In einer Zukunft, die man sich nicht genauer vorstellen möchte, ist die Menschheit ziemlich am Ende. Die Umwelt ist zerstört, die Städte sind heruntergekommen, es ziehen verstreute Banden durch Stadt und Land, um sich gegenseitig zu bekämpfen und sich die letzten Ressourcen streitig zu machen.
Das ist die eigentliche Handlung des Science-Fiction-Comics »Devolution«, der mir leider nicht sonderlich gefallen hat. Dabei habe ich ja nichts gegen düstere Zukunftsvisionen und knallige Comic-Zeichnungen, ich habe zudem genügend SF-Filme gesehen und -Romane gelesen, in denen ähnliche Szenarien gezeigt werden.
Das Szenario, das Rick Remender entwirft, ist tatsächlich alles andere als neu. Eine Menschheit, die nur noch aus wenigen Überlebenden besteht und sich in einer feindlichen Umgebung zu behaupten versucht – das hatten wir schon oft.
Aber selten wurde es so derb erzählt: Es wird vergewaltigt und gefoltert, gemordet und zerstückelt, dazu fallen Schimpfwörter und Beleidigungen am laufenden Band. In seiner sprachlichen Derbheit ist »Devolution« unerreicht und wirkt manchmal so, als hätte man Gangster-Rap oder Deathmetal in einen Comic übertragen.
Interessanterweise sind die Zeichnungen ähnlich: Jonathan Wayshak kann offensichtlich etwas, zeigt immer wieder starke Ansichten voller Details, in denen er die apokalyptische Welt der nahen Zukunft entwirft. Dann aber wieder wirkt alles skizzenhaft, wie im Hauruck-Tempo hingeschmiert. Bei blutiger Action passt das alles, aber der Schockeffekt lässt doch sehr schnell nach.
Man kann sich an der Action und den rotzigen Dialogen berauschen, so wie man sich auch über Splatterfilme amüsieren kann. Ich konnte leider nie etwas mit dem Humor dieser Filme anfangen und tu' mich entsprechend mit diesem Comic sehr schwer. Das ist offenbar nicht mein Humor, das ist auch nicht meine Art, Geschichten zu erzählen.
Suchen wir das Positive, landen wir beim Verlag. Splitter hat aus dem Comic ein richtig schönes Buch gemacht, als Hardcover aufgebunden und sauber gedruckt. Vielleicht würde die Geschichte tatsächlich eher zu einem bewusst schmuddelig aufgemachten Heft bei einem Verlag wie Weißblech passen.
»Devolution« ist eine Art negative Science Fiction. Wer mag, darf diesen Comic auch als Dystopie bezeichnen. Wer eine krasse Geschichte mag, ist an dieser Stelle vielleicht sogar sehr richtig. Ich empfehle auf jeden Fall, die Leseprobe anzuschauen – dann sieht jede/r, ob es ihm oder ihr gefallen könnte ...
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
31 März 2020
30 März 2020
Lindenstraße am Ende
Die Fernsehserie »Lindenstraße« ist zu Ende. Der vergangene Sonntag brachte einen Abschied, den ich verpasste. Das war und ist nicht ungewöhnlich. Im Verlauf der Jahrzehnte sah ich nicht mehr als einige Teilfolgen der Serie, die ich stets zufällig mitbekam.
Man kann tatsächlich nicht sagen, dass ich ein Fan der Fernsehserie »Lindenstraße« bin. Ich war es auch nie. Als die Serie in den 80er-Jahren gestartet wurde, versuchte ich eine Folge anzusehen, und fand sie doof. Meine Schwester informierte mich immer, wenn etwas Wichtiges geschah: »Klaus, da sind Punker in der Lindenstraße.« So blieb ich einigermaßen auf dem Laufenden.
In den frühen 90er-Jahren stellte ich verblüfft fest, wie viele Menschen in meinem Umfeld die Serie irgendwie cool fanden. Punk-Bands machten Lieder über die Lindenstraße, es gab sogar einen Funpunk-Sampler, der sich mit der Serie beschäftigte. Bei den Autonomen in Heidelberg wurde auch mal ein Plenum verschoben, wenn die »Lindenstraße« zu einer anderen Zeit gezeigt wurde. Das verstand ich nicht, aber ich akzeptierte es.
Ich lebte Jahrzehnte neben der Serie her. Ich bekam immer mal wieder mit, wenn sich etwas in ihr tat, aber ich nahm davon keine ernsthafte Notiz. Wenn es die Serie nicht mehr gibt, wird sie mir also nicht fehlen.
Aber sie wird ihren Fans fehlen. Und sie fehlt in gewisser Weise auch der bundesrepublikanischen Kultur, die sie jahrelang abgebildet hat. Deshalb sage ch eben auch ein leises »Tschüss, Lindenstraße«.
Man kann tatsächlich nicht sagen, dass ich ein Fan der Fernsehserie »Lindenstraße« bin. Ich war es auch nie. Als die Serie in den 80er-Jahren gestartet wurde, versuchte ich eine Folge anzusehen, und fand sie doof. Meine Schwester informierte mich immer, wenn etwas Wichtiges geschah: »Klaus, da sind Punker in der Lindenstraße.« So blieb ich einigermaßen auf dem Laufenden.
In den frühen 90er-Jahren stellte ich verblüfft fest, wie viele Menschen in meinem Umfeld die Serie irgendwie cool fanden. Punk-Bands machten Lieder über die Lindenstraße, es gab sogar einen Funpunk-Sampler, der sich mit der Serie beschäftigte. Bei den Autonomen in Heidelberg wurde auch mal ein Plenum verschoben, wenn die »Lindenstraße« zu einer anderen Zeit gezeigt wurde. Das verstand ich nicht, aber ich akzeptierte es.
Ich lebte Jahrzehnte neben der Serie her. Ich bekam immer mal wieder mit, wenn sich etwas in ihr tat, aber ich nahm davon keine ernsthafte Notiz. Wenn es die Serie nicht mehr gibt, wird sie mir also nicht fehlen.
Aber sie wird ihren Fans fehlen. Und sie fehlt in gewisser Weise auch der bundesrepublikanischen Kultur, die sie jahrelang abgebildet hat. Deshalb sage ch eben auch ein leises »Tschüss, Lindenstraße«.
Ein Elektro-Liedermacher
Till-Jonas Meyer ist Liedermacher – oder eben Singer-Songwriter, wie man das heutzutage eher nennt. Er spielte davor in diversen Bands, nun ist er solo unterwegs. Wobei das mit dem »solo« nicht stimmt, wie ich beim Anhören einer Demo-CD festgestellt habe. Das wäre ja auch nichts Besonderes, es gibt schließlich genügend Musiker, die ihre Lieder singen und sich mit einer Gitarre begleiten.
Dieser Liedermacher mixt die Stücke aber am Rechner mit allerlei elektronischen Elementen zusammen, was sich interessant anhört. Es bollert und wummert, manchmal wird ein Schlagzeug simuliert, die Stimme des Sängers ist aber immer das, was man am deutlichsten wahrnimmt.
Interessant ist das – aber es ändert nichts an meinem Problem: Meine Musik ist das einfach nicht. Die Melodien eiern ein wenig, die Stimme ist klar, die Texte wirken auf mich leicht jammerig. Meine Tasse Bier ist das nicht, aber Fans dieser Musikrichtung finden Till-Jonas Meye garantiert originell und sollten in seine Musik reinhören.
Dieser Liedermacher mixt die Stücke aber am Rechner mit allerlei elektronischen Elementen zusammen, was sich interessant anhört. Es bollert und wummert, manchmal wird ein Schlagzeug simuliert, die Stimme des Sängers ist aber immer das, was man am deutlichsten wahrnimmt.
Interessant ist das – aber es ändert nichts an meinem Problem: Meine Musik ist das einfach nicht. Die Melodien eiern ein wenig, die Stimme ist klar, die Texte wirken auf mich leicht jammerig. Meine Tasse Bier ist das nicht, aber Fans dieser Musikrichtung finden Till-Jonas Meye garantiert originell und sollten in seine Musik reinhören.
29 März 2020
Saufen und fasten
»Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen« – das war der Slogan bei vielen Veranstaltungen der APPD, an denen ich teilnahm. Das war natürlich nicht so ernst gemeint, aber meist trank ich bei solchen Veranstaltungen viel zu viel Bier.
Generell kann man sagen, dass ich in meinem Leben schon sehr viel Alkohol konsumiert habe: bei Punk-Konzerten und Science-Fiction-Treffen, während meiner Zeit bei der Bundeswehr und bei zahlreichen Treffen. Allein gesoffen habe ich eigentlich nie, aber Bier und Wein zählen seit meiner Jugend zum Leben dazu.
Deshalb fand ich den Vorschlag zuerst seltsam: »Lass uns zwischen Fasching und Ostern keinen Alkohol trinken. Also die ganze Fastenzeit hindurch.« Aber ich willigte ein.
Es ging und geht sehr gut. Es gibt keinerlei körperlichen Probleme. Ab und zu juckt es mich, abends ein Bier aufzumachen oder zum selbst gekochten Abendessen ein Glas Wein zu trinken. Aber ich stelle fest, dass ich keine Schwierigkeit damit habe, sogar mehrere Wochen lang auf alkoholische Getränke zu verzichten.
Das liegt sicher auch daran, dass alle Restaurants geschlossen haben und ich auf kein Punk-Konzert gehen kann. Abends ausgehen und dann kein Alkohol? Das ist immer noch ungewöhnlich. Ich stelle fest, dass die Corona-Krise zumindest den Entschluss erleichtert, keinen Alkohol zu trinken.
Trotzdem freue ich mich auf Ostern: Ich werde dann ein Glas Wein trinken – auf das Ende der selbst verordneten Fastenzeit.
Generell kann man sagen, dass ich in meinem Leben schon sehr viel Alkohol konsumiert habe: bei Punk-Konzerten und Science-Fiction-Treffen, während meiner Zeit bei der Bundeswehr und bei zahlreichen Treffen. Allein gesoffen habe ich eigentlich nie, aber Bier und Wein zählen seit meiner Jugend zum Leben dazu.
Deshalb fand ich den Vorschlag zuerst seltsam: »Lass uns zwischen Fasching und Ostern keinen Alkohol trinken. Also die ganze Fastenzeit hindurch.« Aber ich willigte ein.
Es ging und geht sehr gut. Es gibt keinerlei körperlichen Probleme. Ab und zu juckt es mich, abends ein Bier aufzumachen oder zum selbst gekochten Abendessen ein Glas Wein zu trinken. Aber ich stelle fest, dass ich keine Schwierigkeit damit habe, sogar mehrere Wochen lang auf alkoholische Getränke zu verzichten.
Das liegt sicher auch daran, dass alle Restaurants geschlossen haben und ich auf kein Punk-Konzert gehen kann. Abends ausgehen und dann kein Alkohol? Das ist immer noch ungewöhnlich. Ich stelle fest, dass die Corona-Krise zumindest den Entschluss erleichtert, keinen Alkohol zu trinken.
Trotzdem freue ich mich auf Ostern: Ich werde dann ein Glas Wein trinken – auf das Ende der selbst verordneten Fastenzeit.
27 März 2020
Ein Meisterwerk aus Musik und Literatur
Manchmal kann ich mich selbst nicht verstehen: Bereits 2013 oder 2014 erschien das »Homestory-Magazin«, ich erhielt es sogar zur Besprechung zugeschickt. Ich blätterte ein wenig durch die Seiten, fand das Layout ansprechend und die Texte eher verwirrend, klappte das Heft zu und legte es zur Seite.
Es versackte in einem Stapel, wie so vieles. Ich bekam mit, das Ferdinand Führer und Roland van Oystern, die beiden Macher des Heftes, sogar Lesungstouren veranstalteten; ich verpasste sie. Und seit einiger Zeit gibt es sogar ein Buch, das die beiden geschrieben haben – das hatte ich bislang auch nicht so richtig mitbekommen.
Bis ich dieser Tage das Magazin in die Hand nahm und von vorne bis hinten las ...
