es sich gehört, findet die Feier im P 8 statt, in einer Halle, in der ich auch schon das eine oder andere Punkrock-Konzert miterlebt habe. Auch zur Feier des Tages spielen zwei Bands, die Punkrock auf Lager haben.
Als »Senior des Abends« hat man mich eingeladen. Ich darf aus meinen »gesammelten Werken« vorlesen, was in diesem Fall natürlich heißt, dass ich nicht aus Science-Fiction-Texten zitiere, sondern eher aus meinen Punkrock-Büchern vortrage.
(Die Lesung mit anschließendem Konzert der zwei Bands findet am Samstag, 1. Dezember 2018, im P 8 statt. Der Club liegt in der Nordstadt von Karlsruhe, genauer gesagt, in der Pennsylvaniastraße 8 – und ich eiere da auch immer ein wenig mit dem Fahrrad rum, weil ich von »hinten« an das Gelände anfahre. Beginn ist um 18.30 Uhr, und es gibt zuerst die Lesung und dann den Punkrock.)
22 November 2018
Wie wir Multimedia verstanden …
Man kann nicht behaupten, dass wir 1991 bescheiden gewesen wären: Der Gruppe von Fans, die sich ab 1990 damit beschäftigten, eine große Science-Fiction-Veranstaltung in Freudenstadt zu organisieren, wollte Aufmerksamkeit erregen. Also wurden entsprechende Anzeigen produziert, die in Fan-Zeitschriften veröffentlicht wurden und auf den geplanten Con hinwiesen.
Die Anzeige, die ich diesmal zeige, stammt von der Rückseite des »Fandom Observer«, genauer gesagt, dessen Nummer 22 vom April 1991. Der »FO«, wie man ihn im Allgemeinen abkürzte, war ein sogenanntes News-Fanzine, in dem es um die Belange der Fan-Szene ging, um die Streitereien zwischen den einzelnen Gruppierungen, um Fanzines und um Veranstaltungen, also sogenannte Cons.
Mit dem FreuCon '92 wollten einige Leute – darunter ich – einen großen Con nach Freudenstadt holen. Ausgerechnet im Schwarzwald sollte eine Veranstaltung steigen, die man bisher für undenkbar gehalten hatte: Wir wollten die unterschiedlichsten Gruppierungen in ein Boot holen. Dazu zählten beispielsweise Rollenspieler und Kino-Fans, die zu der Zeit auf eigene Veranstaltungen gingen und sich mit den üblichen Cons nicht anfreunden konnten.
Auf eine Idee von Günther Freunek hin wurde der Begriff »Multimedia« stärker ins Zentrum gerückt. Günther hatte sich in den Jahren zuvor immer intensiver mit modernen Anwendungen im Computerbereich beschäftigt, betrieb »Desktop-Publishing«, was 1991 immer noch revolutionär war, und sah Begriffe wie »Multimedia« durchaus skeptisch. »Das schreiben wir uns auf die Fahne«, war trotzdem sein Credo – und so tauchte der Begriff auch auf unseren Anzeigen auf …
Die Anzeige, die ich diesmal zeige, stammt von der Rückseite des »Fandom Observer«, genauer gesagt, dessen Nummer 22 vom April 1991. Der »FO«, wie man ihn im Allgemeinen abkürzte, war ein sogenanntes News-Fanzine, in dem es um die Belange der Fan-Szene ging, um die Streitereien zwischen den einzelnen Gruppierungen, um Fanzines und um Veranstaltungen, also sogenannte Cons.
Mit dem FreuCon '92 wollten einige Leute – darunter ich – einen großen Con nach Freudenstadt holen. Ausgerechnet im Schwarzwald sollte eine Veranstaltung steigen, die man bisher für undenkbar gehalten hatte: Wir wollten die unterschiedlichsten Gruppierungen in ein Boot holen. Dazu zählten beispielsweise Rollenspieler und Kino-Fans, die zu der Zeit auf eigene Veranstaltungen gingen und sich mit den üblichen Cons nicht anfreunden konnten.
Auf eine Idee von Günther Freunek hin wurde der Begriff »Multimedia« stärker ins Zentrum gerückt. Günther hatte sich in den Jahren zuvor immer intensiver mit modernen Anwendungen im Computerbereich beschäftigt, betrieb »Desktop-Publishing«, was 1991 immer noch revolutionär war, und sah Begriffe wie »Multimedia« durchaus skeptisch. »Das schreiben wir uns auf die Fahne«, war trotzdem sein Credo – und so tauchte der Begriff auch auf unseren Anzeigen auf …
21 November 2018
E-Books doch im Wachstum
Es gibt den alten Spruch von der Statistik, der man nur glaube, wenn man sie selbst gefälscht habe. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich die aktuellen Zahlenspielchen rings um das Thema E-Books lese. Vor sechs, sieben Jahren überschlugen sich alle möglichen Experten – oder solche, die dafür erklärt wurden – mit Hochrechnungen und allgemeinem Jubel über die Wachstumsmöglichkeiten beim E-Book-Geschäft.
Vor drei Jahren kam eine Delle bei den zuvor steigenden Zahlen. Prompt begannen viele Journalisten damit, die E-Books kaputtzuschreiben. Die Entwicklung sei rückläufig, die Leser würden wieder gedruckte Bücher bevorzugen. Wie das halt so ist, wenn es um so moderne Dinge wie dieses Internet geht: Panik und Euphorie wechseln sich da in verlässlicher Reihenfolge ab.
Und jetzt gibt's eine neue Umfrage mit entsprechenden Ergebnissen. Ich habe sie nicht in ihrer Gesamtheit gelesen, sondern sehe mir das an, was in den Fachzeitschriften steht. (Das hier ist auch kein journalistischer und sauber recherchierter Blog, sondern gibt meine Sicht auf die Dinge wieder.)
Die ersten drei Quartale des E-Book-Marktes wurden diesmal aus Sicht der Konsumenten analysiert. Dabei kam heraus, dass sich der Absatz der E-Books gesteigert habe. Man spricht von einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 19 Prozent. Auch der Umsatz sei um 14,9 Prozent gestiegen. Derzeit spricht man zudem von 3,1 Millionen E-Book-Käufern.
Der Durchschnittspreis der E-Books ging übrigens zurück. In den ersten drei Quartalen 2017 betrug er 6,29. In den ersten drei Quartalen rutschte er auf 6,07 Euro. Den Gedankengang, ob das vielleicht einfach auch an der geänderten Statistik liegen könnte, muss ich wohl nicht weiterführen.
(Nur so viel: Wenn man aus Verlags- und Handelssicht den Markt betrachtet, werden sicher die Verlags-E-Books stärker gewertet. Betrachtet man den Markt aus Sicht des Kunden, sind auf einmal viele Selfpublisher dabei, die häufig Titel im Niedrigpreissegment anbieten. Aber das ist auch nur meine Sicht der Dinge.)
Vor drei Jahren kam eine Delle bei den zuvor steigenden Zahlen. Prompt begannen viele Journalisten damit, die E-Books kaputtzuschreiben. Die Entwicklung sei rückläufig, die Leser würden wieder gedruckte Bücher bevorzugen. Wie das halt so ist, wenn es um so moderne Dinge wie dieses Internet geht: Panik und Euphorie wechseln sich da in verlässlicher Reihenfolge ab.
Und jetzt gibt's eine neue Umfrage mit entsprechenden Ergebnissen. Ich habe sie nicht in ihrer Gesamtheit gelesen, sondern sehe mir das an, was in den Fachzeitschriften steht. (Das hier ist auch kein journalistischer und sauber recherchierter Blog, sondern gibt meine Sicht auf die Dinge wieder.)
Die ersten drei Quartale des E-Book-Marktes wurden diesmal aus Sicht der Konsumenten analysiert. Dabei kam heraus, dass sich der Absatz der E-Books gesteigert habe. Man spricht von einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 19 Prozent. Auch der Umsatz sei um 14,9 Prozent gestiegen. Derzeit spricht man zudem von 3,1 Millionen E-Book-Käufern.
Der Durchschnittspreis der E-Books ging übrigens zurück. In den ersten drei Quartalen 2017 betrug er 6,29. In den ersten drei Quartalen rutschte er auf 6,07 Euro. Den Gedankengang, ob das vielleicht einfach auch an der geänderten Statistik liegen könnte, muss ich wohl nicht weiterführen.
(Nur so viel: Wenn man aus Verlags- und Handelssicht den Markt betrachtet, werden sicher die Verlags-E-Books stärker gewertet. Betrachtet man den Markt aus Sicht des Kunden, sind auf einmal viele Selfpublisher dabei, die häufig Titel im Niedrigpreissegment anbieten. Aber das ist auch nur meine Sicht der Dinge.)
Madame Monster machen Dampf
Was für ein unfassbares Gebräu! Seit Tagen läuft die Platte bei mir, sie passt zu dieser grauen Jahreszeit: Die Band nennt sich Madame Monster, sie stammt aus Berlin und Dortmund, wenn ich das richtig weiß, und sie brachte 2013 eine einseitig bespielte Langspielplatte heraus, die mich mit ihrer Mischung aus Hardcore, Brüllgesang, Emo-Gitarre und gelegentlichen ruhigen Passagen echt begeistert.
Man versteht die deutschen Texte praktisch nicht, sie werden in einem wütenden Gebrüll in die Welt gekotzt. Wer sich aber so etwas wie »Pisse und Adorno« ausdenkt, kann kein schlechter Mensch sein – das ist sowieso ein Stück, in dem sich der treibender Sound mit diesem brutalen Gesang sehr gut verträgt.
Die Stücke sind abwechslungsreich, werden von einer tüchtigen Portion Wut und Hass getragen. Dabei schält sich unter dem Gebrüll und Geprügel immer wieder eine Melodie hervor, und so entsteht ein Gebräu, das mich unweigerlich in Bewegung versetzt. Das ist dann schon irgendwie Hardcore-Punk der 90er-Jahre-Schule, klingt aber dennoch eigenständig genug. (Der Vergleich zu Hammerhead, der immer wieder gebracht wird, ist nicht falsch, wird Madame Monster aber auch nicht gerecht.)
Ich habe keine Ahnung, was aus der Band wurde oder ob es sie noch gibt. Soweit ich weiß, ist und war die »Adore« die einzige LP der Burschen, die zudem dann auch noch mit einer sehr geringen Auflage veröffentlicht wurde. Ich bin sehr froh, dass ich sie habe und ich mir dann im Büro ab und zu mal die Aufnahmen von Bandcamp um die Ohren blasen lassen kann.
Man versteht die deutschen Texte praktisch nicht, sie werden in einem wütenden Gebrüll in die Welt gekotzt. Wer sich aber so etwas wie »Pisse und Adorno« ausdenkt, kann kein schlechter Mensch sein – das ist sowieso ein Stück, in dem sich der treibender Sound mit diesem brutalen Gesang sehr gut verträgt.
Die Stücke sind abwechslungsreich, werden von einer tüchtigen Portion Wut und Hass getragen. Dabei schält sich unter dem Gebrüll und Geprügel immer wieder eine Melodie hervor, und so entsteht ein Gebräu, das mich unweigerlich in Bewegung versetzt. Das ist dann schon irgendwie Hardcore-Punk der 90er-Jahre-Schule, klingt aber dennoch eigenständig genug. (Der Vergleich zu Hammerhead, der immer wieder gebracht wird, ist nicht falsch, wird Madame Monster aber auch nicht gerecht.)
