Wie geht das? Ein Sherlock-Holmes-Roman, in dem der große Detektiv keine Rolle spielt? Anthony Horowitz macht es möglich. Der britische Bestsellerautor, der mit »Das Geheimnis des weißen Bandes« das Universum des Meisterdetektivs um einen ungewöhnlichen neuen Band ergänzte, der auch die Kritik begeisterte, legt mit »Der Fall Moriarty« nach.
Um es vorwegzunehmen: Das macht er so originell und so spannend, dass ich seinen Roman nicht nur beinharten »Holmesianern« ans Herz legen möchte. Klar, man sollte eine Schwäche für Geschichten haben, die in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg liegen – ansonsten aber handelt es sich bei »Der Fall Moriarty« schlichtweg um einen sehr guten Krimi.
Vor der Kulisse des viktorianischen London erzählt der Autor von einem amerikanischen Gangster, der seine Macht auch nach England ausweiten möchte. Um ihm sein Handwerk zu legen und zu verhindern, dass der mysteriöse Professor Moriarty mitspielt, arbeiten ein Detektiv aus den Vereinigten Staaten und ein Inspector von Scotland Yard zusammen. Sie ermitteln in feiner Gesellschaft und in den Katakomben, und sie kommen einer immer komplexer werdenden Geschichte auf die Spur.
Um nichts über die überraschenden Entwicklungen zu verraten, ist meine Inhaltsangabe sehr dürftig. Der Roman überzeugt aber vor allem dadurch, dass er Stimmung vermittelt. Dem Autor gelingt es hervorragend, den Stil der klassischen Sherlock-Holmes-Geschichten mit spannenden Einblicken in die Sozialstruktur der viktorianischen Zeit zu verbinden.
Die Ermittlungen lesen sich spannend, die Dialoge sind pointiert, die beiden Hauptpersonen arbeiten zusammen und gleichzeitig gegeneinander: Horowitz lässt einen an einer Handlung teilnehmen, die zwischendurch ein wenig mäandert, aber konsequent auf ihr Ende zusteuert. Streckenweise gibt's heftige Action – die Darstellung von Gewalt hat sich in den vergangenen hundert Jahren schließlich deutlich geändert –, und generell bleibt der Autor seinen Figuren sehr nahe.
Ich habe »Der Fall Moriarty« als Hardcover gekauft und gelesen; das Buch sieht im Regal richtig toll aus. Es gibt aber auch eine Taschenbuch- und eine E-Book-Version; es kann sich also jeder selbst aussuchen, wie er oder sie es gern hätte. Die Lektüre lohnt sich allemal!
Weitere Informationen über den »Fall Moriarty« und das Buch sowie eine Leseprobe und ein kleines Video gibt es auf der Internet-Seite des Suhrkamp-Verlages:
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