Ich kam aus dem Staunen und Grinsen nicht mehr heraus. Auf 52 A4-Seiten in einem piekfeinen Vierfarb-Layout präsentiert das Interview allerlei Geschichten über Musiker aus dem Punkrock-, Indie- und Hardcore-Spektrum. Es handelt sich um »Homestorys«; die beiden Macher besuchen die Musiker daheim, reden mit ihnen, trinken mit ihnen Bier, fahren dann wieder weg.
Das Schönste dabei: Die Interviews sind erfunden, die Besuche auch, und das Ganze ist in einem Stil geschrieben, der zwischen Schülerzeitung, Promi-Klatschmagazin und Popliteratur wechselt. Es geht um Dosenbier und Kriminalität, egoistische Musiker und verschreckte »Homestory«-Journalisten.
Ich fand's unfassbar komisch, las jede dieser angeblichen Reportagen von vorne bis hinten und teilweise zweimal, freute mich natürlich wie Bolle, dass ich zwischendurch auch mal erwähnt wurde, und frage mich gelegentlich, wie der eine oder andere Mensch, der in diesem Heft porträtiert wird, das dann vielleicht findet.
Aber gut: Das Heft ist brillant. Problematisch dürfte sein, es derzeit noch irgendwo zu kaufen. Immerhin gibt es die Internet-Seite noch und sogar die Facebook-Seite. Ansonsten würde ich mir wünschen, dieses Heft einfach mal als Taschenbuch-Version ins Regal stellen zu können. Ganz große Klasse!
Es versackte in einem Stapel, wie so vieles. Ich bekam mit, das Ferdinand Führer und Roland van Oystern, die beiden Macher des Heftes, sogar Lesungstouren veranstalteten; ich verpasste sie. Und seit einiger Zeit gibt es sogar ein Buch, das die beiden geschrieben haben – das hatte ich bislang auch nicht so richtig mitbekommen.
Bis ich dieser Tage das Magazin in die Hand nahm und von vorne bis hinten las ...
Ich kam aus dem Staunen und Grinsen nicht mehr heraus. Auf 52 A4-Seiten in einem piekfeinen Vierfarb-Layout präsentiert das Interview allerlei Geschichten über Musiker aus dem Punkrock-, Indie- und Hardcore-Spektrum. Es handelt sich um »Homestorys«; die beiden Macher besuchen die Musiker daheim, reden mit ihnen, trinken mit ihnen Bier, fahren dann wieder weg.
Das Schönste dabei: Die Interviews sind erfunden, die Besuche auch, und das Ganze ist in einem Stil geschrieben, der zwischen Schülerzeitung, Promi-Klatschmagazin und Popliteratur wechselt. Es geht um Dosenbier und Kriminalität, egoistische Musiker und verschreckte »Homestory«-Journalisten.
Ich fand's unfassbar komisch, las jede dieser angeblichen Reportagen von vorne bis hinten und teilweise zweimal, freute mich natürlich wie Bolle, dass ich zwischendurch auch mal erwähnt wurde, und frage mich gelegentlich, wie der eine oder andere Mensch, der in diesem Heft porträtiert wird, das dann vielleicht findet.
Aber gut: Das Heft ist brillant. Problematisch dürfte sein, es derzeit noch irgendwo zu kaufen. Immerhin gibt es die Internet-Seite noch und sogar die Facebook-Seite. Ansonsten würde ich mir wünschen, dieses Heft einfach mal als Taschenbuch-Version ins Regal stellen zu können. Ganz große Klasse!
26 März 2020
Erinnerung an den Zaubermond-Anfang
Ich schrieb im Dezember 1999 in meinem damaligen Egozine »Sabberheinz« über einen Verlag, der damals ganz neu war. Gemeint ist der Zaubermond-Verlag. Ich zitiere mich selbst:
»Mit großem Interesse registrierte ich auf der Frankfurter Buchmesse die Aktivitäten des Zaubermond-Verlages, der anfangs von den meisten Szene-Aktiven eher belächelt wurde. Die neue Gestaltung der Buchreihen, das professionelle Auftreten am Stand und mit den Prospekten, die freundliche, deutlich selbstsichere Art von Verleger und Autor – das alles gefiel mir sehr gut; da kann man noch einiges erwarten, denke ich.«
Mittlerweile sind mehr als zwanzig Jahre vergangen; der Zaubermond-Verlag erlebte seine Höhen und Tiefen, aber es gibt ihn immer noch. Damals begann man mit einer Umstrukturierung: Die bisherige Reihe »Dämonenkiller« sollte weitergeführt werden, wenngleich unter dem Titel »Dorian Hunter« und dem Untertitel »Kämpfer gegen die Mächte der Finsternis« – dass daraus einmal eine Buchreihe mit nunmehr fast hundert Titeln werden sollte, konnte sich kaum jemand vorstellen.
Immerhin war ich ein wenig prophetisch: »Natürlich handelt es sich immer noch um die alten Hefte in neuem Gewand, es sollen aber verstärkt neue Romane erscheinen.« Mittlerweile ergänzen die spannenden Hörspiele sowie die Paralellserie »Das Haus Zamis« die »Dorian Hunter«-Romane.
Im Nachhinein liest sich der folgende Passus fast schon seltsam: »Interessant finde ich, daß künftig die Heftserie ›Die Abenteurer‹ bei Zaubermond neu erscheinen soll. Die damals im Bastei-Verlag publizierte Serie fiel bei den typischen Heftromanlesern recht schnell durch und wurde damals eingestellt – ich behaupte heute noch, daß die Qualität zu hoch war und der Leser nicht so recht wusste, welche Richtung das ganze nehmen sollte.«
Damals überlegte man sich noch, im Sommer 2000 die ersten Titel erscheinen zu lassen; auch bei dieser Serie waren neue Romane geplant. Ich erinnere mich gut daran, dass ich einige davon las und von der Qualität teilweise sehr angetan war.
Der Zaubermond-Verlag existiert noch, und ich hoffe, dass es ihn noch lange gibt. In Nischen halten sich manche Verlage schließlich länger als manch großes »Dickschiff«, das von einer Krise vernichtet werden kann.
»Mit großem Interesse registrierte ich auf der Frankfurter Buchmesse die Aktivitäten des Zaubermond-Verlages, der anfangs von den meisten Szene-Aktiven eher belächelt wurde. Die neue Gestaltung der Buchreihen, das professionelle Auftreten am Stand und mit den Prospekten, die freundliche, deutlich selbstsichere Art von Verleger und Autor – das alles gefiel mir sehr gut; da kann man noch einiges erwarten, denke ich.«
Mittlerweile sind mehr als zwanzig Jahre vergangen; der Zaubermond-Verlag erlebte seine Höhen und Tiefen, aber es gibt ihn immer noch. Damals begann man mit einer Umstrukturierung: Die bisherige Reihe »Dämonenkiller« sollte weitergeführt werden, wenngleich unter dem Titel »Dorian Hunter« und dem Untertitel »Kämpfer gegen die Mächte der Finsternis« – dass daraus einmal eine Buchreihe mit nunmehr fast hundert Titeln werden sollte, konnte sich kaum jemand vorstellen.
Immerhin war ich ein wenig prophetisch: »Natürlich handelt es sich immer noch um die alten Hefte in neuem Gewand, es sollen aber verstärkt neue Romane erscheinen.« Mittlerweile ergänzen die spannenden Hörspiele sowie die Paralellserie »Das Haus Zamis« die »Dorian Hunter«-Romane.
Im Nachhinein liest sich der folgende Passus fast schon seltsam: »Interessant finde ich, daß künftig die Heftserie ›Die Abenteurer‹ bei Zaubermond neu erscheinen soll. Die damals im Bastei-Verlag publizierte Serie fiel bei den typischen Heftromanlesern recht schnell durch und wurde damals eingestellt – ich behaupte heute noch, daß die Qualität zu hoch war und der Leser nicht so recht wusste, welche Richtung das ganze nehmen sollte.«
Damals überlegte man sich noch, im Sommer 2000 die ersten Titel erscheinen zu lassen; auch bei dieser Serie waren neue Romane geplant. Ich erinnere mich gut daran, dass ich einige davon las und von der Qualität teilweise sehr angetan war.
Der Zaubermond-Verlag existiert noch, und ich hoffe, dass es ihn noch lange gibt. In Nischen halten sich manche Verlage schließlich länger als manch großes »Dickschiff«, das von einer Krise vernichtet werden kann.
Adolescents sind sogar auf einer Seite cool
Eigentlich ist es eine komplette Vinyl-Verschwendung, Langspielplatten aufzunehmen und dann nur eine Seite zu bespielen. Die guten alten Adolescents machten es bei ihrer Platte »American Dogs in Europe«, und ich bin ihnen deshalb nicht einmal böse. Die Platte ist nämlich ein Alterswerk, ohne altersmilde zu sein.
Klar, wir schreiben nicht mehr die frühen 80er-Jahre, und die Adolescents sind nicht mehr die Kids aus dem Black Hole, die rotzige Stücke über ihr Leben im hitzigen Kalifornien schreiben. Sie sind Männer jenseits der fünfzig (und mit Steve Soto ist auf der Platte ein Mann vertreten, der sogar schon tot ist), aber ihre Musik ist immer noch treibend.
Klar, die vier Stücke sind kein Hochgeschwindigkeits-Punk mehr, und niemand käme auf die Idee, das heute noch als Hardcore zu bezeichnen. Dazu hat sich die Szene einfach viel zu weit von damals entfernt. Aber als die Platte 2012 herauskam, hatte die Band offenbar noch mal Blut geleckt und wollte zeigen, dass man sie nicht nur auf die alten Stücke reduzieren konnte.
Kein Schmarrn: »American Dogs in Europe« ist eine richtig gute Punk-Platte, logischerweise nicht mit dem »Bängggg« der ersten Aufnahmen der Band zu vergleichen, aber besser als vieles von dem, was einem als moderner Hardcore verkauft wird. Wer also kein Problem hat, ein wenig Vinyl-Verschwendung zu unterstützen, kann hier getrost zuschlagen ...
Klar, wir schreiben nicht mehr die frühen 80er-Jahre, und die Adolescents sind nicht mehr die Kids aus dem Black Hole, die rotzige Stücke über ihr Leben im hitzigen Kalifornien schreiben. Sie sind Männer jenseits der fünfzig (und mit Steve Soto ist auf der Platte ein Mann vertreten, der sogar schon tot ist), aber ihre Musik ist immer noch treibend.
Klar, die vier Stücke sind kein Hochgeschwindigkeits-Punk mehr, und niemand käme auf die Idee, das heute noch als Hardcore zu bezeichnen. Dazu hat sich die Szene einfach viel zu weit von damals entfernt. Aber als die Platte 2012 herauskam, hatte die Band offenbar noch mal Blut geleckt und wollte zeigen, dass man sie nicht nur auf die alten Stücke reduzieren konnte.
Kein Schmarrn: »American Dogs in Europe« ist eine richtig gute Punk-Platte, logischerweise nicht mit dem »Bängggg« der ersten Aufnahmen der Band zu vergleichen, aber besser als vieles von dem, was einem als moderner Hardcore verkauft wird. Wer also kein Problem hat, ein wenig Vinyl-Verschwendung zu unterstützen, kann hier getrost zuschlagen ...
25 März 2020
Das OX abonnieren!
Ich möchte es nicht verhehlen: Auch die Zeitschrift »OX« hat ihre Schwächen, und nicht jede Ausgabe kann mir gleichermaßen gefallen. Oftmals sind Interviews nichtssagend, und die Vielzahl der Plattenbesprechungen erschlägt mich.
Trotzdem mag ich das Heft sehr: Es vermittelt auf einem hohen Niveau einen beeindruckenden Überblick über die weite Welt von Punk und Hardcore sowie den vielen Musikgebieten, die es ringsum gibt. So kann man auch mal Abstecher zu Metal, Ska, Oi! oder IndieRock lesen; wie es eben passt.
Manche Artikel sind brillant. Vor allem zeigen manche Interviews einen tiefen Einblick in Szenen, wie man ihn selten findet. Immer wieder entdecke ich neue Bands, die mich reizen, und lese mit Faszination Geschichten über alte Bands und Musiker. Die Mixtur macht's eben.