Ich habe keine Ahnung, was aus der Band wurde oder ob es sie noch gibt. Soweit ich weiß, ist und war die »Adore« die einzige LP der Burschen, die zudem dann auch noch mit einer sehr geringen Auflage veröffentlicht wurde. Ich bin sehr froh, dass ich sie habe und ich mir dann im Büro ab und zu mal die Aufnahmen von Bandcamp um die Ohren blasen lassen kann.
20 November 2018
Mein Vater und die SS
»Wieso bist du eigentlich zur Sturmdivision gekommen?«, fragte ich ihn irgendwann. Es war ein warmer Tag, wir saßen im Garten, nachdem wir im Wald gearbeitet hatten, und tranken Bier.
Seit ich nicht mehr daheim wohnte, verbesserte ich unser Verhältnis langsam. Ich half meinem Vater freiwillig, auch deshalb, weil ich körperliche Arbeit im Wald nach einem Tag im Büro zu schätzen wussten. Und ihn störte nicht mehr, wie ich aussah und dass ich ständig »Krach« hörte.
Er sagte erst einmal nichts und setzte die Flasche an. Ich kannte das schon. Wenn das Thema auf den Krieg kam, machte mein Vater dicht. Nur selten rückte er mit Informationen heraus.
»Sie wollten mich zur Waffen-SS«, sagte er dann. »Nicht nur mich, eigentlich alle.« Wie er erzählte, hatte die SS ein Informationszelt im Dorf aufgebaut. Dorthin wurden die männlichen Jugendlichen gebracht, man musste sich dem Einzelgespräch mit einem SS-Offizier stellen.
»Wir hatten ja alle einen Ariernachweis«, erzählte mein Vater. Den bekam man, ob man wollte oder nicht, wenn nachzuweisen war, dass die Familie seit Generationen »reinrassig« war. Bei Bauern, die in Dörfern im Schwarzwald lebten, gab es wenige ausländische Einflüsse, weshalb mich diese Aussage nicht verwunderte. »Und dann hat man auf uns eingeredet, wir sollten der SS beitreten.«
Man habe richtig Druck auf ihn ausgeübt, damals im Frühsommer 1943. Er sei als Feigling bezeichnet worden, weil er sich weigerte, ein SS-Mann zu werden. Aber es sei ihm nichts passiert. Man sei nicht gezwungen worden, zur SS zu gehen, aber einige aus dem Dorf hätten es dann getan. Warum er sich geweigert hatte, erzählte er mir nie. Sicher nicht aus grundsätzlichen politischen Gründen, vielleicht waren es religiöse Motive.
»Und dann?«, fragte ich.
»Nichts ›und dann‹«, gab er mürrisch zurück. »Sie haben mich in die Sturmdivision gesteckt und an die Ostfront geschickt.« Er stand auf und leerte die Flasche, und dann ging er ins Haus, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Seit ich nicht mehr daheim wohnte, verbesserte ich unser Verhältnis langsam. Ich half meinem Vater freiwillig, auch deshalb, weil ich körperliche Arbeit im Wald nach einem Tag im Büro zu schätzen wussten. Und ihn störte nicht mehr, wie ich aussah und dass ich ständig »Krach« hörte.
Er sagte erst einmal nichts und setzte die Flasche an. Ich kannte das schon. Wenn das Thema auf den Krieg kam, machte mein Vater dicht. Nur selten rückte er mit Informationen heraus.
»Sie wollten mich zur Waffen-SS«, sagte er dann. »Nicht nur mich, eigentlich alle.« Wie er erzählte, hatte die SS ein Informationszelt im Dorf aufgebaut. Dorthin wurden die männlichen Jugendlichen gebracht, man musste sich dem Einzelgespräch mit einem SS-Offizier stellen.
»Wir hatten ja alle einen Ariernachweis«, erzählte mein Vater. Den bekam man, ob man wollte oder nicht, wenn nachzuweisen war, dass die Familie seit Generationen »reinrassig« war. Bei Bauern, die in Dörfern im Schwarzwald lebten, gab es wenige ausländische Einflüsse, weshalb mich diese Aussage nicht verwunderte. »Und dann hat man auf uns eingeredet, wir sollten der SS beitreten.«
Man habe richtig Druck auf ihn ausgeübt, damals im Frühsommer 1943. Er sei als Feigling bezeichnet worden, weil er sich weigerte, ein SS-Mann zu werden. Aber es sei ihm nichts passiert. Man sei nicht gezwungen worden, zur SS zu gehen, aber einige aus dem Dorf hätten es dann getan. Warum er sich geweigert hatte, erzählte er mir nie. Sicher nicht aus grundsätzlichen politischen Gründen, vielleicht waren es religiöse Motive.
»Und dann?«, fragte ich.
»Nichts ›und dann‹«, gab er mürrisch zurück. »Sie haben mich in die Sturmdivision gesteckt und an die Ostfront geschickt.« Er stand auf und leerte die Flasche, und dann ging er ins Haus, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
19 November 2018
Die Mixtur aus Horror und Krimi geht in die zweite Runde
Rowan Black ist eine Polizistin, die nicht gerade zimperlich ist. Wenn es hart auf hart kommt, zieht sie ihre Waffe und schießt, wenngleich sie hinterher ihre Probleme mit der Tat hat. Ihre Kollegen respektieren sie eigentlich ... doch in jüngster Zeit haben sich Vorfälle ereignet, die ihr eigenes Bild von sich selbst ins Wanken bringen.
Nachdem ich schon den ersten Band der neuen Comic-Serie »Black Magick« ziemlich klasse fand, war ich auf die direkte Fortsetzung sehr gespannt. Es geht im zweiten Band auch richtig rund. Die Polizistin ist nämlkch – ganz nebenbei – eine Hexe, und es scheint Kräfte zu geben, die gegen die Hexen der neuen Zeit massiv vorgehen wollen. Erinnerungen an frühere Hexen und deren Verbrennungen werden in ihr wach.
Das ist nicht alles: Gegnerische Detektive spähen ihr nach, die an kirchliche Organisationen erinnern, und offenbar gibt es eine weitere Organisation, die Rowan Black und andere Hexen massiv bekämpfen will. Bei einem Einsatz muss Rowan einen Mann erschießen, und es scheint einen Zusammenhang mit ihrer Hexerei zu geben, den sie sich nicht erklären kann ...
Die Serie wird hierzulande vom Splitter-Verlag veröffentlicht, in einem kleineren Hardcover-Format, das sich an das Format amerikanischer Comic-Hefte anlehnt. Dadurch wirken die Bücher edel, die Farben kommen durch den Druck richtig gut zur Geltung, und die Hardcover-Bände liegen schön in der Hand.
Nach wie vor finde ich die Texte von Greg Rucka klasse. Die Geschichte entwickelt sich weiter, sie bleibt spannend, und man kann sich hervorragend in die Hauptfigur und ihre Probleme hineinversetzen. Action und Magie halten sich in der Waage, psychologisch wirkt das auf mich ebenfalls überzeugend.
Ansprechend finde ich die Zeichnungen. Nicola Scott hat einen realitätsnahen Stil, der die Geschichte unterstützt. Die meisten Bilder sind in Grautönen gehalten, nur ab und knallt Farbe auf die Seite. Damit leistet die Koloristin Chiara Arena einen wertvollen Beitrag zum Erfolg dieses Comics.
»Das Erwachen II« ist die konsequente Fortsetzung des ersten Teils. Ich freue mich dann schon auf die Fortsetzung von »Black Magick« – ein Comic, der mich als Krimi- und als Phantastik-Freund absolut anspricht. Tolle Sache! Checkt unbedingt die Leseprobe!
Nachdem ich schon den ersten Band der neuen Comic-Serie »Black Magick« ziemlich klasse fand, war ich auf die direkte Fortsetzung sehr gespannt. Es geht im zweiten Band auch richtig rund. Die Polizistin ist nämlkch – ganz nebenbei – eine Hexe, und es scheint Kräfte zu geben, die gegen die Hexen der neuen Zeit massiv vorgehen wollen. Erinnerungen an frühere Hexen und deren Verbrennungen werden in ihr wach.
Das ist nicht alles: Gegnerische Detektive spähen ihr nach, die an kirchliche Organisationen erinnern, und offenbar gibt es eine weitere Organisation, die Rowan Black und andere Hexen massiv bekämpfen will. Bei einem Einsatz muss Rowan einen Mann erschießen, und es scheint einen Zusammenhang mit ihrer Hexerei zu geben, den sie sich nicht erklären kann ...
Die Serie wird hierzulande vom Splitter-Verlag veröffentlicht, in einem kleineren Hardcover-Format, das sich an das Format amerikanischer Comic-Hefte anlehnt. Dadurch wirken die Bücher edel, die Farben kommen durch den Druck richtig gut zur Geltung, und die Hardcover-Bände liegen schön in der Hand.
Nach wie vor finde ich die Texte von Greg Rucka klasse. Die Geschichte entwickelt sich weiter, sie bleibt spannend, und man kann sich hervorragend in die Hauptfigur und ihre Probleme hineinversetzen. Action und Magie halten sich in der Waage, psychologisch wirkt das auf mich ebenfalls überzeugend.
Ansprechend finde ich die Zeichnungen. Nicola Scott hat einen realitätsnahen Stil, der die Geschichte unterstützt. Die meisten Bilder sind in Grautönen gehalten, nur ab und knallt Farbe auf die Seite. Damit leistet die Koloristin Chiara Arena einen wertvollen Beitrag zum Erfolg dieses Comics.
»Das Erwachen II« ist die konsequente Fortsetzung des ersten Teils. Ich freue mich dann schon auf die Fortsetzung von »Black Magick« – ein Comic, der mich als Krimi- und als Phantastik-Freund absolut anspricht. Tolle Sache! Checkt unbedingt die Leseprobe!
16 November 2018
Als Vorleser im Einsatz
Ich war dann doch sehr gerührt, als der kleine Junge, der keine Sekunde hatte stillsetzen können, mir über den halben Pausenhof nachrannte, mehrfach »Herr Klaus, Herr Klaus!« rief, bis ich stehen blieb. Dann umfasste er meine Hand und sagte ganz aufgeregt: »Danke, dass du vorgelesen hast.« Er drehte sich um und rannte zurück zu den anderen Kindern, und ich ging weiter.
Heute war nämlich der »bundesweite Vorlesetag«, und ich nahm zum zweiten Mal als »Vorleser« daran teil. In einer Schule in Ettlingen, einer kleinen Stadt bei Karlsruhe, saß ich im Zimmer einer zweiten Klasse vor zwei Dutzend Kindern, die mich gebannt anstarrten.
Als Buch hatten die Lehrerin und ich »Lindbergh« ausgesucht, das wunderbar-phantastische Bilderbuch. Ich las daraus vor, zeigte den Kindern immer wieder die tollen Bilder und fragte sie Dinge. Sie waren komplett gespannt und gingen voller Euphorie mit, sie waren wirklich intensiv dabei. Man sah ihnen an, wie spannend sie die Geschichte fanden.
Danach war es richtig schwer, sie in die Pause zu schicken. Während einige gleich rausrannten, weil sie spielen wollten, drängten sich einige um mich, um mir Fragen zu stellen. Da fiel es mir richtig schwer, aus dem Raum zu gehen.
Als ich über den Pausenhof ging, winkten mir einige zu, riefen meine Namen. Und einer lief mir wirklich nach. Das berührte mich stärker, als ich vorher gedacht hätte.
Heute war nämlich der »bundesweite Vorlesetag«, und ich nahm zum zweiten Mal als »Vorleser« daran teil. In einer Schule in Ettlingen, einer kleinen Stadt bei Karlsruhe, saß ich im Zimmer einer zweiten Klasse vor zwei Dutzend Kindern, die mich gebannt anstarrten.
Als Buch hatten die Lehrerin und ich »Lindbergh« ausgesucht, das wunderbar-phantastische Bilderbuch. Ich las daraus vor, zeigte den Kindern immer wieder die tollen Bilder und fragte sie Dinge. Sie waren komplett gespannt und gingen voller Euphorie mit, sie waren wirklich intensiv dabei. Man sah ihnen an, wie spannend sie die Geschichte fanden.
Danach war es richtig schwer, sie in die Pause zu schicken. Während einige gleich rausrannten, weil sie spielen wollten, drängten sich einige um mich, um mir Fragen zu stellen. Da fiel es mir richtig schwer, aus dem Raum zu gehen.
Als ich über den Pausenhof ging, winkten mir einige zu, riefen meine Namen. Und einer lief mir wirklich nach. Das berührte mich stärker, als ich vorher gedacht hätte.
15 November 2018
Andro 2001 von 1980
Die Stadt Renningen liegt im Schwäbischen, auf dem halben Weg zwischen Stuttgart und dem Schwarzwald. Ende der 70er-Jahre gab es in dieser Stadt eine kleine, aber sehr aktive Science-Fiction-Szene. Wie es sich gehörte, fabrizierten die jungen Männer – oder eher: die männlichen Jugendlichen – zu dieser Zeit auch ein kleines Fanzine. Dieses trug den hübschen Namen »Andro 2001«.
Im Mai 1980 erschien die Ausgabe elf, die vierzig Seiten im A5-Format hatte, im Offsetdruck hergestellt wurde und zwei Mark kostete. Damit bewegte sich das Preis sowohl in der Form als auch im Preis in dem Umfeld, das damals üblich war. Ebenso üblich war, dass ein solches Heft mit einer Mixtur aus Kurzgeschichten, Artikeln, Buchbesprechungen und Grafiken aufwartete und dass es mit einer Schreibmaschine getippt wurde. Wobei »Andro 2001« optisch immer sehr sauber war und die Macher auf ein ordentliches Schriftbild stets Wert legten.
Bei den Kurzgeschichten waren mit Manfred Borchard – der unlängst erst verstorben ist – und H. G. Rubahn zwei Autoren vertreten, die in den späten 70er-Jahren viele Fanzines mit ihren Beiträgen schmückten. In den Artikeln ging es um den Science-Fiction-Künstler David A. Hardy, der Literaturagent Uwe Luserke wurde interviewt, und der SeaCon im englischen Brighton wurde thematisiert.
Ich las »Andro 2001« damals sehr gern. Günther Freunek, einer der Macher des Fanzines, stieg drei Jahre später bei meinem SAGITTARIUS ein und sorgte dafür, dass das Fanzine eine vernünftige Optik bekam. Armin Reichrath, einer der anderen drei Macher, kam kurze Zeit später dazu – ohne die beiden wäre das ehemalige Fanzine nicht zu einer »richtigen« Zeitschrift mit farbigem Titelbild und teilweise farbigen Innenseiten geworden.
Man kann also sagen: Ohne »Andro 2001« kein professionelles SAGITTARIUS. Und wahrscheinlich hätte ich ohne die Kontakte von damals nicht den Job, den ich heute habe. Aber das ist eine andere Geschichte …
Im Mai 1980 erschien die Ausgabe elf, die vierzig Seiten im A5-Format hatte, im Offsetdruck hergestellt wurde und zwei Mark kostete. Damit bewegte sich das Preis sowohl in der Form als auch im Preis in dem Umfeld, das damals üblich war. Ebenso üblich war, dass ein solches Heft mit einer Mixtur aus Kurzgeschichten, Artikeln, Buchbesprechungen und Grafiken aufwartete und dass es mit einer Schreibmaschine getippt wurde. Wobei »Andro 2001« optisch immer sehr sauber war und die Macher auf ein ordentliches Schriftbild stets Wert legten.
Bei den Kurzgeschichten waren mit Manfred Borchard – der unlängst erst verstorben ist – und H. G. Rubahn zwei Autoren vertreten, die in den späten 70er-Jahren viele Fanzines mit ihren Beiträgen schmückten. In den Artikeln ging es um den Science-Fiction-Künstler David A. Hardy, der Literaturagent Uwe Luserke wurde interviewt, und der SeaCon im englischen Brighton wurde thematisiert.
Ich las »Andro 2001« damals sehr gern. Günther Freunek, einer der Macher des Fanzines, stieg drei Jahre später bei meinem SAGITTARIUS ein und sorgte dafür, dass das Fanzine eine vernünftige Optik bekam. Armin Reichrath, einer der anderen drei Macher, kam kurze Zeit später dazu – ohne die beiden wäre das ehemalige Fanzine nicht zu einer »richtigen« Zeitschrift mit farbigem Titelbild und teilweise farbigen Innenseiten geworden.
Man kann also sagen: Ohne »Andro 2001« kein professionelles SAGITTARIUS. Und wahrscheinlich hätte ich ohne die Kontakte von damals nicht den Job, den ich heute habe. Aber das ist eine andere Geschichte …
14 November 2018
Wie ich mehr über Luft-Taxis erfahren konnte …
Zum zweiten Mal lud DSP – das ist die Agentur, die unter anderem für unsere Werbung und unsere Messeauftritte verantwortlich ist – zu der Veranstaltungsreihe »Weißraum«. Weil mir das Konzept schon beim ersten Mal so gut gefallen hatte, ging ich am Dienstagabend, 13. November 2018, gern in die Räumlichkeiten eines Fotostudios in der Nordstadt von Karlsruhe.
Die Begrüßung fand ich schon sehr nett; es gab einige Leckereien und Cocktails – ich hielt mich an ein alkoholfreies Getränk und nahm erst später ein Bier –, ich wurde fotografiert, und ich unterhielt mich mit Leuten. Einige Dutzend Personen aus unterschiedlichen Firmen der Region waren anwesend. Ich nutzte die Zeit, um die Räume des Fotostudios zu bewundern, in dessen großer Halle mal allerlei Autos und sogar Lastwagen fotografisch in Szene setzen kann.
Dann begann der Höhepunkt des Abends: Es ging um die Firma Volocopter, die das gleichnamige Fluggerät herstellt. Es handelt sich bei der Volocopter GmbH um ein Start-Up-Unternehmen aus Karlsruhe, das sich weltweit um Partner bemüht hat und sehr ernsthaft daran arbeitet, das Thema Luft-Taxis nicht nur albernen Politikern zu überlassen, sondern voranzutreiben. Es gab viele Testflüge, und die Ambitionen der Firma sind wirklich spannend.
Stefan Klocke, der »Chairman« der Volocopter GmbH, hielt den Vortrag und stellte sich hinterher den Fragen der Anwesenden. Man kann sich darüber streiten, inwiefern die Welt so etwas wie Volocpter braucht – aber ich finde das Konzept interessant, auch deshalb, weil ich als Science-Fiction-Fan schon immer von Luft-Taxis, Gleitern oder Space-Jets geträumt habe. Ich hoffe ja, dass ich nicht nach Dubai oder Singapur reisen muss, um mal mit einem Volocopter zu fliegen.
Dem Vortrag und der Fragerunde folgte ein gemütliches Beisammensein; das mag ich ja. Bei einem Bier und leckerem »Fingerfood« konnte ich mit Leuten aus anderen Branchen ein wenig plaudern, bevor ich in die Nacht hinausging. Automatisch sah ich zum Himmel auf – fast vermisste ich einen Volocopter in der Nacht.
Die Begrüßung fand ich schon sehr nett; es gab einige Leckereien und Cocktails – ich hielt mich an ein alkoholfreies Getränk und nahm erst später ein Bier –, ich wurde fotografiert, und ich unterhielt mich mit Leuten. Einige Dutzend Personen aus unterschiedlichen Firmen der Region waren anwesend. Ich nutzte die Zeit, um die Räume des Fotostudios zu bewundern, in dessen großer Halle mal allerlei Autos und sogar Lastwagen fotografisch in Szene setzen kann.
Dann begann der Höhepunkt des Abends: Es ging um die Firma Volocopter, die das gleichnamige Fluggerät herstellt. Es handelt sich bei der Volocopter GmbH um ein Start-Up-Unternehmen aus Karlsruhe, das sich weltweit um Partner bemüht hat und sehr ernsthaft daran arbeitet, das Thema Luft-Taxis nicht nur albernen Politikern zu überlassen, sondern voranzutreiben. Es gab viele Testflüge, und die Ambitionen der Firma sind wirklich spannend.
Stefan Klocke, der »Chairman« der Volocopter GmbH, hielt den Vortrag und stellte sich hinterher den Fragen der Anwesenden. Man kann sich darüber streiten, inwiefern die Welt so etwas wie Volocpter braucht – aber ich finde das Konzept interessant, auch deshalb, weil ich als Science-Fiction-Fan schon immer von Luft-Taxis, Gleitern oder Space-Jets geträumt habe. Ich hoffe ja, dass ich nicht nach Dubai oder Singapur reisen muss, um mal mit einem Volocopter zu fliegen.
Dem Vortrag und der Fragerunde folgte ein gemütliches Beisammensein; das mag ich ja. Bei einem Bier und leckerem »Fingerfood« konnte ich mit Leuten aus anderen Branchen ein wenig plaudern, bevor ich in die Nacht hinausging. Automatisch sah ich zum Himmel auf – fast vermisste ich einen Volocopter in der Nacht.
13 November 2018
Man kann mich »erspenden«
Ich finde schon den Ansatz sehr gut: Unter dem Namen »Autoren helfen« haben sich Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum zusammengetan. Sie wollen – so steht es auf der entsprechenden Internet-Seite – »ihre kreativen Kräfte bündeln und sich für humanitäre und soziale Anliegen einsetzen«. Seit ihrer Gründung im September 2015 hat die Initiative immer wieder auf politische Themen aufmerksam gemacht und Spenden gesammelt.
Dabei wird eine politische Agenda verfolgt, die ich ebenfalls begrüße: Es geht um die Unterstützung von Flüchtlingen. So wurde die Initiative Flüchtlingspaten Syrien e.V. gefördert, Geld ging an schwangere Frauen im Flüchtlingscamp Idomeni, es gab Leseförderung in Frankfurt/Oder.
Das aktuelle Projekt heißt »Verschenke eine Wohnzimmerlesung«, und da bin ich jetzt auch dabei. (Im Team sind Autorinnen wie Kathrin Lange und Ursula Poznanski, die ich kenne und schätze, denen ich sehr vertraue.)
Das Projekt ist spannend, man kann sich praktisch einen Autor oder eine Autorin »erspenden«. Die Mixtur an Personen ist enorm: Lyriker und Krimischreiber, Science-Fiction- und Thriller-Autoren sind vertreten. Wer sich dafür interessiert, schaut auf der entsprechenden Seite, welcher Autor in der Nähe wohnt – und dann kann man sich jemanden für eine Lesung ins Wohnzimmer halten. Okay, man muss natürlich etwas spenden – aber das ist bei so einer Aktion ja der erwünschte Nebeneffekt.