Klar bin ich als freier Mitarbeiter nicht ohne eigene Interessen; ich möchte, dass das Heft noch viele Jahre existiert. Aber ich las es ja schon Jahre, bevor ich dort die erste Zeile veröffentlichte. Und weil das OX eben auch – wie so viele – derzeit ein Problem mit dem Vertrieb hat, möchte ich auf das Heft hinweisen und dazu auffordern, es zu abonnieren.
Ich finde: Das lohnt sich. Und man unterstützt ein Heft, das aus der Szene kommt und nicht einem Konzernbetrieb angehört.
Trotzdem mag ich das Heft sehr: Es vermittelt auf einem hohen Niveau einen beeindruckenden Überblick über die weite Welt von Punk und Hardcore sowie den vielen Musikgebieten, die es ringsum gibt. So kann man auch mal Abstecher zu Metal, Ska, Oi! oder IndieRock lesen; wie es eben passt.
Manche Artikel sind brillant. Vor allem zeigen manche Interviews einen tiefen Einblick in Szenen, wie man ihn selten findet. Immer wieder entdecke ich neue Bands, die mich reizen, und lese mit Faszination Geschichten über alte Bands und Musiker. Die Mixtur macht's eben.
Klar bin ich als freier Mitarbeiter nicht ohne eigene Interessen; ich möchte, dass das Heft noch viele Jahre existiert. Aber ich las es ja schon Jahre, bevor ich dort die erste Zeile veröffentlichte. Und weil das OX eben auch – wie so viele – derzeit ein Problem mit dem Vertrieb hat, möchte ich auf das Heft hinweisen und dazu auffordern, es zu abonnieren.
Ich finde: Das lohnt sich. Und man unterstützt ein Heft, das aus der Szene kommt und nicht einem Konzernbetrieb angehört.
Packender Roman mit Sherlock-Holmes-Hintergrund
Wie geht das? Ein Sherlock-Holmes-Roman, in dem der große Detektiv keine Rolle spielt? Anthony Horowitz macht es möglich. Der britische Bestsellerautor, der mit »Das Geheimnis des weißen Bandes« das Universum des Meisterdetektivs um einen ungewöhnlichen neuen Band ergänzte, der auch die Kritik begeisterte, legt mit »Der Fall Moriarty« nach.
Um es vorwegzunehmen: Das macht er so originell und so spannend, dass ich seinen Roman nicht nur beinharten »Holmesianern« ans Herz legen möchte. Klar, man sollte eine Schwäche für Geschichten haben, die in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg liegen – ansonsten aber handelt es sich bei »Der Fall Moriarty« schlichtweg um einen sehr guten Krimi.
Vor der Kulisse des viktorianischen London erzählt der Autor von einem amerikanischen Gangster, der seine Macht auch nach England ausweiten möchte. Um ihm sein Handwerk zu legen und zu verhindern, dass der mysteriöse Professor Moriarty mitspielt, arbeiten ein Detektiv aus den Vereinigten Staaten und ein Inspector von Scotland Yard zusammen. Sie ermitteln in feiner Gesellschaft und in den Katakomben, und sie kommen einer immer komplexer werdenden Geschichte auf die Spur.
Um nichts über die überraschenden Entwicklungen zu verraten, ist meine Inhaltsangabe sehr dürftig. Der Roman überzeugt aber vor allem dadurch, dass er Stimmung vermittelt. Dem Autor gelingt es hervorragend, den Stil der klassischen Sherlock-Holmes-Geschichten mit spannenden Einblicken in die Sozialstruktur der viktorianischen Zeit zu verbinden.
Die Ermittlungen lesen sich spannend, die Dialoge sind pointiert, die beiden Hauptpersonen arbeiten zusammen und gleichzeitig gegeneinander: Horowitz lässt einen an einer Handlung teilnehmen, die zwischendurch ein wenig mäandert, aber konsequent auf ihr Ende zusteuert. Streckenweise gibt's heftige Action – die Darstellung von Gewalt hat sich in den vergangenen hundert Jahren schließlich deutlich geändert –, und generell bleibt der Autor seinen Figuren sehr nahe.
Ich habe »Der Fall Moriarty« als Hardcover gekauft und gelesen; das Buch sieht im Regal richtig toll aus. Es gibt aber auch eine Taschenbuch- und eine E-Book-Version; es kann sich also jeder selbst aussuchen, wie er oder sie es gern hätte. Die Lektüre lohnt sich allemal!
Um es vorwegzunehmen: Das macht er so originell und so spannend, dass ich seinen Roman nicht nur beinharten »Holmesianern« ans Herz legen möchte. Klar, man sollte eine Schwäche für Geschichten haben, die in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg liegen – ansonsten aber handelt es sich bei »Der Fall Moriarty« schlichtweg um einen sehr guten Krimi.
Vor der Kulisse des viktorianischen London erzählt der Autor von einem amerikanischen Gangster, der seine Macht auch nach England ausweiten möchte. Um ihm sein Handwerk zu legen und zu verhindern, dass der mysteriöse Professor Moriarty mitspielt, arbeiten ein Detektiv aus den Vereinigten Staaten und ein Inspector von Scotland Yard zusammen. Sie ermitteln in feiner Gesellschaft und in den Katakomben, und sie kommen einer immer komplexer werdenden Geschichte auf die Spur.
Um nichts über die überraschenden Entwicklungen zu verraten, ist meine Inhaltsangabe sehr dürftig. Der Roman überzeugt aber vor allem dadurch, dass er Stimmung vermittelt. Dem Autor gelingt es hervorragend, den Stil der klassischen Sherlock-Holmes-Geschichten mit spannenden Einblicken in die Sozialstruktur der viktorianischen Zeit zu verbinden.
Die Ermittlungen lesen sich spannend, die Dialoge sind pointiert, die beiden Hauptpersonen arbeiten zusammen und gleichzeitig gegeneinander: Horowitz lässt einen an einer Handlung teilnehmen, die zwischendurch ein wenig mäandert, aber konsequent auf ihr Ende zusteuert. Streckenweise gibt's heftige Action – die Darstellung von Gewalt hat sich in den vergangenen hundert Jahren schließlich deutlich geändert –, und generell bleibt der Autor seinen Figuren sehr nahe.
Ich habe »Der Fall Moriarty« als Hardcover gekauft und gelesen; das Buch sieht im Regal richtig toll aus. Es gibt aber auch eine Taschenbuch- und eine E-Book-Version; es kann sich also jeder selbst aussuchen, wie er oder sie es gern hätte. Die Lektüre lohnt sich allemal!
24 März 2020
Systemrelevant
Es gibt Begriffe, die bekommt man in diesen Tagen gleich dutzendfach um die Ohren geballert. Man erfährt von dutzendfachen »Maßnahmen«, wird über Kurven informiert oder über die »dynamische Entwicklung« bei den »Fallzahlen«. Menschen gelten auf einmal als »systemrelevant«, die bisher von den Mächtigen in ihren Bürotürmen kaum wahrgenommen worden sind.
Ich bin nicht systemrelevant, das weiß ich. Ich trage nicht zur Grundversorgung der Bevölkerung bei. Ich sorge dafür, dass es Unterhaltungsliteratur gibt. Das ist für viele Leser_innen und Hörer_innen wichtig, weshalb ich meine Arbeit nicht unterschätze. Aber ich überschätze sie auch nicht – denn ich bin nicht systemrelevant.
Ein Redakteur ist nicht so relevant wie Pflegekräfte und Ärzte/Ärztinnen, nicht so wichtig wie die Leute von der Müllabfuhr, in den Läden oder in den Behörden, nicht so bedeutend eben wie die Leute, die letztlich den gesamtgesellschaftlichen Betrieb am Laufen halten und für die Kranken im Einsatz sind. Wenn ein Redakteur ausfällt, ändert sich nicht viel in diesem Betrieb. Wird der Müll nicht abgeholt oder sind alle Angestellten in einem Krankenhaus auf einmal krank, ist das möglicherweise eine Katastrophe.
Ich neige nicht zu übertriebener Bescheidenheit. Aber in diesen Tagen wird mir sehr klar, dass es Menschen gibt, die für die Gesellschaft einen wichtigeren Beitrag leisten als ich. Das lehrt mich dann auch Demut ...
Ich bin nicht systemrelevant, das weiß ich. Ich trage nicht zur Grundversorgung der Bevölkerung bei. Ich sorge dafür, dass es Unterhaltungsliteratur gibt. Das ist für viele Leser_innen und Hörer_innen wichtig, weshalb ich meine Arbeit nicht unterschätze. Aber ich überschätze sie auch nicht – denn ich bin nicht systemrelevant.
Ein Redakteur ist nicht so relevant wie Pflegekräfte und Ärzte/Ärztinnen, nicht so wichtig wie die Leute von der Müllabfuhr, in den Läden oder in den Behörden, nicht so bedeutend eben wie die Leute, die letztlich den gesamtgesellschaftlichen Betrieb am Laufen halten und für die Kranken im Einsatz sind. Wenn ein Redakteur ausfällt, ändert sich nicht viel in diesem Betrieb. Wird der Müll nicht abgeholt oder sind alle Angestellten in einem Krankenhaus auf einmal krank, ist das möglicherweise eine Katastrophe.
Ich neige nicht zu übertriebener Bescheidenheit. Aber in diesen Tagen wird mir sehr klar, dass es Menschen gibt, die für die Gesellschaft einen wichtigeren Beitrag leisten als ich. Das lehrt mich dann auch Demut ...
Der Comic-Thriller und sein zweiter Zyklus
In Frankreich schlug die Comic-Serie »Gil St-André« seit ihrem ersten Erscheinen in den späten 90er-Jahren ein wie eine Bombe. Hierzulande wird sie derzeit vom All-Verlag in einer schönen Gesamtausgabe veröffentlicht. Ich las dieser Tage den zweiten Teil, der wieder drei Comic-Alben zusammenfasst – es ist der zweite Zyklus der Serie.
Diesmal steht die Polizistin Djida im Zentrum der Handlung, die sich im ersten Zyklus als Retterin in der Not erwiesen hat. Ihre Schwester Drissia wird, obwohl sie in Frankreich aufgewachsen und sozialisiert worden ist, nach Algerien entführt, wo sie in eine streng moslemische Familie zwangsverheiratet werden soll.
Djida schmiedet den verzweifelten Plan, ihre Schwester zu befreien. Dabei soll ihr Gil St. André helfen, der als einziger in der Lage ist, mit einem kleinen Flugzeug in der Nähe eines bestimmten algerischen Dorfes zu landen.
Gil hat eigentlich ganz andere Probleme: Weil seine Schwägerin als Prostituierte gearbeitet hat, ihre angeblichen Schulden aber nie abarbeiten konnte, sind fiese Menschenhändler auf ihrer Spur. Sie schrecken nicht vor Mord und Erpressung zurück.
Und so muss Gil zwischen Algerien, Frankreich und Belgien um das Leben von Frauen kämpfen, die von Männern mit Vergewaltigung und Tod bedroht werden. Eine Ausgangsposition, die zu einer Reihe von spektakulären Aktionen führt …
Wieder einmal gelingt es dem Autor Jean-Charles Kraehn eine spannende und glaubwürdige Handlung zu erzählen. Sein Held ist kein wirklicher Held; er ist weder besonders kräftig, noch verfügt er über geheimnisvolle Kräfte. Seine Pflicht und seine Aufgaben treiben ihn an, und er versucht verzweifelt, alle Widrigkeiten zu überwinden.
Bei Sylvain Vallé wirkt die Grafik ebenfalls sehr realistisch. Action-Szenen und Gesprächssituationen zeigt er in filmischer Weise, die schnellen Schnitte, die er liefert, tragen zu der rasanten Handlung bei.
Auch der zweite Band der Gesamtausgabe von »Gil St-André« konnte mich überzeugen. Ich freue mich jetzt schon auf die Lektüre des dritten Teils!
Diesmal steht die Polizistin Djida im Zentrum der Handlung, die sich im ersten Zyklus als Retterin in der Not erwiesen hat. Ihre Schwester Drissia wird, obwohl sie in Frankreich aufgewachsen und sozialisiert worden ist, nach Algerien entführt, wo sie in eine streng moslemische Familie zwangsverheiratet werden soll.