Ich finde das Projekt super, und ich würde mich freuen, wenn es erfolgreich würde. Ich zitiere gern: »In Zeiten wie diesen ist jeder Einzelne gefragt, ein Zeichen zu setzen für Toleranz und Weltoffenheit. Denn jetzt entscheiden wir, in was für einem Land wir in zehn Jahren leben werden.« Eine Wohnzimmerlesung verändert nicht die Welt, kann hier aber durchaus etwas bewegen – und wenn's nur Spenden sind, die an die richtige Stelle gelangen.
Dabei wird eine politische Agenda verfolgt, die ich ebenfalls begrüße: Es geht um die Unterstützung von Flüchtlingen. So wurde die Initiative Flüchtlingspaten Syrien e.V. gefördert, Geld ging an schwangere Frauen im Flüchtlingscamp Idomeni, es gab Leseförderung in Frankfurt/Oder.
Das aktuelle Projekt heißt »Verschenke eine Wohnzimmerlesung«, und da bin ich jetzt auch dabei. (Im Team sind Autorinnen wie Kathrin Lange und Ursula Poznanski, die ich kenne und schätze, denen ich sehr vertraue.)
Das Projekt ist spannend, man kann sich praktisch einen Autor oder eine Autorin »erspenden«. Die Mixtur an Personen ist enorm: Lyriker und Krimischreiber, Science-Fiction- und Thriller-Autoren sind vertreten. Wer sich dafür interessiert, schaut auf der entsprechenden Seite, welcher Autor in der Nähe wohnt – und dann kann man sich jemanden für eine Lesung ins Wohnzimmer halten. Okay, man muss natürlich etwas spenden – aber das ist bei so einer Aktion ja der erwünschte Nebeneffekt.
Ich finde das Projekt super, und ich würde mich freuen, wenn es erfolgreich würde. Ich zitiere gern: »In Zeiten wie diesen ist jeder Einzelne gefragt, ein Zeichen zu setzen für Toleranz und Weltoffenheit. Denn jetzt entscheiden wir, in was für einem Land wir in zehn Jahren leben werden.« Eine Wohnzimmerlesung verändert nicht die Welt, kann hier aber durchaus etwas bewegen – und wenn's nur Spenden sind, die an die richtige Stelle gelangen.
12 November 2018
Hardcore, ein wenig stumpf, aber konsequent
Mazedonien ist alles andere als ein »Hotspot« für Punk und Hardcore; die meisten Menschen in Mitteleuropa dürften nicht einmal genau wissen, wo das Land denn liegt. Aber auch dort hat sich eine Punk-Szene herausgebildet, und die Band F.P.O. zählte in den Nuller-Jahren zu den Aktivposten. Die Band kommt wohl aus Skopje, der Hauptstadt, aber gute Informationen zu ihr sind schlecht zu bekommen.
Die Texte sind in mazedonischer Sprache; die Beschriftung auf der CD, die ich habe, ist auf kyrillisch. Immerhin ist eine englische Übersetzung dabei; die mir vorliegende CD heißt also übersetzt »don't know what a human is«. Schaue ich mir die Übersetzungen an, ist die Band nicht unpolitisch, trifft aber vor allem allgemeine und gesellschaftspolitische Aussagen.
Musikalisch passt das alles gut zusammen. Die Band prügelt sich im Stakkato-Sound durch ihre Stücke, das ist oftmals stumpf, klingt aber stets authentisch und knallig. Der Sänger erinnert in seinem Gebrüll an Gunnar, der in den späten 80er-Jahren mit So Much Hate die meiner Ansicht nach beste Hardcore-Band Europas nach vorne peitschte.
F.P.O. lässt sich am ehesten mit dem Sound vergleichen, der in den späten 80er-Jahren als Euro-HC bezeichnet wurde. Teilweise gibt es in den Stücken auch mal Breaks, manchmal wird sogar vergleichsweise dezent gespielt – meist wird aber nach vorne gedroschen. Es gibt keinen Metal-Einfluss, und von Emo scheinen die Burschen nichts gehört zu haben.
Konsequent.
Die Texte sind in mazedonischer Sprache; die Beschriftung auf der CD, die ich habe, ist auf kyrillisch. Immerhin ist eine englische Übersetzung dabei; die mir vorliegende CD heißt also übersetzt »don't know what a human is«. Schaue ich mir die Übersetzungen an, ist die Band nicht unpolitisch, trifft aber vor allem allgemeine und gesellschaftspolitische Aussagen.
Musikalisch passt das alles gut zusammen. Die Band prügelt sich im Stakkato-Sound durch ihre Stücke, das ist oftmals stumpf, klingt aber stets authentisch und knallig. Der Sänger erinnert in seinem Gebrüll an Gunnar, der in den späten 80er-Jahren mit So Much Hate die meiner Ansicht nach beste Hardcore-Band Europas nach vorne peitschte.
F.P.O. lässt sich am ehesten mit dem Sound vergleichen, der in den späten 80er-Jahren als Euro-HC bezeichnet wurde. Teilweise gibt es in den Stücken auch mal Breaks, manchmal wird sogar vergleichsweise dezent gespielt – meist wird aber nach vorne gedroschen. Es gibt keinen Metal-Einfluss, und von Emo scheinen die Burschen nichts gehört zu haben.
Konsequent.
Gardi Hutter in Stuttgart
Im Verlauf der Jahre erlebte ich zwei Vorstellungen der Clownin Gardi Hutter mit. Ich sah »Die Schneiderin« und »Alles Käse«, und ich bewundere jeweils die Art und Weise, wie die Künstlerin es schaffte, sehr ernsthafte Themen in komischer, ja, absurder Weise abzuhandeln. Der Tod und die Einsamkeit wurden von ihr ernstgenommen und nicht veralbert, trotzdem musste ich bei ihren Vorstellungen immer wieder lachen.
Am Sonntag, 11. November, sah ich »Gaia Gaudi« im Theaterhaus in Stuttgart. Für mich war es durchaus ungewohnt, dass Gardi Hutter nicht allein auftrat; sie wurde von drei jungen Leuten begleitet, die ihre Reise begleiteten: mal tanzend, mal singend, mal trommelnd, mal einfach nur herumstehend, mal albern, mal todtraurig.
Denn in diesem Theaterstück ging und geht es um den Tod. Die von Gardi Hutter gespielte Figur der Hanna ist tot, damit beginnt das Stück. Sie liegt bereits als Leiche im Sarg, doch Hanna mag ihren Tod nicht akzeptieren. Dabei muss sie von der Erde abtreten, um Platz für neue Generationen zu machen.
Wie ihre Seele durch das Leben und den Tod flattert, wie sie versucht, sich an das Leben zu klammern, wie ein roter Koffer zum Symbol wird, wie Todesvögel um die Seele herumflattern – das ist alles so traurig und gleichzeitig so lustig, dass man weinen und lachen möchte. (Hinter mir saß eine Frau, die praktisch ununterbrochen lachte, auch bei Szenen, in denen der Rest des Saals von eisiger Stille wie gelähmt wirkte.)
Ich stelle fest, wie schwierig es ist, dieses Theaterstück zusammenzufassen, wie komplex die Handlung dann doch war. So komplex und so einfach wie das Leben, so flatterhaft und anstrengend, so unklar und wirr. Ich fand »Gaia Gaudi« toll und empfehle es jenen Leuten, die Lust auf Theater haben und einen ungewöhnlichen Blick genießen können.
Am Sonntag, 11. November, sah ich »Gaia Gaudi« im Theaterhaus in Stuttgart. Für mich war es durchaus ungewohnt, dass Gardi Hutter nicht allein auftrat; sie wurde von drei jungen Leuten begleitet, die ihre Reise begleiteten: mal tanzend, mal singend, mal trommelnd, mal einfach nur herumstehend, mal albern, mal todtraurig.
Denn in diesem Theaterstück ging und geht es um den Tod. Die von Gardi Hutter gespielte Figur der Hanna ist tot, damit beginnt das Stück. Sie liegt bereits als Leiche im Sarg, doch Hanna mag ihren Tod nicht akzeptieren. Dabei muss sie von der Erde abtreten, um Platz für neue Generationen zu machen.
Wie ihre Seele durch das Leben und den Tod flattert, wie sie versucht, sich an das Leben zu klammern, wie ein roter Koffer zum Symbol wird, wie Todesvögel um die Seele herumflattern – das ist alles so traurig und gleichzeitig so lustig, dass man weinen und lachen möchte. (Hinter mir saß eine Frau, die praktisch ununterbrochen lachte, auch bei Szenen, in denen der Rest des Saals von eisiger Stille wie gelähmt wirkte.)
Ich stelle fest, wie schwierig es ist, dieses Theaterstück zusammenzufassen, wie komplex die Handlung dann doch war. So komplex und so einfach wie das Leben, so flatterhaft und anstrengend, so unklar und wirr. Ich fand »Gaia Gaudi« toll und empfehle es jenen Leuten, die Lust auf Theater haben und einen ungewöhnlichen Blick genießen können.
11 November 2018
Ein Stau und seine Folgen
Auf einmal war Stau auf der Autobahn zwischen Karlsruhe und Pforzheim. Ich sah die endlose Schlange der Autos, die sich am Berg von Wolfartsweier stauten. Frustriert blieb ich stehen, bislang war ich auf dem Standstreifen marschiert. Eigentlich wollte ich weiter, jetzt aber musste ich wohl stehen bleiben.
Neben mir hielten Radfahrer, die ebenfalls auf dem Standstreifen unterwegs waren. Wir unterhielten uns. Sie hatten Landkarten in der Hand, die sie betrachteten.
Auf einmal fiel mir die Tunnelöffnung auf, die rechts der Autobahn gähnte. »Vielleicht kommen wir dort weiter!«, rief ich aufgeregt und lief auf den Tunnel zu. Einer der Radfahrer ließ sein Rad stehen und eilte mir hinterher, auch andere Menschen folgten.
Der Tunnel war dunkel, es ging schnell bergauf, und rasch kam ich auf der anderen Seite raus. Ich stand in einem seltsamen Wald. Ein Auto raste auf mich zu, ich sprang zur Seite. Mir fiel auf, dass die Straße nicht asphaltiert war, sondern aussah, als bestünde sie aus einem Geflecht, wie Drähte, die eng miteinander verbunden waren.
Hinter mir kamen andere Leute aus dem Tunnel, der sich – wie sich aus dieser Perspektive zeigte – als ein Loch im Boden entpuppte. Ich halt ihnen aus dem Loch. Verwirrt standen wir herum.
Ich erkannte, dass der Wald kein Wald war und die Straße auf einmal kleiner war. Die Autos, die durch die Gegend fuhren, reichten mir kaum bis zu den Knien. Da kapierte ich, dass ich in einem Raum stand, riesengroß und mit Wänden, die weit in die Höhe ragten.
Rechts war eine Tür, zu der ich hinüber ging, auf einmal neugierig und angespannt, fast zitternd vor Anspannung. Ich schob sie auf und blickte in einen Flur, erhellt von indirektem Licht. Er erstreckte sich in beide Richtungen, auf beiden Seiten sah ich verschlossene Türen.
Ich war völlig verblüfft. Was sollte das? Da wachte ich auf.