Djida schmiedet den verzweifelten Plan, ihre Schwester zu befreien. Dabei soll ihr Gil St. André helfen, der als einziger in der Lage ist, mit einem kleinen Flugzeug in der Nähe eines bestimmten algerischen Dorfes zu landen.
Gil hat eigentlich ganz andere Probleme: Weil seine Schwägerin als Prostituierte gearbeitet hat, ihre angeblichen Schulden aber nie abarbeiten konnte, sind fiese Menschenhändler auf ihrer Spur. Sie schrecken nicht vor Mord und Erpressung zurück.
Und so muss Gil zwischen Algerien, Frankreich und Belgien um das Leben von Frauen kämpfen, die von Männern mit Vergewaltigung und Tod bedroht werden. Eine Ausgangsposition, die zu einer Reihe von spektakulären Aktionen führt …
Wieder einmal gelingt es dem Autor Jean-Charles Kraehn eine spannende und glaubwürdige Handlung zu erzählen. Sein Held ist kein wirklicher Held; er ist weder besonders kräftig, noch verfügt er über geheimnisvolle Kräfte. Seine Pflicht und seine Aufgaben treiben ihn an, und er versucht verzweifelt, alle Widrigkeiten zu überwinden.
Bei Sylvain Vallé wirkt die Grafik ebenfalls sehr realistisch. Action-Szenen und Gesprächssituationen zeigt er in filmischer Weise, die schnellen Schnitte, die er liefert, tragen zu der rasanten Handlung bei.
Auch der zweite Band der Gesamtausgabe von »Gil St-André« konnte mich überzeugen. Ich freue mich jetzt schon auf die Lektüre des dritten Teils!
23 März 2020
Duzen und Siezen und die Kultur
Wenn man zu siezen hat und wen man duzen darf, ist ein Thema, das immer wieder hochkocht. Es gibt Gelegenheiten, da käme ich nicht auf die Idee, jemanden zu siezen (bei einem Punkrock-Konzert etwa oder einem Science-Fiction-Con), und es gibt Personen, die sieze ich ganz klar und entschieden (Polizisten, neue Kollegen). Es soll ja schließlich eine gewisse Distanz gewahrt werden.
Neuerdings gilt es als schick, das in Firmen kollektiv geduzt wird. Der Vorstandsvorsitzende hat nur noch einen Vornamen und trägt keine Krawatte mehr, flächendeckend gelten lockere Umgangsformen, die fast schon kumpelig anmuten. Wer dann – so wie ich – ein wenig misstrauisch wird und lieber weiter siezen möchte, gilt auf einmal als altmodisch.
Vielleicht bin ich altmodisch. Über das Duzen und Siezen mache ich mir Gedanken, seit ich ein Jugendlicher war, der von allen geduzt wurde, während die Älteren erwarteten, dass man sie zurücksiezte. Das fand ich falsch; ich halte und hielt viel von gleichrangigen Anredeformen. Und ein höflich-distanziertes »Sie« ist mir oftmals lieber als ein plumpes »Du«.
Vor allem ja auch, weil das Duzen weder etwas an den Machtverhältnissen noch an der eigentlichen Firmenkultur ändern muss. Häufig werden die Umgangsformen ein wenig lockerer, und das war's. Der Kampf um das schönere Büro und den besseren Parkplatz geht weiter.
Neuerdings gilt es als schick, das in Firmen kollektiv geduzt wird. Der Vorstandsvorsitzende hat nur noch einen Vornamen und trägt keine Krawatte mehr, flächendeckend gelten lockere Umgangsformen, die fast schon kumpelig anmuten. Wer dann – so wie ich – ein wenig misstrauisch wird und lieber weiter siezen möchte, gilt auf einmal als altmodisch.
Vielleicht bin ich altmodisch. Über das Duzen und Siezen mache ich mir Gedanken, seit ich ein Jugendlicher war, der von allen geduzt wurde, während die Älteren erwarteten, dass man sie zurücksiezte. Das fand ich falsch; ich halte und hielt viel von gleichrangigen Anredeformen. Und ein höflich-distanziertes »Sie« ist mir oftmals lieber als ein plumpes »Du«.
Vor allem ja auch, weil das Duzen weder etwas an den Machtverhältnissen noch an der eigentlichen Firmenkultur ändern muss. Häufig werden die Umgangsformen ein wenig lockerer, und das war's. Der Kampf um das schönere Büro und den besseren Parkplatz geht weiter.
Irish-Folk aus Frankreich
Es gab eine Zeit, da habe ich Folk-Rock oder Folk-Punk ganz gern gehört, dann aber ließ das nach. Deshalb bin ich sicher kein Experte, um eine Band wie The Moorings seriös zu beurteilen – gerade die Stücke, die mir nicht gefallen, könnten genau die sein, die Fans des Genres besonders mögen. Hm ...
Die Band besteht aus vier Männern und einer Frau; die Musiker singen in englischer und französischer Sprache, und die Musik nennt man heutzutage offenbar »Celtic Folk Rock«. Wieder etwas gelernt! Nach diversen Tonträgern ist mit »Unbowed« im Herbst 2017 die erste »große« Platte der Band erschienen, als Vinyl, als CD und natürlich auch digital.
Um es vorwegzunehmen: Die Platte bietet richtig tolle Stücke, die mir gut gefallen, ein treibender Sound, bei dem ich automatisch in Bewegung gerate. Dann aber wieder gibt es Balladen oder andere langsame Stücke, die vor allem von Gedudel beherrscht werden; das finde ich langweilig.
Es gibt eine schöne Coverversion des Jacques-Brel-Klassikers »Amsterdam« oder knackige Sauf- und Pogo-Stücke wie »Drink Up Fast«, dann aber kommt eine schunkelige Ballade wie »Posy Of Lily«, bei der ich einschlafen könnte. Meist hört man aber den Cidre und das Bier mit, das sich wohl empfiehlt, bei den Konzerten der Band reichhaltig zu trinken.
Insgesamt ist »Unbowed« schmissig und unterhaltsam. Live dürfte die Band ein Garant für eine große Party sein. Mich hat's in der Gesamtheit leider nicht überzeugt.
Die Band besteht aus vier Männern und einer Frau; die Musiker singen in englischer und französischer Sprache, und die Musik nennt man heutzutage offenbar »Celtic Folk Rock«. Wieder etwas gelernt! Nach diversen Tonträgern ist mit »Unbowed« im Herbst 2017 die erste »große« Platte der Band erschienen, als Vinyl, als CD und natürlich auch digital.
Um es vorwegzunehmen: Die Platte bietet richtig tolle Stücke, die mir gut gefallen, ein treibender Sound, bei dem ich automatisch in Bewegung gerate. Dann aber wieder gibt es Balladen oder andere langsame Stücke, die vor allem von Gedudel beherrscht werden; das finde ich langweilig.
Es gibt eine schöne Coverversion des Jacques-Brel-Klassikers »Amsterdam« oder knackige Sauf- und Pogo-Stücke wie »Drink Up Fast«, dann aber kommt eine schunkelige Ballade wie »Posy Of Lily«, bei der ich einschlafen könnte. Meist hört man aber den Cidre und das Bier mit, das sich wohl empfiehlt, bei den Konzerten der Band reichhaltig zu trinken.
Insgesamt ist »Unbowed« schmissig und unterhaltsam. Live dürfte die Band ein Garant für eine große Party sein. Mich hat's in der Gesamtheit leider nicht überzeugt.
22 März 2020
Mit dem Rad in die Sonne
Der Frühling beginnt in diesen Tagen, auf der Wiese stehen die Blumen, die Sonne knallt vom Himmel. Und doch bekam ich ausgesprochen kalte Ohren, als ich an diesem Sonntagmittag mit dem Rad losfuhr. Das Strampeln wärmte mich auf, der kalte Wind war aber ausgesprochen unangenehm.
Ich fuhr von der Weststadt in Karlsruhe aus los, am Alten Flugplatz und damit an der Nordweststadt vorbei in Richtung Norden. Überall waren Spaziergänger und Radfahrer unterwegs, häufig allein, manchmal in Zweiergruppen. Waren die Gruppen größer, handelte es sich eindeutig um Eltern mit ihren Kindern. Die strengen Regeln der Landesregierung, die seit Freitag galten, wurden anscheinend eingehalten.
Das gleiche Bild sah ich in Neureut und auf den Wiesen, die sich von dort bis an den Wald erstreckten. Über die Kentuckyallee und zwischen den Wohnblocks der Nordstadt hindurch fuhr ich nach Hause. Nur wenige Autos fuhren auf der Straße, wenige Menschen spazierten.
Ich kam mir vor wie eine Mischung aus Flaneur, der quasi durch seine Viertel spazierte, und einem kritischen Beobachter, der sich überzeugte, ob die aktuellen »Maßnahmen« funktionierten. Das fand ich schon wieder seltsam …
Ich fuhr von der Weststadt in Karlsruhe aus los, am Alten Flugplatz und damit an der Nordweststadt vorbei in Richtung Norden. Überall waren Spaziergänger und Radfahrer unterwegs, häufig allein, manchmal in Zweiergruppen. Waren die Gruppen größer, handelte es sich eindeutig um Eltern mit ihren Kindern. Die strengen Regeln der Landesregierung, die seit Freitag galten, wurden anscheinend eingehalten.
Das gleiche Bild sah ich in Neureut und auf den Wiesen, die sich von dort bis an den Wald erstreckten. Über die Kentuckyallee und zwischen den Wohnblocks der Nordstadt hindurch fuhr ich nach Hause. Nur wenige Autos fuhren auf der Straße, wenige Menschen spazierten.
Ich kam mir vor wie eine Mischung aus Flaneur, der quasi durch seine Viertel spazierte, und einem kritischen Beobachter, der sich überzeugte, ob die aktuellen »Maßnahmen« funktionierten. Das fand ich schon wieder seltsam …
21 März 2020
Einen Kopf zu groß
Aus der Serie »Genau zehn Jahre zurück«
Ich musste pinkeln. Das empfand ich nicht als außergewöhnlich. An diesem Samstagmittag ernährte ich mich praktisch nur von Kaffee. Damit der Kaffee nicht zu stark wirkte, musste ich immer wieder Wasser trinken. Die Folge: Die Blase war ständig voll.
Doch war es mittlerweile nicht mehr so einfach, auf die Toilette zu eilen, nicht einmal für einen Mann. Wie es viele Frauen schafften, sich angesichts der langen Schlangen vor den Damentoiletten nicht in die Hose zu machen, verstand ich nicht.
Wir hatten unseren Stand auf der Leipziger Buchmesse im März 2010 in der Messehalle 2.0. In unserer Nähe gruppierten sich die Stände der Comic-Verlage, von denen sich viele auf Mangas spezialisiert hatten. Und so drängten sich Tausende von Jugendlichen in den Gängen und zwischen den Ständen, viele davon verkleidet.
»Ich muss mal«, sagte ich zu den Kollegen am Stand. Ich wies in Richtung der Toilette und kam mir vor wie ein Soldat, der zu einem Stoßtrupp-Unternehmen aufbrach.
»Komm gut durch!«, gab einer der Autoren zurück, der sich seit einer Stunde bei uns an einem Tisch aufhielt und abwechselnd Gummibärchen oder Kekse futterte. Er hatte sichtlich keinerlei Lust, sich in das Getümmel zu stürzen.
Ich auch nicht. Aber ich musste ja.
Keine drei Minuten später verfluchte ich mich dafür. Ich war eingekeilt. Rings um mich herum standen Jugendliche in den unterschiedlichsten Verkleidungen. Die meisten waren gut einen Kopf kleiner als ich, nur das eine oder andere Schwert aus Kunststoff oder Pappmaché ragte neben mir in die Höhe.
Meine Blase drückte, ich hasste alle Menschen um mich herum. Ich war es bereits gewöhnt, gut eine Viertelstunde für die dreißig Meter zu brauchen, die unseren Messestand von der Toilette trennten, doch nun war ich kurz davor, vor Wut zu platzen.
Ich könnte um mich schlagen, ich könnte mir den Weg freiprügeln. Ein Kollege, den ich vom Sehen her kannte, winkte mir aus seinem Verlagsstand zu. Er grinste, schien sich köstlich über meine Notlage zu amüsieren. Er hielt die Faust in die Höhe, rief mir eine launige Bemerkung zu, die ich auf die Entfernung nicht verstand. Ich schauspielerte gute Laune und grinste zurück.
Normalerweise freute ich mich über die Manga-Kids und Cosplayer, fand die Klamotten toll und mochte es, dass sie die Messe so aufhellten und gewissermaßen verzauberten. Wenn ich aber aufs Klo wollte, sank meine Begeisterung für Verkleidete drastisch in den Keller.
Als es eine Bewegung in der Gruppe gab, durchfloss mich eine Woge der Erleichterung, die mich bis in die Toilette trug. Und dort nahm ich mir vor, an diesem Tag künftig nichts mehr zu trinken …
Ich musste pinkeln. Das empfand ich nicht als außergewöhnlich. An diesem Samstagmittag ernährte ich mich praktisch nur von Kaffee. Damit der Kaffee nicht zu stark wirkte, musste ich immer wieder Wasser trinken. Die Folge: Die Blase war ständig voll.
Doch war es mittlerweile nicht mehr so einfach, auf die Toilette zu eilen, nicht einmal für einen Mann. Wie es viele Frauen schafften, sich angesichts der langen Schlangen vor den Damentoiletten nicht in die Hose zu machen, verstand ich nicht.
Wir hatten unseren Stand auf der Leipziger Buchmesse im März 2010 in der Messehalle 2.0. In unserer Nähe gruppierten sich die Stände der Comic-Verlage, von denen sich viele auf Mangas spezialisiert hatten. Und so drängten sich Tausende von Jugendlichen in den Gängen und zwischen den Ständen, viele davon verkleidet.
»Ich muss mal«, sagte ich zu den Kollegen am Stand. Ich wies in Richtung der Toilette und kam mir vor wie ein Soldat, der zu einem Stoßtrupp-Unternehmen aufbrach.
»Komm gut durch!«, gab einer der Autoren zurück, der sich seit einer Stunde bei uns an einem Tisch aufhielt und abwechselnd Gummibärchen oder Kekse futterte. Er hatte sichtlich keinerlei Lust, sich in das Getümmel zu stürzen.
Ich auch nicht. Aber ich musste ja.
Keine drei Minuten später verfluchte ich mich dafür. Ich war eingekeilt. Rings um mich herum standen Jugendliche in den unterschiedlichsten Verkleidungen. Die meisten waren gut einen Kopf kleiner als ich, nur das eine oder andere Schwert aus Kunststoff oder Pappmaché ragte neben mir in die Höhe.
Meine Blase drückte, ich hasste alle Menschen um mich herum. Ich war es bereits gewöhnt, gut eine Viertelstunde für die dreißig Meter zu brauchen, die unseren Messestand von der Toilette trennten, doch nun war ich kurz davor, vor Wut zu platzen.
Ich könnte um mich schlagen, ich könnte mir den Weg freiprügeln. Ein Kollege, den ich vom Sehen her kannte, winkte mir aus seinem Verlagsstand zu. Er grinste, schien sich köstlich über meine Notlage zu amüsieren. Er hielt die Faust in die Höhe, rief mir eine launige Bemerkung zu, die ich auf die Entfernung nicht verstand. Ich schauspielerte gute Laune und grinste zurück.
Normalerweise freute ich mich über die Manga-Kids und Cosplayer, fand die Klamotten toll und mochte es, dass sie die Messe so aufhellten und gewissermaßen verzauberten. Wenn ich aber aufs Klo wollte, sank meine Begeisterung für Verkleidete drastisch in den Keller.
Als es eine Bewegung in der Gruppe gab, durchfloss mich eine Woge der Erleichterung, die mich bis in die Toilette trug. Und dort nahm ich mir vor, an diesem Tag künftig nichts mehr zu trinken …
20 März 2020
Intrigen und Enthüllungen
Dieser Tage kam ich endlich dazu, den dritten Teil der Hörspielausgabe von »Heliosphere 2265« anzuhören. Mir ist klar, dass eine solche Hörspielversion nur eine grobe Zusammenfassung des ursprünglich zugrunde liegenden Romans sein kann. Trotzdem fühlte ich mich beim dritten Teil besser unterhalten als beim zweiten.
Vielleicht lag es daran, dass ich die Figuren schon besser kannte, vielleicht auch daran, dass die Handlung knackiger und klarer erzählt wurde. Sie spielt vor allem an Bord einer großen Raumstation, die von fremden Raumschiffen angegriffen wird. Es kracht und scheppert, es gibt viele Tote, und bis zum Ende des Hörspieles ist nicht so richtig klar, wer eigentlich auf wen schießt.
Die Verwirrung der Figuren übertrug sich auch auf mich, aber das machte nichts. Weil es klare »Fronten« gab und die Verunsicherungen aus dem zweiten Teil besser aufgelöst wurden, hatte ich das Gefühl, stets direkt an der Handlung zu bleiben und gedanklich nicht abzuweichen.
Ich kam nicht bei jeder Intrige mit, die sich um die Besatzung des Raumschiffes HYPERION und die große Politik rankt, aber das ist wahrscheinlich auch nicht nötig. Andreas Suchanek, der die Serie »Heliosphere 2265« entwickelt hat und mit all ihren Ablegern steuert, ist für diese Produktion zu gratulieren.
Manchmal erschien mir der Gegensatz zwischen den arg jung wirkenden Sprechern und der doch sehr erwachsenen Handlung – es gibt sogar Sex – ein wenig unglaubwürdig. Wenn eine Politikerin oder ein ranghoher Militär von Menschen gesprochen werden, die sich anhören wie Mitte zwanzig, klingt das für mich nicht »richtig«. Aber da bin ich vielleicht auch einfach altmodisch.
Die Geräusche sind toll gemacht, die Musik wird gut eingesetzt, die Sprecher sind trotz ihrer jugendlichen Stimmlage sehr professionell. Das Hörspiel – es trägt den Titel »Enthüllungen« – ist auf jeden Fall sehr gelungen; das hat die Mannschaft von Interplanar Produktionen klasse hinbekommen. Respekt!
Vielleicht lag es daran, dass ich die Figuren schon besser kannte, vielleicht auch daran, dass die Handlung knackiger und klarer erzählt wurde. Sie spielt vor allem an Bord einer großen Raumstation, die von fremden Raumschiffen angegriffen wird. Es kracht und scheppert, es gibt viele Tote, und bis zum Ende des Hörspieles ist nicht so richtig klar, wer eigentlich auf wen schießt.
Die Verwirrung der Figuren übertrug sich auch auf mich, aber das machte nichts. Weil es klare »Fronten« gab und die Verunsicherungen aus dem zweiten Teil besser aufgelöst wurden, hatte ich das Gefühl, stets direkt an der Handlung zu bleiben und gedanklich nicht abzuweichen.
Ich kam nicht bei jeder Intrige mit, die sich um die Besatzung des Raumschiffes HYPERION und die große Politik rankt, aber das ist wahrscheinlich auch nicht nötig. Andreas Suchanek, der die Serie »Heliosphere 2265« entwickelt hat und mit all ihren Ablegern steuert, ist für diese Produktion zu gratulieren.
Manchmal erschien mir der Gegensatz zwischen den arg jung wirkenden Sprechern und der doch sehr erwachsenen Handlung – es gibt sogar Sex – ein wenig unglaubwürdig. Wenn eine Politikerin oder ein ranghoher Militär von Menschen gesprochen werden, die sich anhören wie Mitte zwanzig, klingt das für mich nicht »richtig«. Aber da bin ich vielleicht auch einfach altmodisch.
Die Geräusche sind toll gemacht, die Musik wird gut eingesetzt, die Sprecher sind trotz ihrer jugendlichen Stimmlage sehr professionell. Das Hörspiel – es trägt den Titel »Enthüllungen« – ist auf jeden Fall sehr gelungen; das hat die Mannschaft von Interplanar Produktionen klasse hinbekommen. Respekt!
19 März 2020
Ein Rezept vom Arzt
Weil ich Allergiker bin und im Frühjahr wegen der Frühblüher ohnehin große Probleme mit meiner Atmung habe, wollte ich in diesem Jahr rechtzeitig meine Medikamente aufstocken. Das ist normalerweise kein Problem. Also rief ich am Sonntag an und gab die benötigten Medikamente durch, damit ich ein Rezept erhalten konnte.
Am Mittwochmittag stand ich im Ärztehaus. Laut Internet-Auftritt soll man Rezepte am Mittwochmittag abholen. Mitten im Flur, der auf die Praxis zuführte, stand aber nun ein großes Schild: Man solle die Rezepte morgens bis zwölf Uhr abholen, mittags sei man nur noch für Termine und spezielle Patienten da.
Frustriert stand ich im Flur, entschloss mich dann doch, einen Blick in die Praxis zu werfen. »Auf der Homepage stand leider nichts«, sagte ich, »ich wollte mein Rezept abholen.«
Die Theke, die das Personal von den Besuchern der Praxis trennte, war so gestaltet, dass man automatisch Abstand hielt. Die Damen dahinter trugen Schutzmasken und improvisierte Schutzkleidung. Es entwickelte sich trotz der Distanz ein sehr höfliches Gespräch.
Man erklärte mir, dass sehr wohl auf der Internet-Seite stehe, dass man derzeit nur morgens seine Rezepte holen könne. Ich hatte aber am Sonntag angerufen und an diesem Tag auf die Seite geguckt; man hatte sie am Montag geändert. Ich kapierte alles und kündigte an, am nächsten Tag wiederzukommen.
»Sie fahren dann von Karlsruhe extra her?«, fragte die Angestellte.
Ich nickte. Ich sei im Home Office, arbeite normalerweise in Rastatt – weshalb ich meinen Hausarzt dort habe –, wohne aber in Karlsruhe. Die junge Angestellte sagte, deshalb müsse ich nicht extra herfahren, druckte mir alles aus, kam dann um die Ecke und brachte mir die Rezepte an den Eingang der Praxis.
Das empfand ich als ein sehr freundliches Entgegenkommen. Ich bedankte mich vielmals und ging. So froh war ich wohl noch nie gewesen, ein Rezept zu erhalten.
Am Mittwochmittag stand ich im Ärztehaus. Laut Internet-Auftritt soll man Rezepte am Mittwochmittag abholen. Mitten im Flur, der auf die Praxis zuführte, stand aber nun ein großes Schild: Man solle die Rezepte morgens bis zwölf Uhr abholen, mittags sei man nur noch für Termine und spezielle Patienten da.
Frustriert stand ich im Flur, entschloss mich dann doch, einen Blick in die Praxis zu werfen. »Auf der Homepage stand leider nichts«, sagte ich, »ich wollte mein Rezept abholen.«
Die Theke, die das Personal von den Besuchern der Praxis trennte, war so gestaltet, dass man automatisch Abstand hielt. Die Damen dahinter trugen Schutzmasken und improvisierte Schutzkleidung. Es entwickelte sich trotz der Distanz ein sehr höfliches Gespräch.
Man erklärte mir, dass sehr wohl auf der Internet-Seite stehe, dass man derzeit nur morgens seine Rezepte holen könne. Ich hatte aber am Sonntag angerufen und an diesem Tag auf die Seite geguckt; man hatte sie am Montag geändert. Ich kapierte alles und kündigte an, am nächsten Tag wiederzukommen.
»Sie fahren dann von Karlsruhe extra her?«, fragte die Angestellte.
Ich nickte. Ich sei im Home Office, arbeite normalerweise in Rastatt – weshalb ich meinen Hausarzt dort habe –, wohne aber in Karlsruhe. Die junge Angestellte sagte, deshalb müsse ich nicht extra herfahren, druckte mir alles aus, kam dann um die Ecke und brachte mir die Rezepte an den Eingang der Praxis.
Das empfand ich als ein sehr freundliches Entgegenkommen. Ich bedankte mich vielmals und ging. So froh war ich wohl noch nie gewesen, ein Rezept zu erhalten.