Neben mir hielten Radfahrer, die ebenfalls auf dem Standstreifen unterwegs waren. Wir unterhielten uns. Sie hatten Landkarten in der Hand, die sie betrachteten.
Auf einmal fiel mir die Tunnelöffnung auf, die rechts der Autobahn gähnte. »Vielleicht kommen wir dort weiter!«, rief ich aufgeregt und lief auf den Tunnel zu. Einer der Radfahrer ließ sein Rad stehen und eilte mir hinterher, auch andere Menschen folgten.
Der Tunnel war dunkel, es ging schnell bergauf, und rasch kam ich auf der anderen Seite raus. Ich stand in einem seltsamen Wald. Ein Auto raste auf mich zu, ich sprang zur Seite. Mir fiel auf, dass die Straße nicht asphaltiert war, sondern aussah, als bestünde sie aus einem Geflecht, wie Drähte, die eng miteinander verbunden waren.
Hinter mir kamen andere Leute aus dem Tunnel, der sich – wie sich aus dieser Perspektive zeigte – als ein Loch im Boden entpuppte. Ich halt ihnen aus dem Loch. Verwirrt standen wir herum.
Ich erkannte, dass der Wald kein Wald war und die Straße auf einmal kleiner war. Die Autos, die durch die Gegend fuhren, reichten mir kaum bis zu den Knien. Da kapierte ich, dass ich in einem Raum stand, riesengroß und mit Wänden, die weit in die Höhe ragten.
Rechts war eine Tür, zu der ich hinüber ging, auf einmal neugierig und angespannt, fast zitternd vor Anspannung. Ich schob sie auf und blickte in einen Flur, erhellt von indirektem Licht. Er erstreckte sich in beide Richtungen, auf beiden Seiten sah ich verschlossene Türen.
Ich war völlig verblüfft. Was sollte das? Da wachte ich auf.
10 November 2018
Nebel am Leuchtturm
Wieder blickte ich zu der Fensterfront, ließ meinen Blick über die Straße schweifen, die um diese Zeit menschenleer war, hinüber zu den Ruinen der alten Abtei und zu dem Leuchtturm, der sich als weiße und rote Säule in den Himmel zu recken schien. Der Nebel kam immer näher, er waberte bereits in dünnen Schwaden über die Straße und kletterte an den alten Mauern hoch.
Nachdenklich nahm ich mein Glas zur Hand, setzte es an und trank einen kleinen Schluck Rotwein. Das passte zum Wetter, fand ich: ein schweres Aroma, das im Gaumen und im Hals verschiedene Geschmacksnerven ansprach. Ich hätte stundenlang dasitzen können, ein Glas Wein in der Hand und den Blick auf den Nebel gerichtet.
Der Mann vom Nachbartisch sprach mich an, riss mich aus meinen Gedanken. »Entschuldigen Sie, verstehen Sie Französisch?«
Ich blickte auf. »Nicht besonders gut«, gab ich zu. »Aber es geht so.«
Er lächelte breit. »Ich habe gehört, dass Sie und Ihre Frau sich in deutscher Sprache unterhalten haben. Deutsch kann ich nicht, nur einige Wörter.« Er räusperte sich. »Guten Tag«, sagte er dann in stark akzentuiertem Deutsch.
»Kein Problem. Mein Französisch wird notfalls ausreichen.«
»Oder geht auch Englisch?«
»Das kann ich besser.«
Er strahlte. »Mein Englisch ist besser als mein Deutsch, Ihr Englisch ist besser als Ihr Französisch. Dann klappt das mit der Kommunikation.«
Wir wechselten ins Englische, und wenn wir da nicht weiterkamen, behalfen wir uns mit Französisch. Während ich mit dem Mann sprach, trank ich immer wieder aus dem Glas. Schnell war es leer.
Einer der Kellner kam auf seinem Gang durch das Restaurant vorüber. Das Bistrot 1954 war sicher nicht hochklassig, aber ich fand das Essen sehr ordentlich und vergleichsweise preisgünstig. Es war eines der zwei Restaurants in der Hostellerie Pointe Saint-Mathieu, in einem der letzten Zipfel der Bretagne gelegen, eher auf Touristen und nicht gerade auf Gourmets ausgelegt, mit schnellem Service und großen Portionen. Das andere Restaurant des Hotels bot Sterneküche-Niveau, hatte man mir gesagt.
»Noch einmal?«, fragte der Kellner und schnappte sich das Glas.
Ich nickte. »Einen Chinon.«
Er nickte ebenfalls und verschwand. Ich nutzte die Gesprächspause, in der der Mann neben mir ebenfalls trank, um noch einmal ins Freie zu schauen.
Die Landspitze war völlig im Nebel versunken. Saint-Mathieu, tagsüber eine schöne Ecke mit Ruinen, Leuchtturm und wenigen Wohnhäusern, zeigte sich nur noch als vernebeltes Stück Dunkelheit. Für einen Gruselfilm altmodischer Machart bräuchte man da keine Kulissen mehr zu bauen.
»Was sind Sie denn beruflich?«, fragte mich mein neuer Gesprächspartner.
Ich beging einen Fehler, der mit im Urlaub eigentlich nie unterlaufen sollte. »Ich arbeite in einem Verlag«, antwortete ich. Und als er nachfragte, fügte ich hinzu: »Ich bin Redakteur.«
Wie es sich herausstellte, erwies sich mein Gesprächspartner, der auf einmal eine Visitenkarte in der Hand hatte, als Schriftsteller. Er schreibe historische Romane, erzählte er mir wortreich, die sich an Kinder und Jugendliche richteten. Sie seien abenteuerlich, er beschäftige sich auch mit der deutsch-französischen Geschichte.
»Das Mittelalter, wissen Sie«, meinte er und zwinkerte mir zu, »also keine historisch heiklen Sachen.«
Der Keller kam vorbei. Ohne mich anzusehen oder ein »Dankeschön« abzuwarten, platzierte er in neues Glas mit Rotwein vor meiner Nase und eilte mit einem Eimer weiter, der bis zum Rand mit dampfenden Muscheln gefüllt war.
Ich nahm einen Schluck, genoss den kräftigen Wein, den ich für das Wetter geradezu ideal fand. Düsterer Sound hätte noch gefehlt, aber aus den Boxen im Bistrot drang irgendwelche Popmusik, die ich nicht einschätzen konnte, die aber viel zu fröhlich und aufgesetzt klang. Ich sah dem Nebel zu, der über die Straße kroch. Der Scheinwerfer des Leuchtturms stach durch die Dunkelheit, wie ein Stern, der sein Licht aus einer fernen Galaxis bis auf unseren Planeten herüberschleuderte.
»Wäre das nicht etwas für Ihren Verlag?«, redete der Mann neben mir weiter. Ich hatte ihn schon fast vergessen. »Ich könnte Ihnen die Bücher zuschicken, dann lesen Sie alles, und dann sehen wir, ob das nichts für den deutschen Markt wäre.«
In Gedanken stöhnte ich auf. Da wollte ich an einem Fenster in der Bretagne sitzen, auf das Meer blicken und die Arbeit hinter mir lassen. Und jetzt saß ich mit einem Autor da und sollte ein Fachgespräch führen.
Ich eierte herum, erklärte dem Mann, dass ich nur für Science Fiction zuständig sei, dass der Verlag, in dem ich tätig sei, nichts mit Kinderbüchern oder historischen Romanen anfangen könne, dass er mir gern etwas zuschicken könne und ich ja keinerlei Verpflichtungen einginge. Er war nicht unsympathisch, und unter normalen Umständen hätte ich ihn sogar gefragt, in welche Richtung seine Bücher wirklich gingen. Aber an diesem Abend hatte ich keine Lust darauf, über meinen Arbeit zu sprechen.
Lieber wollte ich dem Nebel zuschauen und meinen Wein trinken. Bald würde ich nicht einmal mehr das Licht des Leuchtturms sehen. Immerhin erkannte ich noch Autos, wenn sie am Hotel vorbeifuhren, auf der Landstraße, die an diesem äußersten Rand der Bretagne entlangführte. Ihre Scheinwerfer stachen durch den Nebel, ihr Licht streute.
»Überlegen Sie es sich«, sagte der Schriftsteller neben mir. Vielleicht war er müde, vielleicht sah er ein, dass ich keine große Lust auf ausufernde Gespräche hatte. Er legte die Karte neben mein Weinglas. »Hier ist meine Website, dort können Sie in die Bücher hineinschauen. Zwar ist alles in Französisch ...« Er lächelte verbindlich.
»Ich werde es schon verstehen«, behauptete ich und schämte mich ein wenig für mein abwesendes Verhalten.
Er nickte und stand auf. »Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall noch einen schönen Aufenthalt.« Er lächelte mir zu, hob grüßend die Hand und ging in Richtung Ausgang.
Als er im Freien stand, konnte ich ihn durch die Glasscheibe gut sehen. Er zog seine Jacke an, klappte den Kragen hoch. Kurze Zeit später leuchtete ein roter Punkt vor seinem Gesicht auf, Zigarettenrauch verschmolz mit dem allgegenwärtigen Nebel.
Er ging einige Schritte, dann war er im Nebel verschwunden. Von ihm blieben nur die Karte neben dem Weinglas und das Echo seiner Stimme in meinem Gehör.
Nachdenklich nahm ich mein Glas zur Hand, setzte es an und trank einen kleinen Schluck Rotwein. Das passte zum Wetter, fand ich: ein schweres Aroma, das im Gaumen und im Hals verschiedene Geschmacksnerven ansprach. Ich hätte stundenlang dasitzen können, ein Glas Wein in der Hand und den Blick auf den Nebel gerichtet.
Der Mann vom Nachbartisch sprach mich an, riss mich aus meinen Gedanken. »Entschuldigen Sie, verstehen Sie Französisch?«
Ich blickte auf. »Nicht besonders gut«, gab ich zu. »Aber es geht so.«
Er lächelte breit. »Ich habe gehört, dass Sie und Ihre Frau sich in deutscher Sprache unterhalten haben. Deutsch kann ich nicht, nur einige Wörter.« Er räusperte sich. »Guten Tag«, sagte er dann in stark akzentuiertem Deutsch.
»Kein Problem. Mein Französisch wird notfalls ausreichen.«
»Oder geht auch Englisch?«
»Das kann ich besser.«
Er strahlte. »Mein Englisch ist besser als mein Deutsch, Ihr Englisch ist besser als Ihr Französisch. Dann klappt das mit der Kommunikation.«
Wir wechselten ins Englische, und wenn wir da nicht weiterkamen, behalfen wir uns mit Französisch. Während ich mit dem Mann sprach, trank ich immer wieder aus dem Glas. Schnell war es leer.
Einer der Kellner kam auf seinem Gang durch das Restaurant vorüber. Das Bistrot 1954 war sicher nicht hochklassig, aber ich fand das Essen sehr ordentlich und vergleichsweise preisgünstig. Es war eines der zwei Restaurants in der Hostellerie Pointe Saint-Mathieu, in einem der letzten Zipfel der Bretagne gelegen, eher auf Touristen und nicht gerade auf Gourmets ausgelegt, mit schnellem Service und großen Portionen. Das andere Restaurant des Hotels bot Sterneküche-Niveau, hatte man mir gesagt.
»Noch einmal?«, fragte der Kellner und schnappte sich das Glas.