The Jolts gefallen mir
Warum ich die Single der kanadischen Band The Jolts gekauft hatte, wusste ich schon bald danach nicht mehr. Die Band hatte sich 2004 in Vancouver gegründet und die Single mit dem schönen Titel »Kaminari Lover« im Jahr 2009 aufgenommen. Irgendwie war sie in meinen Besitz geraten.
Tatsächlich sind beide Stücke auf der Platte ziemlich cool: Das Titelstück ist ein leicht schunkeliger Punkrock-Song, der schwer nach 1977 klingt, vor allem auch wegen des Sängers, der sich manchmal anhört, als würde er durch einen Eimer singen. Zum Ausgleich klingt die B-Seite mit dem Stück »Loser« völlig hektisch, wie auf einer Überholspur.
Die Band gefällt mir, auf ihrer Bandcamp-Seite stieß ich auf weitere Musik, die ich mir seitdem immer wieder anhörte. Aber die erste Single, die ich von The Jolts hatte, wird dann wohl für immer ihre beste in meinen Ohren sein ...
Tatsächlich sind beide Stücke auf der Platte ziemlich cool: Das Titelstück ist ein leicht schunkeliger Punkrock-Song, der schwer nach 1977 klingt, vor allem auch wegen des Sängers, der sich manchmal anhört, als würde er durch einen Eimer singen. Zum Ausgleich klingt die B-Seite mit dem Stück »Loser« völlig hektisch, wie auf einer Überholspur.
Die Band gefällt mir, auf ihrer Bandcamp-Seite stieß ich auf weitere Musik, die ich mir seitdem immer wieder anhörte. Aber die erste Single, die ich von The Jolts hatte, wird dann wohl für immer ihre beste in meinen Ohren sein ...
18 März 2020
Wenn es in die Hölle geht ...
Es ist eine schöne Grundidee, die der Autor konsequent ausbaut: Was wäre, wenn es die Hölle wirklich gäbe? Was wäre, wenn sie in Wirklichkeit eine Art Blase im Innern der Erde wäre, in der tatsächlich Teufel wohnen? Und wie würde man sich verhalten, wenn ein solcher Teufel bei uns auf der Erdoberfläche herumspazieren würde?
Bei diesem Teufel handelt es sich um Asmoduin, den Helden der »Asmoduin«-Reihe. Es ist ein jugendlicher Teufel, gerade mal um die dreihundert Jahre alt, der aber noch kein richtiges Gehörn ausgebildet hat, worunter er sehr leidet, und auch sonst sehr pubertäre oder gar kindliche Verhaltensweisen zur Schau trägt. Aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, hat er sich mit Robert Zarkoff, genannt Bob, ein wenig angefreundet.
Nachdem die beiden in »Asmoduin« und »Die Nervensäge kehrt zurück« schon allerlei Abenteuer erlebt haben, gibt es mit »Nervensäge in Not« die direkte Fortsetzung. In »Nervensäge in Not« müssen sie in die Hölle reisen. Der Grund: Die Hölle droht zuzufrieren.
Ja. Jens Schumacher hat einen uralten Witz in einen Roman umgesetzt. Das klappt leider nicht immer richtig gut. Die ersten zwei Bücher der Serie fand ich witzig, weil Asmoduin die eigentlich so brave Welt von Bob durcheinander brachte.
Wenn Asmoduin und Bob und dessen Cousine aber nach Norwegen fliegen, um quasi im Alleingang die Welt zu retten, wirkt das ein bisschen arg gedehnt. Ich bin mir nicht sicher, ob Kinder – die eigentliche Zielgruppe der Bücher – das gut fanden; mir als erwachsenem Leser gefiel das leider nicht.
Klar gibt es die üblichen kulturellen Missverständnisse, die den Asmoduin-Kosmos ausmachen. Der Besuch bei den Riesen – die offenbar noch so leben wie vor 1500 Jahren und von moderner Technik völlig unbelastet sind – in ihrer Zwischenwelt ist skurril; der Aufenthalt in der Hölle legt nahe, dass es Verbindungen zwischen Bob und den Höllenbewohnern gibt, die der gute Junge noch nicht ahnt.
Unterhaltsam ist das allemal, der Autor versteht schließlich sein Handwerk. Aber von den drei »Asmoduin«-Büchern, die ich bisher gelesen habe, ist »Nervensäge in Not« bisher recht schwach ausgefallen.
Veröffentlicht wurde das Buch als Hardcover im Ueberreuter-Verlag. Es ist schön gestaltet und weist Illustrationen auf, die man als »Daumenkino« anschauen kann. Als Einsteigerlektüre für Phantastik-Leser sind alle drei Bücher gut geeignet.
Bei diesem Teufel handelt es sich um Asmoduin, den Helden der »Asmoduin«-Reihe. Es ist ein jugendlicher Teufel, gerade mal um die dreihundert Jahre alt, der aber noch kein richtiges Gehörn ausgebildet hat, worunter er sehr leidet, und auch sonst sehr pubertäre oder gar kindliche Verhaltensweisen zur Schau trägt. Aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, hat er sich mit Robert Zarkoff, genannt Bob, ein wenig angefreundet.
Nachdem die beiden in »Asmoduin« und »Die Nervensäge kehrt zurück« schon allerlei Abenteuer erlebt haben, gibt es mit »Nervensäge in Not« die direkte Fortsetzung. In »Nervensäge in Not« müssen sie in die Hölle reisen. Der Grund: Die Hölle droht zuzufrieren.
Ja. Jens Schumacher hat einen uralten Witz in einen Roman umgesetzt. Das klappt leider nicht immer richtig gut. Die ersten zwei Bücher der Serie fand ich witzig, weil Asmoduin die eigentlich so brave Welt von Bob durcheinander brachte.
Wenn Asmoduin und Bob und dessen Cousine aber nach Norwegen fliegen, um quasi im Alleingang die Welt zu retten, wirkt das ein bisschen arg gedehnt. Ich bin mir nicht sicher, ob Kinder – die eigentliche Zielgruppe der Bücher – das gut fanden; mir als erwachsenem Leser gefiel das leider nicht.
Klar gibt es die üblichen kulturellen Missverständnisse, die den Asmoduin-Kosmos ausmachen. Der Besuch bei den Riesen – die offenbar noch so leben wie vor 1500 Jahren und von moderner Technik völlig unbelastet sind – in ihrer Zwischenwelt ist skurril; der Aufenthalt in der Hölle legt nahe, dass es Verbindungen zwischen Bob und den Höllenbewohnern gibt, die der gute Junge noch nicht ahnt.
Unterhaltsam ist das allemal, der Autor versteht schließlich sein Handwerk. Aber von den drei »Asmoduin«-Büchern, die ich bisher gelesen habe, ist »Nervensäge in Not« bisher recht schwach ausgefallen.
Veröffentlicht wurde das Buch als Hardcover im Ueberreuter-Verlag. Es ist schön gestaltet und weist Illustrationen auf, die man als »Daumenkino« anschauen kann. Als Einsteigerlektüre für Phantastik-Leser sind alle drei Bücher gut geeignet.
15 März 2020
Big Bang am Ende
Ich war ein Spätzünder, was »The Big Bang Theory« angeht. In meinem Bekanntenkreis wurde bereits über Sheldon und Penny und all die anderen Charaktere diskutiert und gelästert, als ich noch nicht einmal wusste, worum es ging. Und ich brauchte lange Zeit, bis ich mir die erste Folge der Serie im Fernsehen anschaute.
Danach benötigte ich auch einige Zeit, bis ich mit den Figuren vertraut wurde und die Gags verstand. Weil die Serie im Fernsehen eher konfus gezeigt wurde, verlegten wir uns irgendwann darauf, die ersten Staffeln als DVDs zu kaufen und sie dann in der »richtigen« Reihenfolge anzusehen. Das behielten wir bei, als wir den Fernseher quasi abschafften – mit dem alten Gerät kann man kein Programm mehr empfangen, aber DVDs ansehen.
Um es klar zu sagen: Wir kauften uns irgendwann alle DVDs und guckten uns die komplette Serie streng chronologisch an. Ich weiß, das macht kein Mensch mehr – aber wir taten's, und es machte zu allem Überfluss auch noch einen riesigen Spaß.
Ich finde »The Big Bang Theory« sehr witzig. Ein Fan bin ich nicht, aber ich kann beim Anschauen mancher Folgen schallend lachen, sogar wenn ich sie zum dritten Mal ansehe. Das spricht womöglich für meinen schlappen Humor oder gegen meinen Charakter, aber das wiederum ist mir egal.
Klar habe ich mitbekommen, dass die Serie als frauenfeindlich gilt. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht auch juden-, inder-, wissenschafts- und generell menschenfeindlich ist. Bei manchen Gags hauten die Macher schon daneben, was sich angesichts der vielen Folgen nicht vermeiden lässt. Und wenn man Zerrbilder einer Gesellschaft zeichnet, bleiben Ausreißer eben nicht aus.
Kurz gesagt: Die Serie ist jetzt vorüber, und sie wurde zu einem halbwegs vernünftigen Ende gebracht, ein wenig unlogisch zwar – aber wann war diese Serie schon hundertprozentig logisch? Ich mochte sie, ertappte mich zwischendurch dabei, dass ich irgendeine DVD aus irgendeiner Staffel zwischendurch ansah, und weiß schon jetzt, dass ich sie irgendwann komplett durchgucken werde. Auch recht.
Danach benötigte ich auch einige Zeit, bis ich mit den Figuren vertraut wurde und die Gags verstand. Weil die Serie im Fernsehen eher konfus gezeigt wurde, verlegten wir uns irgendwann darauf, die ersten Staffeln als DVDs zu kaufen und sie dann in der »richtigen« Reihenfolge anzusehen. Das behielten wir bei, als wir den Fernseher quasi abschafften – mit dem alten Gerät kann man kein Programm mehr empfangen, aber DVDs ansehen.
Um es klar zu sagen: Wir kauften uns irgendwann alle DVDs und guckten uns die komplette Serie streng chronologisch an. Ich weiß, das macht kein Mensch mehr – aber wir taten's, und es machte zu allem Überfluss auch noch einen riesigen Spaß.
Ich finde »The Big Bang Theory« sehr witzig. Ein Fan bin ich nicht, aber ich kann beim Anschauen mancher Folgen schallend lachen, sogar wenn ich sie zum dritten Mal ansehe. Das spricht womöglich für meinen schlappen Humor oder gegen meinen Charakter, aber das wiederum ist mir egal.
Klar habe ich mitbekommen, dass die Serie als frauenfeindlich gilt. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht auch juden-, inder-, wissenschafts- und generell menschenfeindlich ist. Bei manchen Gags hauten die Macher schon daneben, was sich angesichts der vielen Folgen nicht vermeiden lässt. Und wenn man Zerrbilder einer Gesellschaft zeichnet, bleiben Ausreißer eben nicht aus.
Kurz gesagt: Die Serie ist jetzt vorüber, und sie wurde zu einem halbwegs vernünftigen Ende gebracht, ein wenig unlogisch zwar – aber wann war diese Serie schon hundertprozentig logisch? Ich mochte sie, ertappte mich zwischendurch dabei, dass ich irgendeine DVD aus irgendeiner Staffel zwischendurch ansah, und weiß schon jetzt, dass ich sie irgendwann komplett durchgucken werde. Auch recht.
13 März 2020
Im Buch für Thomas R. P. Mielke
Gestern konnte der Schriftsteller Thomas R. P. Mielke seinen achtzigsten Geburtstag feiern. Ich kenne ihn nicht besonders gut, wir sind uns im Verlauf der Jahrzehnte immer mal wieder begegnet, und ich führte sogar einmal ein Interview mit ihm.
Zu seinem Geburtstag veröffentlichten zwei Weggefährten ein Buch über ihn im Verlag p.machinery: Rainer Schorm und Jörg Weigand stellten den Band mit dem schönen Titel »Vergangene Zukunft« zusammen; dabei halfen ihnen viele Menschen. Unter anderem sind Autoren wie Gisbert Haefs, Werner Zillig, Karl-Ulrich Burgdorf und Ruben Wickenhäuser an dem Buch beteiligt.
Von mir stammt ebenfalls ein Eintrag; ich freute mich sehr, zu dieser Textsammlung eingeladen zu werden.
Zu seinem Geburtstag veröffentlichten zwei Weggefährten ein Buch über ihn im Verlag p.machinery: Rainer Schorm und Jörg Weigand stellten den Band mit dem schönen Titel »Vergangene Zukunft« zusammen; dabei halfen ihnen viele Menschen. Unter anderem sind Autoren wie Gisbert Haefs, Werner Zillig, Karl-Ulrich Burgdorf und Ruben Wickenhäuser an dem Buch beteiligt.
Von mir stammt ebenfalls ein Eintrag; ich freute mich sehr, zu dieser Textsammlung eingeladen zu werden.
Trinken, Tanzen, Narben Sammeln
Ich freute mich wie ein kleines Kind, als ich im vergangenen Jahr im Rahmen eines Punk-Konzerts ein Fanzine kaufen konnte, das Punkrock und Comic in einem gelungenen Rahmen zusammenführt. Der Titel des 44 Seiten starken Fanzines: »Trinken, Tanzen, Narben Sammeln. Ein Pogo-Knigge.« Damit ist der Inhalt auch schon klar umschrieben ...
Das Heft enthält Comic-Zeichnungen, die sich dem Thema Pogo-Tanzen in erfrischend-amüsanter Weise nähern. Klare Aussage darin: »Alle haben ein Recht auf Rausch. Insbesondere auf Tanzrausch.« Mit amüsanten Bildern und klaren Aussagen wird der Pogo beschrieben, seine Risiken und seine Freuden.
Das ist nicht alles genial, strahlt aber einen wunderbaren Punkrock-Charme aus. Ich las das Heft mit großer Freude, mittlerweile auch ein zweites Mal, und finde es sehr gelungen. Dem Macher oder der Macherin ist es gelungen, die Varianten eines Punk-Konzertes mit all seinen Schatten- und Sonnenseiten sehr klar zu beschreiben und auf den Punkt zu bringen.
44 Seiten – ein empfehlenswertes Fanzine!
Das Heft enthält Comic-Zeichnungen, die sich dem Thema Pogo-Tanzen in erfrischend-amüsanter Weise nähern. Klare Aussage darin: »Alle haben ein Recht auf Rausch. Insbesondere auf Tanzrausch.« Mit amüsanten Bildern und klaren Aussagen wird der Pogo beschrieben, seine Risiken und seine Freuden.
Das ist nicht alles genial, strahlt aber einen wunderbaren Punkrock-Charme aus. Ich las das Heft mit großer Freude, mittlerweile auch ein zweites Mal, und finde es sehr gelungen. Dem Macher oder der Macherin ist es gelungen, die Varianten eines Punk-Konzertes mit all seinen Schatten- und Sonnenseiten sehr klar zu beschreiben und auf den Punkt zu bringen.
44 Seiten – ein empfehlenswertes Fanzine!
12 März 2020
The Crumbs mal wieder
In den 90er-Jahren mochte ich die Platten, die das kalifornische Label Lookout Records veröffentlichte. Die waren meist sehr »punkig«, klangen immer irgendwie nach den guten alten Ramones und hatten einen sehr klassischen Charme. Dieser Tage hörte ich mir die Langspielplatte der Crumbs wieder mal an, und ich ließ sie tagelang auf dem Plattenteller.
The Crumbs stammten wohl aus Miami, es waren vier Typen, die auf den Fotos recht konventionell wirken: kurze Haare, Jacken mit Buttons, schwarze Hosen, Turnschuhe. Sie sahen damit aus wie viele andere Bands jener Tage. Ihre gleichnamige Langspielplatte wurde im Juli 1996 aufgenommen und im Frühjahr 1997 irgendwann veröffentlicht.
Die 13 Stücke klingen schwer nach den späten 70er-Jahren, die Vergleiche zu entsprechenden Bands dieser Zeit bieten sich an. Gleichzeitig bekommt man das Gefühl nicht los, dass die Band auch die Rock'n'Roll-Stücke der späten fünfziger Jahre gern hörte und ihre krachigen Elemente gern in ihre eigenen Lieder einbaute.
Der Sänger klingt rotzig, die Instrumente scheppern, jedes Stück wird konsequent nach vorne gebollert. Dabei entsteht kein Hochgeschwindigkeitspunk, sondern es gibt einfach wunderbare Zwei-Minuten-Stücke, die alles auf den Punkt bringen, was Punk seit 1976 ausmacht: knappe Texte, kurze Stücke, sarkastische Inhalte.
Da darf so eine Band eben auch über den britischen Dramatiker Shakespeare singen, sich über Biertrinken auslassen oder über alte Freunde und Zeiten lamentieren. Passt alles. The Crumbs zählten in den späten 90er-Jahren zu den Bands, die ich mir sehr oft anhörte und auch gern im Radio spielte. Wenn ich sie mir heute zu Gemüte führe, kann ich den Eindruck von damals nur bestätigen.
The Crumbs stammten wohl aus Miami, es waren vier Typen, die auf den Fotos recht konventionell wirken: kurze Haare, Jacken mit Buttons, schwarze Hosen, Turnschuhe. Sie sahen damit aus wie viele andere Bands jener Tage. Ihre gleichnamige Langspielplatte wurde im Juli 1996 aufgenommen und im Frühjahr 1997 irgendwann veröffentlicht.
Die 13 Stücke klingen schwer nach den späten 70er-Jahren, die Vergleiche zu entsprechenden Bands dieser Zeit bieten sich an. Gleichzeitig bekommt man das Gefühl nicht los, dass die Band auch die Rock'n'Roll-Stücke der späten fünfziger Jahre gern hörte und ihre krachigen Elemente gern in ihre eigenen Lieder einbaute.
Der Sänger klingt rotzig, die Instrumente scheppern, jedes Stück wird konsequent nach vorne gebollert. Dabei entsteht kein Hochgeschwindigkeitspunk, sondern es gibt einfach wunderbare Zwei-Minuten-Stücke, die alles auf den Punkt bringen, was Punk seit 1976 ausmacht: knappe Texte, kurze Stücke, sarkastische Inhalte.
Da darf so eine Band eben auch über den britischen Dramatiker Shakespeare singen, sich über Biertrinken auslassen oder über alte Freunde und Zeiten lamentieren. Passt alles. The Crumbs zählten in den späten 90er-Jahren zu den Bands, die ich mir sehr oft anhörte und auch gern im Radio spielte. Wenn ich sie mir heute zu Gemüte führe, kann ich den Eindruck von damals nur bestätigen.
Werbung für einen Fan-Kalender
Zwar wurden die Fan-Publikationen in den 60er-Jahren mehrheitlich mit dem Umdruckverfahren hergestellt, trotzdem gab man sich redlich Mühe, auch die Optik so gut wie möglich zu präsentieren. Grafiker zeichneten teilweise direkt auf Matritze, teilweise wurden ihre Bilder auch auf Matritze kopiert. Unter anderem entstanden so sogar Fanzine-Kalender.
»Maze« war eines dieser Fanzines, und Ende 1962 machte die Werbung in anderen Fanzines darauf aufmerksam. Nachdem »Maze 62« so gut gelaufen war, nahm Thomas Schlück bald darauf »Maze 63« in Angriff. Der Kalender sollte »die besten Zeichnungen von Fan-Künstlern aus dem In- und Ausland« enthalten.
Zu den Künstlern, die man für den Kalender vorgesehen hatte, zählten Zeichner aus dem deutschsprachigen Fandom wie Mario Kwiat oder der spätere Profi-Schriftsteller Ernst Vlcek, aber auch ausländische Zeichner wie Eddie Jones, der später zahlreiche Science-Fiction-Romane illustrierte. Auf der Rückseite des Infoblattes war eine Grafik von Eddie Jones zu sehen.
Und als »Maze«-Herausgeber wirkte Thomas Schlück – der sich gern mit »ths« abkürzte –, der damals noch ein junger Fan war und später eine der bekanntesten Literaturagenturen im deutschsprachigen Raum aufbauen sollte. (Es gibt sie noch immer. Heute führt sie sein Sohn.)
»Maze« war eines dieser Fanzines, und Ende 1962 machte die Werbung in anderen Fanzines darauf aufmerksam. Nachdem »Maze 62« so gut gelaufen war, nahm Thomas Schlück bald darauf »Maze 63« in Angriff. Der Kalender sollte »die besten Zeichnungen von Fan-Künstlern aus dem In- und Ausland« enthalten.
Zu den Künstlern, die man für den Kalender vorgesehen hatte, zählten Zeichner aus dem deutschsprachigen Fandom wie Mario Kwiat oder der spätere Profi-Schriftsteller Ernst Vlcek, aber auch ausländische Zeichner wie Eddie Jones, der später zahlreiche Science-Fiction-Romane illustrierte. Auf der Rückseite des Infoblattes war eine Grafik von Eddie Jones zu sehen.
Und als »Maze«-Herausgeber wirkte Thomas Schlück – der sich gern mit »ths« abkürzte –, der damals noch ein junger Fan war und später eine der bekanntesten Literaturagenturen im deutschsprachigen Raum aufbauen sollte. (Es gibt sie noch immer. Heute führt sie sein Sohn.)
11 März 2020
Der Mann, der sich selbst verlor
Monsieur Mahé ist ein junger Arzt, der sich selbst in ein Korsett aus Aufgaben und Arbeiten gezwängt hat. Zumindest hat er sich nicht gewehrt, als seine Mutter ihn bereits als jungen Menschen auf seine Aufgaben vorbereitete. Klaglos erfüllt er seine Arbeit, ohne jegliches Abweichen vom Kurs kümmert er sich um seine junge Frau und die Kinder.
Alles könnte so verlaufen, wie es die bürgerliche Existenz in der französischen Provinz der Zwischenkriegszeit erfordert und wie man es von ihm erwartet. Doch dann fährt er mit seiner Familie in den Süden. Auf der Insel Porquerolles verändert sich sein Blick auf die Welt, und er beginnt ebenfalls, sich zu verändern ...
Das ist – wenn man so will – die Handlung des Romans »Die Ferien des Monsieur Mahé«, den der Schriftsteller Georges Simenon im Jahr 1944 verfasste. Der Autor stellt darin einen Mann ins Zentrum der Geschichte, den man als Leser eigentlich gar nicht sonderlich mag, mit dem man aber immer stärker mitfühlt, mit dessen Leben man buchstäblich mitzufiebern beginnt.
Es ist ein ruhiger Roman, weit entfernt von einem Krimi, und die Handlung verläuft so gemächlich wie das Leben des jungen Arztes. Schöne Naturbeschreibungen wechseln sich ab mit Einblicken in die Gedankenwelt des Monsieur Mahé, der sich immer mehr in seinen Träumen und Sehnsüchten verliert, ohne dass er sich klar artikulieren würde.
Es geht ganz nebenbei auch um Sex, was in diesem Roman erstaunlich offen angesprochen wird. Ein Bordell wird mehrfach erwähnt, dazu eine Frau, die Männern dafür bezahlt, dass sie am Strand mit ihr Sex haben. Seltsame Verhältnisse für einen Roman dieser Zeit.
Was Simenon dazu bewogen hat, mitten im Krieg – kurz vor der Invasion der Alliierten in der Normandie – einen solchen Roman zu schreiben, würde mich tatsächlich interessieren. Vielleicht muss ich doch einmal nach einer Biografie des Schriftstellers Ausschau halten. Aber betrachte ich die eigentliche Geschichte, stelle ich fest, wie schnell sie einen unaufhaltsamen Sog auf den Leser ausübt.
Man blickt mit dem jungen Arzt in die Tiefen des Meeres, man spaziert an seiner Seite durch die Gassen eines südfranzösischen Fischerdorfes, man nimmt mit ihm Anteil an einem Dasein, das er selbst als langweilig empfindet, und man leidet mit ihm, wenn Familienangehörige erkranken oder gar sterben. »Die Ferien des Monsieur Mahé« ist ein stilles Drama, das lange nachwirkt und das ich als packender empfand als manchen Kracher-Krimi mit viel Action.