Ich nickte. »Einen Chinon.«
Er nickte ebenfalls und verschwand. Ich nutzte die Gesprächspause, in der der Mann neben mir ebenfalls trank, um noch einmal ins Freie zu schauen.
Die Landspitze war völlig im Nebel versunken. Saint-Mathieu, tagsüber eine schöne Ecke mit Ruinen, Leuchtturm und wenigen Wohnhäusern, zeigte sich nur noch als vernebeltes Stück Dunkelheit. Für einen Gruselfilm altmodischer Machart bräuchte man da keine Kulissen mehr zu bauen.
»Was sind Sie denn beruflich?«, fragte mich mein neuer Gesprächspartner.
Ich beging einen Fehler, der mit im Urlaub eigentlich nie unterlaufen sollte. »Ich arbeite in einem Verlag«, antwortete ich. Und als er nachfragte, fügte ich hinzu: »Ich bin Redakteur.«
Wie es sich herausstellte, erwies sich mein Gesprächspartner, der auf einmal eine Visitenkarte in der Hand hatte, als Schriftsteller. Er schreibe historische Romane, erzählte er mir wortreich, die sich an Kinder und Jugendliche richteten. Sie seien abenteuerlich, er beschäftige sich auch mit der deutsch-französischen Geschichte.
»Das Mittelalter, wissen Sie«, meinte er und zwinkerte mir zu, »also keine historisch heiklen Sachen.«
Der Keller kam vorbei. Ohne mich anzusehen oder ein »Dankeschön« abzuwarten, platzierte er in neues Glas mit Rotwein vor meiner Nase und eilte mit einem Eimer weiter, der bis zum Rand mit dampfenden Muscheln gefüllt war.
Ich nahm einen Schluck, genoss den kräftigen Wein, den ich für das Wetter geradezu ideal fand. Düsterer Sound hätte noch gefehlt, aber aus den Boxen im Bistrot drang irgendwelche Popmusik, die ich nicht einschätzen konnte, die aber viel zu fröhlich und aufgesetzt klang. Ich sah dem Nebel zu, der über die Straße kroch. Der Scheinwerfer des Leuchtturms stach durch die Dunkelheit, wie ein Stern, der sein Licht aus einer fernen Galaxis bis auf unseren Planeten herüberschleuderte.
»Wäre das nicht etwas für Ihren Verlag?«, redete der Mann neben mir weiter. Ich hatte ihn schon fast vergessen. »Ich könnte Ihnen die Bücher zuschicken, dann lesen Sie alles, und dann sehen wir, ob das nichts für den deutschen Markt wäre.«
In Gedanken stöhnte ich auf. Da wollte ich an einem Fenster in der Bretagne sitzen, auf das Meer blicken und die Arbeit hinter mir lassen. Und jetzt saß ich mit einem Autor da und sollte ein Fachgespräch führen.
Ich eierte herum, erklärte dem Mann, dass ich nur für Science Fiction zuständig sei, dass der Verlag, in dem ich tätig sei, nichts mit Kinderbüchern oder historischen Romanen anfangen könne, dass er mir gern etwas zuschicken könne und ich ja keinerlei Verpflichtungen einginge. Er war nicht unsympathisch, und unter normalen Umständen hätte ich ihn sogar gefragt, in welche Richtung seine Bücher wirklich gingen. Aber an diesem Abend hatte ich keine Lust darauf, über meinen Arbeit zu sprechen.
Lieber wollte ich dem Nebel zuschauen und meinen Wein trinken. Bald würde ich nicht einmal mehr das Licht des Leuchtturms sehen. Immerhin erkannte ich noch Autos, wenn sie am Hotel vorbeifuhren, auf der Landstraße, die an diesem äußersten Rand der Bretagne entlangführte. Ihre Scheinwerfer stachen durch den Nebel, ihr Licht streute.
»Überlegen Sie es sich«, sagte der Schriftsteller neben mir. Vielleicht war er müde, vielleicht sah er ein, dass ich keine große Lust auf ausufernde Gespräche hatte. Er legte die Karte neben mein Weinglas. »Hier ist meine Website, dort können Sie in die Bücher hineinschauen. Zwar ist alles in Französisch ...« Er lächelte verbindlich.
»Ich werde es schon verstehen«, behauptete ich und schämte mich ein wenig für mein abwesendes Verhalten.
Er nickte und stand auf. »Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall noch einen schönen Aufenthalt.« Er lächelte mir zu, hob grüßend die Hand und ging in Richtung Ausgang.
Als er im Freien stand, konnte ich ihn durch die Glasscheibe gut sehen. Er zog seine Jacke an, klappte den Kragen hoch. Kurze Zeit später leuchtete ein roter Punkt vor seinem Gesicht auf, Zigarettenrauch verschmolz mit dem allgegenwärtigen Nebel.
Er ging einige Schritte, dann war er im Nebel verschwunden. Von ihm blieben nur die Karte neben dem Weinglas und das Echo seiner Stimme in meinem Gehör.
09 November 2018
Nachts auf Burg Stahleck
Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«
Es muss ein Silvester-Con gewesen sein, der auf Burg Stahleck veranstaltet wurde. Die Burg thront über dem Rhein, von ihren Mauern aus hat man einen phänomenalen Blick über Bacharach und andere Orte am Rhein. Von Ende 1996 bis an den Anfang 1997 nahm ich an der Veranstaltung teil; wenn ich mich recht erinnere, war ich nur zwei Tage anwesend.
Wer mir zu vorgerückter Stunde, irgendwann am frühen Neujahrsmorgen zwischen Mitternacht und Frühstück eine Sonnenbrille auf den Kopf setzte, weiß ich nicht. Ich war sicher schon ziemlich betrunken und sehr froh darüber, auf der Burg übernachten zu können. Das Bild zeigt das auch einigermaßen deutlich …
Obwohl es eine Fantasy-Veranstaltung war, trug ich keine »Gewandung«, hatte mich also nicht optisch in den Markgrafen von Wintersforst verwandelt. Stattdessen trug ich ein »Chaostage 1996«-Shirt, eine Sonnenbrille und ein dämliches Grinsen. Das passte für mich auch besser zu einer doch streckenweise konfusen Zeit.
Es muss ein Silvester-Con gewesen sein, der auf Burg Stahleck veranstaltet wurde. Die Burg thront über dem Rhein, von ihren Mauern aus hat man einen phänomenalen Blick über Bacharach und andere Orte am Rhein. Von Ende 1996 bis an den Anfang 1997 nahm ich an der Veranstaltung teil; wenn ich mich recht erinnere, war ich nur zwei Tage anwesend.
Wer mir zu vorgerückter Stunde, irgendwann am frühen Neujahrsmorgen zwischen Mitternacht und Frühstück eine Sonnenbrille auf den Kopf setzte, weiß ich nicht. Ich war sicher schon ziemlich betrunken und sehr froh darüber, auf der Burg übernachten zu können. Das Bild zeigt das auch einigermaßen deutlich …
Obwohl es eine Fantasy-Veranstaltung war, trug ich keine »Gewandung«, hatte mich also nicht optisch in den Markgrafen von Wintersforst verwandelt. Stattdessen trug ich ein »Chaostage 1996«-Shirt, eine Sonnenbrille und ein dämliches Grinsen. Das passte für mich auch besser zu einer doch streckenweise konfusen Zeit.
08 November 2018
Ich erinnere mich an Achim Mehnert
Wann genau ich Achim Mehnert kennenlernte, kann ich nicht mehr genau sagen. Es muss in den ganz frühen 80er-Jahren gewesen sein, vermutlich schon 1981 beim StuCon in Stuttgart. Wir waren Science-Fiction-Fans, und wir waren immer wieder kreuz und quer durch die Republik unterwegs, per Anhalter und mit dem Gepäck auf dem Rücken.
Nicht nur einmal besuchte ich ihn in Köln, schlief nicht nur einmal im Schlafsack bei ihm auf dem Fußboden. Er besuchte mich in Dietersweiler, meinem Heimatdorf, wo er ebenfalls im Schlafsack übernachtete. So war das in den frühen 80er-Jahren. Wir waren jung, wir hatten kein Geld, aber viel Zeit und noch viel mehr Durst.
Er machte ein Fanzine namens »Denebola« und diverse Egozines, er veranstaltete Cons und schrieb Kurzgeschichten, er trank viel Bier und hörte laute Musik. Ich machte ein Fanzine namens »Sagittarius«, meine Musik klang ein wenig anders – sonst aber hatten wir erstaunlich viel gemeinsam. Er war ein wenig älter als ich, aber ich hätte uns immer als »gleichalt« betrachtet.
Wir waren gemeinsam auf Konzerten. Einmal fuhren wir nach Burglengenfeld bei Wackersdorf, wo wir das große »Anti-WAA-Festival« besuchten. Einmal schleppte er mich ins Müngersdorfer Stadion, wo wir uns U2 anschauten und er sich wunderte, warum ich die Vorgruppen allesamt besser fand. (Lou Reed oder die Pretenders oder Big Audio Dynamite waren um Längen cooler.)
Wir tranken viel Bier gemeinsam, er immer Kölsch, ich nur, wenn ich in Köln war. Er lästerte über das »Alpi« in Freudenstadt und trank es nur unter Protest. Wir saßen im »Milljöh« unzählige Male, wir saßen beim Jugendpark ums Grillfeuer, wir stromerten durch die Kneipen um den Barbarossaplatz, wie waren im »Blue Shell« und im »Rose Club«, im »Luxor« und in einem Laden, den ich nur als »Venuskeller« im Kopf habe, der aber sicher anders hieß. In Freudenstadt gingen wir ins »Nest« und hingen im Jugendzentrum an der Theke, wir waren in der »Schwarzwaldstube« und fuhren zu Partys, die irgendwo im Wald nur schwer zu finden waren.
Wir trafen uns überall in der Republik bei Cons, wo wir über Science Fiction und Musik sprachen, miteinander um die Häuser zogen und viel Spaß hatten. Kleinstädte wie Mettlach waren auf unserer Landkarte markiert wie Metropolen. Ich könnte tagelang Geschichten erzählen.
Ab den 90er-Jahren veränderte sich unser Verhältnis, es war berufsbedingt. Achim wurde freiberuflicher Autor – was ja mein Traumberuf gewesen war und seiner auch –, und ich wurde Redakteur. In den Serien, für die ich verantwortlich war, veröffentlichte er über ein Dutzend Romane. Meist arbeitete er für andere Verlage, und da waren wir nicht immer einer Meinung.
Zuletzt war unser Verhältnis nicht mehr so eng wie vor 30 oder 35 Jahren. Wir sahen uns auf Messen und Cons, und ich freute mich immer, wenn ich ihn sah. Als ich heute morgen las, dass er gestorben sei, verschlug es mir die Sprache. Von dem Schock habe ich mich noch nicht erholt; das wird so schnell auch nicht geschehen.
(Das Foto ist aus dem Jahr 2003 und stammt aus dem internen Server unserer Redaktion. Leider weiß ich nicht, wer der Urheber ist. Diese Angabe reiche ich nach, sobald ich sie weiß. Aber das Bild scheint von einer Präsentation zu stammen, in der es um die ATLAN-Miniserie ging.)
Nicht nur einmal besuchte ich ihn in Köln, schlief nicht nur einmal im Schlafsack bei ihm auf dem Fußboden. Er besuchte mich in Dietersweiler, meinem Heimatdorf, wo er ebenfalls im Schlafsack übernachtete. So war das in den frühen 80er-Jahren. Wir waren jung, wir hatten kein Geld, aber viel Zeit und noch viel mehr Durst.
Er machte ein Fanzine namens »Denebola« und diverse Egozines, er veranstaltete Cons und schrieb Kurzgeschichten, er trank viel Bier und hörte laute Musik. Ich machte ein Fanzine namens »Sagittarius«, meine Musik klang ein wenig anders – sonst aber hatten wir erstaunlich viel gemeinsam. Er war ein wenig älter als ich, aber ich hätte uns immer als »gleichalt« betrachtet.
Wir waren gemeinsam auf Konzerten. Einmal fuhren wir nach Burglengenfeld bei Wackersdorf, wo wir das große »Anti-WAA-Festival« besuchten. Einmal schleppte er mich ins Müngersdorfer Stadion, wo wir uns U2 anschauten und er sich wunderte, warum ich die Vorgruppen allesamt besser fand. (Lou Reed oder die Pretenders oder Big Audio Dynamite waren um Längen cooler.)
Wir tranken viel Bier gemeinsam, er immer Kölsch, ich nur, wenn ich in Köln war. Er lästerte über das »Alpi« in Freudenstadt und trank es nur unter Protest. Wir saßen im »Milljöh« unzählige Male, wir saßen beim Jugendpark ums Grillfeuer, wir stromerten durch die Kneipen um den Barbarossaplatz, wie waren im »Blue Shell« und im »Rose Club«, im »Luxor« und in einem Laden, den ich nur als »Venuskeller« im Kopf habe, der aber sicher anders hieß. In Freudenstadt gingen wir ins »Nest« und hingen im Jugendzentrum an der Theke, wir waren in der »Schwarzwaldstube« und fuhren zu Partys, die irgendwo im Wald nur schwer zu finden waren.
Wir trafen uns überall in der Republik bei Cons, wo wir über Science Fiction und Musik sprachen, miteinander um die Häuser zogen und viel Spaß hatten. Kleinstädte wie Mettlach waren auf unserer Landkarte markiert wie Metropolen. Ich könnte tagelang Geschichten erzählen.
Ab den 90er-Jahren veränderte sich unser Verhältnis, es war berufsbedingt. Achim wurde freiberuflicher Autor – was ja mein Traumberuf gewesen war und seiner auch –, und ich wurde Redakteur. In den Serien, für die ich verantwortlich war, veröffentlichte er über ein Dutzend Romane. Meist arbeitete er für andere Verlage, und da waren wir nicht immer einer Meinung.
Zuletzt war unser Verhältnis nicht mehr so eng wie vor 30 oder 35 Jahren. Wir sahen uns auf Messen und Cons, und ich freute mich immer, wenn ich ihn sah. Als ich heute morgen las, dass er gestorben sei, verschlug es mir die Sprache. Von dem Schock habe ich mich noch nicht erholt; das wird so schnell auch nicht geschehen.
(Das Foto ist aus dem Jahr 2003 und stammt aus dem internen Server unserer Redaktion. Leider weiß ich nicht, wer der Urheber ist. Diese Angabe reiche ich nach, sobald ich sie weiß. Aber das Bild scheint von einer Präsentation zu stammen, in der es um die ATLAN-Miniserie ging.)
07 November 2018
Verwirrender November
In diesen Tagen bin ich nicht optimal aufs Wetter eingestellt. Früher war ja bekanntlich alles besser, also auch das Wetter: Im November regnete es, abends wurde es früh dunkel, es war nass und kalt. Und ich versuchte jahrelang, in genau dieser Zeit dem schlechten Wetter zu entkommen, indem ich durch afrikanische Länder reiste.
Im Jahr 2018 fühlt sich der November so an, als sei es ein Goldener Oktober. Spätestens dann, wenn ich mit dem Rad in der Stadt unterwegs bin, merke ich, wie verwirrend das alles für mich ist.
Am späten Nachmittag stieg ich aufs Rad. Ich zog die Herbstjacke an, die zwar ein wenig warm gibt, aber vor allem den Regen und den Wind abhalten soll. Ansonsten hatte ich Hose und Hemd an, mehr nicht, natürlich die Unterwäsche darunter (dass niemand auf dumme Gedanken kommt!). Das klappte gut. Ich fuhr durch die vergleichsweise warme Luft, ich fror nicht, wenngleich es mir an den Ohren ordentlich zog.
Als ich gegen 21 Uhr noch auf ein Bier aus dem Haus ging und in die Nordstadt radelte, war es schon ein wenig kühler. Sicherheitshalber zog ich zwischen Herbstjacke und Hemd noch einen Pullover an. Ich fuhr durch Berge von Blättern, die auf dem Gehsteig herumlagen, an den Händen und an den Ohren wurde es kühl – ansonsten aber war mir nicht kalt. Erhitzt kam ich in der Kneipe an.
Bei der Rückfahrt zog ich den Pullover wieder über. Zwischendurch überlegte ich mir, ob ich ihn ausziehen oder mir um die Ohren binden sollte. Ich ließ es, weil ich dann ja hätte anhalten müssen. Ein unzumutbarer Gedanke! Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich – um biblisch zu werden – »voll des süßen Weines« war …
Im Jahr 2018 fühlt sich der November so an, als sei es ein Goldener Oktober. Spätestens dann, wenn ich mit dem Rad in der Stadt unterwegs bin, merke ich, wie verwirrend das alles für mich ist.
Am späten Nachmittag stieg ich aufs Rad. Ich zog die Herbstjacke an, die zwar ein wenig warm gibt, aber vor allem den Regen und den Wind abhalten soll. Ansonsten hatte ich Hose und Hemd an, mehr nicht, natürlich die Unterwäsche darunter (dass niemand auf dumme Gedanken kommt!). Das klappte gut. Ich fuhr durch die vergleichsweise warme Luft, ich fror nicht, wenngleich es mir an den Ohren ordentlich zog.
Als ich gegen 21 Uhr noch auf ein Bier aus dem Haus ging und in die Nordstadt radelte, war es schon ein wenig kühler. Sicherheitshalber zog ich zwischen Herbstjacke und Hemd noch einen Pullover an. Ich fuhr durch Berge von Blättern, die auf dem Gehsteig herumlagen, an den Händen und an den Ohren wurde es kühl – ansonsten aber war mir nicht kalt. Erhitzt kam ich in der Kneipe an.
Bei der Rückfahrt zog ich den Pullover wieder über. Zwischendurch überlegte ich mir, ob ich ihn ausziehen oder mir um die Ohren binden sollte. Ich ließ es, weil ich dann ja hätte anhalten müssen. Ein unzumutbarer Gedanke! Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich – um biblisch zu werden – »voll des süßen Weines« war …
06 November 2018
Zwischen Luxemburg und Apulien
Mit seinen Romanen um den Koch Xavier Kieffer hat der Schriftsteller Tom Hillenbrand eine Reihe ins Leben gerufen, die der Verlag als »kulinarische Krimis« vermarktet. Das klingt falscher als es ist: Tatsächlich wird in den Romanen fleißig gespeist und getrunken, dabei vermerkt der Autor auch gern, aus was die Speisen bestehen und wie sie zubereitet werden.
Und der jeweils eigentliche »Fall« hat stets mit Nahrung zu tun. Also stimmt die Bezeichnung tatsächlich ...
Das ist bei »Tödliche Oliven« nicht anders, den ich zuletzt las. Die Hauptfigur ist Xavier Kieffer, ein Koch in einem Gourmet-Restaurant in Luxemburg. Regelmäßig fährt er mit seinem alten Freund Alessandro nach Italien, um dort Wein und Olivenöl zu testen und zu kaufen. Doch als Alessandro spurlos verschwindet, beschließt Kieffer selbst, sich um den Fall zu kümmern und Nachforschungen anzustellen.
Er kommt auf die Spur einer Organisation, die unter anderem Geld damit verdient, dass sie Olivenöl panscht. Spätestens ab diesem Punkt wird der anfangs harmlose und eher amüsante Roman zum Einstieg in ein Nahrungsmittel-Thema, das dem Leser keinen Spaß mehr macht.
Tom Hillenbrand schildert, verpackt in eine packende Geschichte, wie aus unterdurchschnittlichem Olivenöl, das aus der Türkei kommt, mithilfe von »Verschnitt« und neuem Etikett ein hochwertiges Olivenöl wird, für das beispielsweise der Verbraucher in Deutschland richtig viel Geld bezahlt. Gelegentlich verging mir da bei der Lektüre ganz schön der Appetit.
Der Roman gehört zu einer Serie, die mittlerweile mehrere Bände umfasst. Xavier Kieffer ist eine sympathische Hauptfigur, und einige der Nebenfiguren sind dem Serienleser aus anderen Bänden bekannt. Ebenso fühlt man sich als Leser in Luxemburg und den Straßen des Herzogtums fast wie daheim. Aber wer noch nie einen Kieffer-Krimi gelesen hat, wird gut in die Handlung reinkommen.
Mir hat »Tödliche Oliven« gut gefallen, ein leicht zu lesender Krimi mit einem ernsthaften Hintergrund. Manchmal hätte das Lektorat ein wenig gründlicher sein können (Handkuss und Kusshand sind eben doch verschiedene Dinge), aber da ist mein Blick einfach zu »verdorben«. Eine Empfehlung für die Leser, die gern mal einen lockeren Krimi mögen!
Und der jeweils eigentliche »Fall« hat stets mit Nahrung zu tun. Also stimmt die Bezeichnung tatsächlich ...
Das ist bei »Tödliche Oliven« nicht anders, den ich zuletzt las. Die Hauptfigur ist Xavier Kieffer, ein Koch in einem Gourmet-Restaurant in Luxemburg. Regelmäßig fährt er mit seinem alten Freund Alessandro nach Italien, um dort Wein und Olivenöl zu testen und zu kaufen. Doch als Alessandro spurlos verschwindet, beschließt Kieffer selbst, sich um den Fall zu kümmern und Nachforschungen anzustellen.
Er kommt auf die Spur einer Organisation, die unter anderem Geld damit verdient, dass sie Olivenöl panscht. Spätestens ab diesem Punkt wird der anfangs harmlose und eher amüsante Roman zum Einstieg in ein Nahrungsmittel-Thema, das dem Leser keinen Spaß mehr macht.
Tom Hillenbrand schildert, verpackt in eine packende Geschichte, wie aus unterdurchschnittlichem Olivenöl, das aus der Türkei kommt, mithilfe von »Verschnitt« und neuem Etikett ein hochwertiges Olivenöl wird, für das beispielsweise der Verbraucher in Deutschland richtig viel Geld bezahlt. Gelegentlich verging mir da bei der Lektüre ganz schön der Appetit.
Der Roman gehört zu einer Serie, die mittlerweile mehrere Bände umfasst. Xavier Kieffer ist eine sympathische Hauptfigur, und einige der Nebenfiguren sind dem Serienleser aus anderen Bänden bekannt. Ebenso fühlt man sich als Leser in Luxemburg und den Straßen des Herzogtums fast wie daheim. Aber wer noch nie einen Kieffer-Krimi gelesen hat, wird gut in die Handlung reinkommen.
Mir hat »Tödliche Oliven« gut gefallen, ein leicht zu lesender Krimi mit einem ernsthaften Hintergrund. Manchmal hätte das Lektorat ein wenig gründlicher sein können (Handkuss und Kusshand sind eben doch verschiedene Dinge), aber da ist mein Blick einfach zu »verdorben«. Eine Empfehlung für die Leser, die gern mal einen lockeren Krimi mögen!