Der Roman hat wenig gemeinsam mit einem »Maigret«-Krimi, könnte tatsächlich eher mit einem der großen literarischen Klassiker verglichen werden. Stark!
(Nachbemerkung: Ich habe diesen Roman in der Version als Diogenes-Buch gelesen. Er wurde als Band 24 der »Ausgewählten Romane« veröffentlicht und ist im Buchhandel derzeit nicht zu kaufen. Nur Second-Hand kann man ihn erhalten.)
Alles könnte so verlaufen, wie es die bürgerliche Existenz in der französischen Provinz der Zwischenkriegszeit erfordert und wie man es von ihm erwartet. Doch dann fährt er mit seiner Familie in den Süden. Auf der Insel Porquerolles verändert sich sein Blick auf die Welt, und er beginnt ebenfalls, sich zu verändern ...
Das ist – wenn man so will – die Handlung des Romans »Die Ferien des Monsieur Mahé«, den der Schriftsteller Georges Simenon im Jahr 1944 verfasste. Der Autor stellt darin einen Mann ins Zentrum der Geschichte, den man als Leser eigentlich gar nicht sonderlich mag, mit dem man aber immer stärker mitfühlt, mit dessen Leben man buchstäblich mitzufiebern beginnt.
Es ist ein ruhiger Roman, weit entfernt von einem Krimi, und die Handlung verläuft so gemächlich wie das Leben des jungen Arztes. Schöne Naturbeschreibungen wechseln sich ab mit Einblicken in die Gedankenwelt des Monsieur Mahé, der sich immer mehr in seinen Träumen und Sehnsüchten verliert, ohne dass er sich klar artikulieren würde.
Es geht ganz nebenbei auch um Sex, was in diesem Roman erstaunlich offen angesprochen wird. Ein Bordell wird mehrfach erwähnt, dazu eine Frau, die Männern dafür bezahlt, dass sie am Strand mit ihr Sex haben. Seltsame Verhältnisse für einen Roman dieser Zeit.
Was Simenon dazu bewogen hat, mitten im Krieg – kurz vor der Invasion der Alliierten in der Normandie – einen solchen Roman zu schreiben, würde mich tatsächlich interessieren. Vielleicht muss ich doch einmal nach einer Biografie des Schriftstellers Ausschau halten. Aber betrachte ich die eigentliche Geschichte, stelle ich fest, wie schnell sie einen unaufhaltsamen Sog auf den Leser ausübt.
Man blickt mit dem jungen Arzt in die Tiefen des Meeres, man spaziert an seiner Seite durch die Gassen eines südfranzösischen Fischerdorfes, man nimmt mit ihm Anteil an einem Dasein, das er selbst als langweilig empfindet, und man leidet mit ihm, wenn Familienangehörige erkranken oder gar sterben. »Die Ferien des Monsieur Mahé« ist ein stilles Drama, das lange nachwirkt und das ich als packender empfand als manchen Kracher-Krimi mit viel Action.
Der Roman hat wenig gemeinsam mit einem »Maigret«-Krimi, könnte tatsächlich eher mit einem der großen literarischen Klassiker verglichen werden. Stark!
(Nachbemerkung: Ich habe diesen Roman in der Version als Diogenes-Buch gelesen. Er wurde als Band 24 der »Ausgewählten Romane« veröffentlicht und ist im Buchhandel derzeit nicht zu kaufen. Nur Second-Hand kann man ihn erhalten.)
Mal wieder eine Bewerbung
»Ich weiß zwar, dass es unmöglich ist, heute einen Verlag zu finden«, so schreibt mir ein Autor, dessen Namen ich lieber verschweigen möchte. Es sei schließlich nicht üblich, die Romane unbekannter Autoren zu veröffentlichen. Aber er sei »so frech« und übersende mir deshalb sein Manuskript.
Der Autor liefert in seinem Begleitschreiben gleich mehrere Tipp- und Kommafehler, aber darüber sehe ich erst einmal großzügig hinweg. Ich bin ja mittlerweile so manches gewöhnt. Selbstbewusstsein kann man ihm nicht absprechen.
Immerhin habe sein Buch einiges Potenzial, es seien Fortsetzungen möglich und man könne es sogar als Spielfilm umsetzen. Er habe für das Buch sogar eine Sprache entwickelt. Offensichtlich hat ihm niemand geraten, sich zuerst das Programm der Verlage anzuschauen, an die er sein Manuskript schickt.
Das letzte Mal, das der Verlag, in dem ich arbeite, einen serienunabhängigen Science-Fiction-Roman veröffentlicht hat, war um 1990 herum. Bei solcher Recherche wundert mich manches nicht.
Immerhin bin ich neugierig und sehe mir das Manuskript dann doch an: Zehn-Punkt-Schrift, 70 Zeichen breit, vierzig Zeilen pro Seite, doppelseitig bedruckt, erratische Absatzformatierung, seltsame Formulierung. Ich schaffe es echt nicht, auch nur die erste Seite zu lesen.
Nein, das ist kein Bericht aus der Zeitmaschine. Solche Dinge geschehen im Jahr 2020.
Der Autor liefert in seinem Begleitschreiben gleich mehrere Tipp- und Kommafehler, aber darüber sehe ich erst einmal großzügig hinweg. Ich bin ja mittlerweile so manches gewöhnt. Selbstbewusstsein kann man ihm nicht absprechen.
Immerhin habe sein Buch einiges Potenzial, es seien Fortsetzungen möglich und man könne es sogar als Spielfilm umsetzen. Er habe für das Buch sogar eine Sprache entwickelt. Offensichtlich hat ihm niemand geraten, sich zuerst das Programm der Verlage anzuschauen, an die er sein Manuskript schickt.
Das letzte Mal, das der Verlag, in dem ich arbeite, einen serienunabhängigen Science-Fiction-Roman veröffentlicht hat, war um 1990 herum. Bei solcher Recherche wundert mich manches nicht.
Immerhin bin ich neugierig und sehe mir das Manuskript dann doch an: Zehn-Punkt-Schrift, 70 Zeichen breit, vierzig Zeilen pro Seite, doppelseitig bedruckt, erratische Absatzformatierung, seltsame Formulierung. Ich schaffe es echt nicht, auch nur die erste Seite zu lesen.
Nein, das ist kein Bericht aus der Zeitmaschine. Solche Dinge geschehen im Jahr 2020.
10 März 2020
Mehr Action in den späten 60ern
Für viele Serien, die über Jahrzehnte hinweg existieren, gilt bekanntlich: Man kann an ihnen wunderbar ablesen, wie sich die Zeiten verändert haben. Das gilt beispielsweise für die Science-Fiction-Serie, für die ich seit 1992 tätig bin, das gilt aber auch für Comics oder Fernsehserien.
Bei den Comics ist die Serie »Rick Master« ein schönes Beispiel: Sie hat keinen echten Seriencharakter, weil die einzelnen Geschichten nicht aufeinander aufbauen, aber sie hat genügend »Personal«, das im Verlauf der Zeit ergänzt oder ausgetauscht wird. Zuletzt las ich den dritten Band der Gesamtausgabe, der drei Original-Abenteuer aus den späten 60er-Jahren sowie einige Kurzgeschichten enthält.
Früher waren Comics sehr eindeutig, Trivialliteratur und Filme auch: Die positiven Figuren waren immer komplett »gut«, und sie sahen gut aus. Wer zur bösen Seite gehörte, wurde gern hässlich dargestellt, die »grauen« Charaktere waren bei der Trivialliteratur geradezu verboten.
Mit dem Vater des Journalisten und Detektivs Rick Master wird im vorliegenden Band der Gesamtausgabe eine solche »graue« Figur eingeführt: Eigentlich ist der Vater keiner von den »Guten«, er hilft nur widerstrebend der Polizei, weil er als Einbrecher und »Gentleman-Dieb« tätig ist. Doch in den späten 60er-Jahren war es bereits machbar, einen im Grunde sympathischen Verbrecher auftauchen zu lassen.
Eine weitere Figur erlebt in dieser Gesamtausgabe einen wiederholten Auftritt. Es handelt sich dabei um den Professor Hermelin. Er ist kein Verbrecher, aber insofern auch ein »grauer Charakter«, weil er den Lesern durch sein herrisches Verhalten und sein großspuriges Auftreten sicher nicht gerade sympathisch erscheint – und dennoch zu den »Guten« gehört.
Schaut man sich die Geschichten an, wird ebenfalls klar, wie sehr dieser Comic von aktuellen Themen profitierte. Die Geschichte »Das Geheimnis der Maske« dürfte für die damalige Zeit ein absoluter Action-Höhepunkt gewesen sein. Unter anderem gibt es heftige Kämpfe in einem fahrenden Zug, ein Handlungselement, das auch in den Filmen der späten 60er-Jahren auftauchte.
Der internationale Terror wird in »Im Bann der Schlange« thematisiert – damals ein ganz neues Thema. In diesem Fall wird Rick Master sogar gezwungen, für die Bösewichte zu arbeiten. Und in »Der geheimnisvolle Doppelgänger« kann der Detektiv kaum unterscheiden, ob er einen Gangster vor sich hat oder sich über ein neues Mitglied in der Familie freuen soll.
Dazu kommen drei Kurzgeschichten, die eher schlicht sind, aber schön zeigen, wie sich die Serie im Verlauf der Jahrzehnte immer wieder veränderte und an die Gegebenheiten anpasste. Somit konnte mich auch Band drei der Gesamtausgabe überzeugen!
Bei den Comics ist die Serie »Rick Master« ein schönes Beispiel: Sie hat keinen echten Seriencharakter, weil die einzelnen Geschichten nicht aufeinander aufbauen, aber sie hat genügend »Personal«, das im Verlauf der Zeit ergänzt oder ausgetauscht wird. Zuletzt las ich den dritten Band der Gesamtausgabe, der drei Original-Abenteuer aus den späten 60er-Jahren sowie einige Kurzgeschichten enthält.
Früher waren Comics sehr eindeutig, Trivialliteratur und Filme auch: Die positiven Figuren waren immer komplett »gut«, und sie sahen gut aus. Wer zur bösen Seite gehörte, wurde gern hässlich dargestellt, die »grauen« Charaktere waren bei der Trivialliteratur geradezu verboten.
Mit dem Vater des Journalisten und Detektivs Rick Master wird im vorliegenden Band der Gesamtausgabe eine solche »graue« Figur eingeführt: Eigentlich ist der Vater keiner von den »Guten«, er hilft nur widerstrebend der Polizei, weil er als Einbrecher und »Gentleman-Dieb« tätig ist. Doch in den späten 60er-Jahren war es bereits machbar, einen im Grunde sympathischen Verbrecher auftauchen zu lassen.
Eine weitere Figur erlebt in dieser Gesamtausgabe einen wiederholten Auftritt. Es handelt sich dabei um den Professor Hermelin. Er ist kein Verbrecher, aber insofern auch ein »grauer Charakter«, weil er den Lesern durch sein herrisches Verhalten und sein großspuriges Auftreten sicher nicht gerade sympathisch erscheint – und dennoch zu den »Guten« gehört.
Schaut man sich die Geschichten an, wird ebenfalls klar, wie sehr dieser Comic von aktuellen Themen profitierte. Die Geschichte »Das Geheimnis der Maske« dürfte für die damalige Zeit ein absoluter Action-Höhepunkt gewesen sein. Unter anderem gibt es heftige Kämpfe in einem fahrenden Zug, ein Handlungselement, das auch in den Filmen der späten 60er-Jahren auftauchte.
Der internationale Terror wird in »Im Bann der Schlange« thematisiert – damals ein ganz neues Thema. In diesem Fall wird Rick Master sogar gezwungen, für die Bösewichte zu arbeiten. Und in »Der geheimnisvolle Doppelgänger« kann der Detektiv kaum unterscheiden, ob er einen Gangster vor sich hat oder sich über ein neues Mitglied in der Familie freuen soll.
Dazu kommen drei Kurzgeschichten, die eher schlicht sind, aber schön zeigen, wie sich die Serie im Verlauf der Jahrzehnte immer wieder veränderte und an die Gegebenheiten anpasste. Somit konnte mich auch Band drei der Gesamtausgabe überzeugen!