05 November 2018
Ein starkes Paket in der Hackerei
Sollte ich sagen, welche Musik am Freitagabend, 2. November 2018, in der »Alten Hackerei« in Karlsruhe gespielt wurde, könnte ich das nicht klar sagen. Es war kein lupenreiner Punkrock, die Angehörigen der beiden Bands würden sich dagegen bestimmt verwehren, aber es war eben auch nicht »nur« IndieRock oder wie immer man Rockmusik mit deutschen Texten heutzutage nennen mag. Sagen wir's deshalb so: Ich sah zwei starke Bands und fand es nur schade, dass nicht mehr Leute gekommen waren.
Von Kramsky hatte ich zuvor nicht einmal den Namen gekannt. Die Band aus Trier – vier schwarzgekleidete Männer – brachte deutsche Texte, kombiniert mit einer Musik zwischen ruhig und laut, zwischen krachig und melodiös. Ein wummernder Bass, eine zeitweise fiebrig klingende Gitarre, ein knalliges Schlagzeug und ein Sänger, der die unterschiedlichen Stücke stark ins spärliche Publikum ballerte – das war schon ein guter Einstieg. In einem Laden und vor einem Publikum, das vor allem auf klassischen Punk und Hardcore abonniert ist, lieferten Kramsky auf jeden Fall ein gelungenes Brett ab.
Auf Illegale Farben freute ich mich schon lange. Ich mag die Platten der Band aus Köln, vor allem die Mixtur aus Neuer Deutscher Welle oder New Wave – nennt es, wie ihr wollt – sowie allerlei IndieRock und Punk, ebenso wie die gelungenen Texte. Beim ersten Konzert in Karlsruhe hatte ich sie glatt verpasst.
Auf der Bühne wirkten die fünf Männer in schwarz zuerst eher ruhig und wenig »punkig«, mit fortschreitendem Konzert wurden sie aber immer lebhafter. Sogar das Publikum bewegte sich nach einiger Zeit ein wenig, auch wenn wir insgesamt ein schlapper Haufen waren. (Die zweite Reihe des stehenden Publikums bestand übrigens aus mir. An der Theke saßen einige Leute, andere lehnten an der Theke, hinter mir kamen noch mal rund drei, vier Dutzend.)
Die Band ließ sich nicht lumpen, vor allem der Sänger ging immer stärker aus sich heraus. Mit dem Mikro sprang er in den Raum, brüllte den Zuschauern dann auch mal direkt ins Gesicht und bewegte sich kreuz und quer zwischen der Bühne und der Tür hin und her. Das fand ich cool, so was sieht man selten.
Live fand ich die Band auf jeden Fall »punkig«, die Musik wurde sehr druckvoll gespielt, die Texte ebenso druckvoll gesungen. Manches Stück, das auf Platte eher wie »Dance-Punk« klingt, wird live einfach knalliger. Das gefiel mir sehr gut. Kein Wunder, dass ich hinterher noch Tonträger auf Vinyl kaufen musste …
Von Kramsky hatte ich zuvor nicht einmal den Namen gekannt. Die Band aus Trier – vier schwarzgekleidete Männer – brachte deutsche Texte, kombiniert mit einer Musik zwischen ruhig und laut, zwischen krachig und melodiös. Ein wummernder Bass, eine zeitweise fiebrig klingende Gitarre, ein knalliges Schlagzeug und ein Sänger, der die unterschiedlichen Stücke stark ins spärliche Publikum ballerte – das war schon ein guter Einstieg. In einem Laden und vor einem Publikum, das vor allem auf klassischen Punk und Hardcore abonniert ist, lieferten Kramsky auf jeden Fall ein gelungenes Brett ab.
Auf Illegale Farben freute ich mich schon lange. Ich mag die Platten der Band aus Köln, vor allem die Mixtur aus Neuer Deutscher Welle oder New Wave – nennt es, wie ihr wollt – sowie allerlei IndieRock und Punk, ebenso wie die gelungenen Texte. Beim ersten Konzert in Karlsruhe hatte ich sie glatt verpasst.
Auf der Bühne wirkten die fünf Männer in schwarz zuerst eher ruhig und wenig »punkig«, mit fortschreitendem Konzert wurden sie aber immer lebhafter. Sogar das Publikum bewegte sich nach einiger Zeit ein wenig, auch wenn wir insgesamt ein schlapper Haufen waren. (Die zweite Reihe des stehenden Publikums bestand übrigens aus mir. An der Theke saßen einige Leute, andere lehnten an der Theke, hinter mir kamen noch mal rund drei, vier Dutzend.)
Die Band ließ sich nicht lumpen, vor allem der Sänger ging immer stärker aus sich heraus. Mit dem Mikro sprang er in den Raum, brüllte den Zuschauern dann auch mal direkt ins Gesicht und bewegte sich kreuz und quer zwischen der Bühne und der Tür hin und her. Das fand ich cool, so was sieht man selten.
Live fand ich die Band auf jeden Fall »punkig«, die Musik wurde sehr druckvoll gespielt, die Texte ebenso druckvoll gesungen. Manches Stück, das auf Platte eher wie »Dance-Punk« klingt, wird live einfach knalliger. Das gefiel mir sehr gut. Kein Wunder, dass ich hinterher noch Tonträger auf Vinyl kaufen musste …
02 November 2018
Mit zwei Mofas durch die Republik
Ich gestehe, dass ich von »25 km/h« nicht viel erwartet hatte. Wir hatten Lust auf einen Kinoabend und hatten uns spontan für eine deutsche Komödie entschieden. Dass so etwas schiefgehen kann, wussten wir. Aber um es gleich im Voraus zu verraten: »25 km/h« ist ein sehr witziger Film, aber weit davon entfernt, eine völlig flache Geschichte zu erzählen. Es ist ein Film, der zudem schöne Blicke auf das Deutschland des Jahres 2018 wirft.
Hauptdarsteller sind Lars Eidinger, der einen durchgeknallten Angestellten aus dem höheren Management spielt, und Bjarne Mädel, der als dörflich lebender Schreiner arbeitet. Die beiden sind Brüder, haben sich jahrzehntelang nicht mehr gesehen und kommen erst wieder bei der Beerdigung ihres Vaters zusammen. Danach geht erst einmal einiges schief, bis die beiden im Suff beschließen, mit zwei uralten Mofas quer durch die Republik zu fahren.
Das machen sie mit einer einzigen Garnitur Klamotten, vielen Pannen und allerlei skurrilen Abenteuern. Man darf über die ernsthafte Logik des Filmes nicht zu lang nachdenken, sondern sollte sich an der gelungenen Abfolge aus Slapstick und ernsthaften Dialogen erfreuen. Die beiden Brüder zanken sich, sie brüllen sich an, und sie erfahren dabei mehr über sich und ihr Leben, als sie sich vorher vorstellen konnten.
Das ist richtig gut gemacht, ich war völlig baff. Die Idee ist nicht schreiend neu, aber das machen sowohl die Hauptdarsteller, als auch die vielen prominenten Nebendarsteller ziemlich klasse. Ich fühlte mich großartig unterhalten, ich lachte viel, und ich hatte hinterher nicht das Gefühl – wie bei manchem »Blockbuster« –, mein Geld für Fastfood aus dem Fenster gepfeffert zu haben.
Die wichtigste Hauptperson scheint mir übrigens Deutschland zu sein: Man sieht den Schwarzwald von einer Seite, die mir als gebürtigem Schwarzwälder sehr gut gefällt. Eine Avia-Tankstelle, die handlungsrelevant ist, kenne ich noch aus meiner Jugendzeit; da stand ich auch schon beim Trampen. Die Kleinstadt, in der alles anfängt, liegt zwischen der Stadt, in der ich arbeite, und der, in der ich großgeworden bin. Und so weiter …
Gezeigt werden verschiedene Ecken des Landes, der Rhein, ein schöner See, ein Atomkraftwerk, Berlin-Kreuzberg, ein Hippie-Festival in der Nähe von Paderborn, wunderschöne Weinberge – es müsste das Rebland hinter Baden-Baden sein, ich würde sagen, direkt hinter Neuweier – und immer wieder allerlei Menschen aus allen möglichen Schichten. (Okay, man könnte einwenden, dass der Film wenig Diversität zeigt; dunkelhäutige Menschen kommen praktisch keine vor. Aber das kann man angesichts einer Geschichte, die zwei Männer in ihre Jugend in den frühen 80er-Jahren zurückführt, sicher gut aushalten.)
Alles in allem: ein Film, der prächtig unterhält und eine rasante Geschichte erzählt.
Hauptdarsteller sind Lars Eidinger, der einen durchgeknallten Angestellten aus dem höheren Management spielt, und Bjarne Mädel, der als dörflich lebender Schreiner arbeitet. Die beiden sind Brüder, haben sich jahrzehntelang nicht mehr gesehen und kommen erst wieder bei der Beerdigung ihres Vaters zusammen. Danach geht erst einmal einiges schief, bis die beiden im Suff beschließen, mit zwei uralten Mofas quer durch die Republik zu fahren.
Das machen sie mit einer einzigen Garnitur Klamotten, vielen Pannen und allerlei skurrilen Abenteuern. Man darf über die ernsthafte Logik des Filmes nicht zu lang nachdenken, sondern sollte sich an der gelungenen Abfolge aus Slapstick und ernsthaften Dialogen erfreuen. Die beiden Brüder zanken sich, sie brüllen sich an, und sie erfahren dabei mehr über sich und ihr Leben, als sie sich vorher vorstellen konnten.
Das ist richtig gut gemacht, ich war völlig baff. Die Idee ist nicht schreiend neu, aber das machen sowohl die Hauptdarsteller, als auch die vielen prominenten Nebendarsteller ziemlich klasse. Ich fühlte mich großartig unterhalten, ich lachte viel, und ich hatte hinterher nicht das Gefühl – wie bei manchem »Blockbuster« –, mein Geld für Fastfood aus dem Fenster gepfeffert zu haben.
Die wichtigste Hauptperson scheint mir übrigens Deutschland zu sein: Man sieht den Schwarzwald von einer Seite, die mir als gebürtigem Schwarzwälder sehr gut gefällt. Eine Avia-Tankstelle, die handlungsrelevant ist, kenne ich noch aus meiner Jugendzeit; da stand ich auch schon beim Trampen. Die Kleinstadt, in der alles anfängt, liegt zwischen der Stadt, in der ich arbeite, und der, in der ich großgeworden bin. Und so weiter …
Gezeigt werden verschiedene Ecken des Landes, der Rhein, ein schöner See, ein Atomkraftwerk, Berlin-Kreuzberg, ein Hippie-Festival in der Nähe von Paderborn, wunderschöne Weinberge – es müsste das Rebland hinter Baden-Baden sein, ich würde sagen, direkt hinter Neuweier – und immer wieder allerlei Menschen aus allen möglichen Schichten. (Okay, man könnte einwenden, dass der Film wenig Diversität zeigt; dunkelhäutige Menschen kommen praktisch keine vor. Aber das kann man angesichts einer Geschichte, die zwei Männer in ihre Jugend in den frühen 80er-Jahren zurückführt, sicher gut aushalten.)
Alles in allem: ein Film, der prächtig unterhält und eine rasante Geschichte erzählt.